Nachruf

von Redaktion

Rosenheim – Es muss ein glücklicher Moment in seinem Leben gewesen sein, in dem Ludwig Eigenstetter gestorben ist. Zwei Tage vor seinem 65. Geburtstag, auf einer Wandertour in Laos. Ein Sehnsuchtsland für ihn. Ein Ort, den zu besuchen er sich lange gewünscht hatte. Zehn Minuten erst waren er und seine Frau Angela unterwegs gewesen, als er starb. Jede Hilfe kam zu spät. „Sein Buch des Lebens“ war mit einem Mal zugeschlagen, wie Trauerrednerin Anja Weber bei der Beerdigung sagte. „Viele Seiten bleiben leer.“

Lebensbuch mit
vielen Erfahrungen

Und doch findet Angela Gröschl-Eigenstetter in dem Kummer um den Verlust des Ehemanns auch Trost. Trost in der Vorstellung, dass das Lebensbuch ihres Mannes auch viele Erfahrungen, Bilder und Ereignisse seines Lebens festhalten wird.

Geboren 1954, wächst Ludwig Eigenstetter in München auf. Seine berufliche Karriere beginnt nach dem Betriebswirtschaftsstudium in der Personalabteilung einer großen Baufirma. Es folgt ein weiteres Studium: Wirtschaftspädagogik und Englisch. Ludwig Eigenstetter will Lehrer an einer kaufmännischen Berufsschule werden. Seinen Platz findet er 1988 an der staatlichen Berufsschule 2 in Rosenheim, arbeitet dort als Lehrer für Wirtschaftswissenschaft und Englisch. Engagiert sich als Fachbetreuer im Bereich Industrie. Mit seiner Familie lebt er in Bruckmühl.

Ludwig Eigenstetter ist ein unkonventioneller Pädagoge. Didaktik, Methodik und Pädagogik sind für ihn nicht mehr als bloße Theorie. Er setzt bei der Wissensvermittlung vor allem auf den guten Kontakt zu seinen Schülern und auf sein Gespür für Menschen. Eine Art, die bei den Jugendlichen offensichtlich großen Anklang findet. Sie kommen gerne zum jährlichen Schuljahrs-Abschlussgrillen bei den Eigenstetters. Und so mancher Absolvent erinnert sich in einem Nachruf „an den besten Lehrer, den ich hatte“.

Hilfsbereite und
engagierte Art

Auch Stefan Klauser, Personalrat der Schule, würdigt die zugewandte, hilfsbereite und engagierte Art des ehemaligen Kollegen. Erst im Februar war Ludwig Eigenstetter in Ruhestand gegangen. „Aber gefühlt war er immer ein Teil des Kollegiums“, sagt Klauser. Schule, das sei für den Verstorbenen „kein System oder ein Verwaltungsapparat“ gewesen. Vielmehr seien für ihn die Menschen „für den Begriff Schule“ gestanden. Ludwig Eigenstetter liebte seinen Beruf, sagte einmal: „Wenn ich die Klassenzimmertüre zumache und mit dem Unterricht beginne, bin ich glücklich.“

Glück, das war für den weltoffenen und kritisch denkenden Mann auch das Leben mit seiner Frau und dem gemeinsamen Sohn Andi, der im Jahr 1997 auf die Welt gekommen war. Dazu auch die Liebe zu Autos und zu Reisen in ferne Länder.

Das alles hatte im Jahr 1976 auf wunderbare Weise zusammengefunden: Mit 21 Jahren war Ludwig Eigenstetter nach Persien gereist, um mit Freunden Autos zu überführen. Auch Angela war damals dabei. Zehn Jahre später heirateten die beiden. Verbunden hat das Paar stets die Freude am Kennenlernen fremder Länder. Das Reisen auf einfache Art, am liebsten mit dem Rucksack. Ziele waren unter anderem Burma, Indien, Sri Lanka und Vietnam. Nun also sollte es Laos sein.

Am Tag der Wanderung, nur wenige Minuten vor seinem Tod, machte Angela Gröschl-Eigenstetter das letzte Foto ihres Mannes. Es zeigt ihn auf einem Motorroller, in Wanderkleidung, mit einem Rucksack über der Schulter. Ein Mann, der sein berufliches Leben gerade hinter sich gelassen hatte und bereit war für ein neues Kapitel in seinem Lebensbuch.bw

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