Pioniergeist in der Vitrine

von Redaktion

Ausstellung „Made in Rosenheim – Design & Werbung“ zeigt auch zwei Fend-Flitzer

Rosenheim – Erfindergeist und ästhetisches Bewusstsein stehen im Mittelpunkt der Ausstellung „Made in Rosenheim – Design & Werbung aus 100 Jahren“. Zu sehen in der Städtischen Galerie in Rosenheim, belegen die Exponate, welch Pioniergeist in der Stadt herrschte, immer auf der Suche nach funktionalen und zugleich optisch ansprechenden Lösungen. Zwei der Exponate sind gestern angekommen. Sie gelten als die wertvollsten der Ausstellung.

Auf drei Rädern den
Großglockner hinauf

Sie sind winzig, kommen auf drei Rädern daher und wer mit ihnen fährt, muss den Sicherheitsgedanken ganz nach hinten und das Vergnügen an der puren Fortbewegung ganz nach vorne schieben: die sogenannten Fend-Flitzer. Erfunden und entwickelt von Fritz Fend, einem Rosenheimer Flugzeugbau-Ingenieur, Jahrgang 1920. Er hatte im Jahr 1947 beim Rosenheimer Gewerbeamt den Bau eines technischen Fertigungsbetriebes beantragt und genehmigt bekommen. Seine Idee: Ein Fahrzeug zu entwickeln, das mit wenig Sprit auskommt – und das vor allem all jene Menschen unterstützt, die versehrt aus dem Zweiten Weltkrieg zurückgekommen sind. Fend tüftelte und hatte bald einen Einsitzer konstruiert mit etwa vier PS, der bei einem Verbrauch von 2,5 Litern immerhin 65 km/h schnell fahren konnte. Der zudem mit Hand- und Fußpedal zu fahren war.

Später entwickelte Fend daraus einen dreirädrigen Kabinenroller mit Vollsicht-Glaskanzel und zwei hintereinander angeordneten Sitzplätzen. Der Verkauf lief gut. Vor allem als Fend mit seiner Erfindung im Jahr 1950 ohne Unterbrechung den Großglockner hinaufschnaufte, mit immerhin 40 km/h. Eine Triumphfahrt für das kleine Schnauferl. In den Jahren 1949 bis 1951 fanden sich allein in Rosenheim 250 Käufer, die bereit waren für das Gefährt 1285 Mark auszugeben.

Dünnes Blech,
super empfindlich

Als sich die Produktion in Rosenheim nicht mehr lohnte, schloss Fritz Fend einen Vertrag mit den Messerschmitt-Werken in Regensburg. Dort wurden die ursprünglichen Fend-Flitzer als Messerschmitt-Kabinenroller serienmäßig produziert. Fend selbst zog im Jahr 1957 nach Regensburg um. Er lebte dort bis zu seinem Tod im Jahr 2000.

Seine Erfindung aber lebt fort. Zwar sind die Fend-Flitzer nicht mehr auf den Straßen der Welt zu sehen. Wohl aber gibt es Sammler und Liebhaber, die die Fahrzeuge hegen und pflegen. Etwa der ältere Herr aus Bochum, dessen Fend-Flitzer eines der beiden Exponate ist, die gestern die Städtische Galerie erreicht haben. Seit Jahren schon stünde der Flitzer in der Garage des Mannes, sagt Monika Hauser-Mair, die Leiterin der Einrichtung. Der Mann habe den Flitzer selbst gefahren, habe ihn dann seinem Sohn geschenkt, der ihn sehr pflege. Denn das kleine Vehikel ist „super empfindlich“. Man dürfe es nur „sehr vorsichtig anfassen“, sagt Monika Hauser-Mair. Das Blech sei sehr dünn, schließlich sollte der Flitzer ja wenig kosten. Dass er nun bis März Teil der Ausstellung „Made in Rosenheim – Design & Werbung aus 100 Jahren“ ist – und noch einen zweiten Flitzer zur Seite gestellt bekommt – das hat es, nach Aussage des privaten Leihgebers, bisher noch nicht gegeben.

Der zweite Fend-Flitzer ist aus Einbeck bei Hannover nach Rosenheim gekommen. Den Kontakt zum dortigen Automobil-Museum „PS-Speicher“ hatte der Messerschmitt-Kabinenroller-Club vermittelt. Ein Glückstreffer nach langwieriger Recherche vor allem im Internet, wie Hauser-Mair sagt.

Glanzstücke unter
all den Exponaten

Überhaupt sei eine gründliche Recherche unerlässlich gewesen, um an die ungewöhnlichen Stücke zu kommen, die belegen, wie vielfältig regionales Produktdesign und regionale Werbegrafik in den vergangenen 100 Jahren in Rosenheim gewesen sind. Die beiden Fend-Flitzer gelten als Glanzstücke der Gesamtschau. Sie beginnt mit der Zeit um 1900 und reicht bis in die 1990er-Jahre. Zu sehen sind bedeutsame Alltagsgegenstände, Werbeschilder und Druckerzeugnisse. Allesamt entworfen und produziert von Rosenheimer Firmen oder Designern.

Öffnungszeiten

Die Ausstellung „Made in Rosenheim – Design & Werbung aus 100 Jahren“ wird am Sonntag, 15. Dezember, eröffnet und läuft zunächst bis 15. März 2020. Zu sehen ist sie in der Städtischen Galerie Rosenheim, Max-Bram-Straße 2. Die Öffnungszeiten sind: Dienstag bis Freitag 10 bis 17 Uhr, Samstag, Sonntag sowie am 26. Dezember 13 bis 17 Uhr. Außerdem an den langen Donnerstagen, 23. Januar, 20. Februar, 12. März 10 bis 20 Uhr. Über Weihnachten, an Silvester, am Neujahrstag und am Faschingsdienstag bleibt die Städtische Galerie geschlossen.

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