Integrationspreis für Kunstprojekt

von Redaktion

„young art rosenheim“: Künstlerin Franziska Eslami arbeitet mit Flüchtlingskindern

Rosenheim – Es ist eine „kleine Auszeit“, die Franziska Eslami den Buben und Mädchen ermöglicht. Zehn Kindern, die – wie sie sagt – unter „prekärsten“ Umständen in der städtischen Flüchtlingsunterkunft in Langenpfunzen leben. Und die dank Franziska Eslami die schwierige Situation für eine kurze Zeit vergessen können. Weil sie Gemeinschaft erleben und weil sie malen können. Für ihr Kunstprojekt „young art rosenheim“ hat Franziska Eslami den Sonderpreis des Integrationspreises der Regierung von Oberbayern erhalten.

Treffpunkt im
„Durchgangszimmer“

Einmal in der Woche treffen sich die Kinder im „Durchgangszimmer“. Franziska Eslami nutzt bewusst diesen sachlichen und deshalb distanzierten Begriff. Es ist ein Raum, der nicht zum Verweilen einlädt. Karg möbliert und lediglich dazu da, die Menschen durchzulassen, von einem Raum in den anderen. Ein Übergangsbereich, in dem niemand bleibt. Und der deshalb symbolisch steht für die, die ihn nutzen, die durch ihn hindurchgehen. Es sind Geflohene aus Ländern wie Nigeria, Pakistan, Afghanistan oder Tschetschenien. Ihre Bleibeperspektive sei schlecht, sagt Franziska Eslami. Die Unterkunft ist lediglich eine Zwischenstation auf dem Weg in eine andere Zukunft.

Wie die Erwachsenen haben auch viele der Kinder Leid erfahren, sind traumatisiert aufgrund ihrer Erfahrungen. Zeigen „Stresssymptome“ aufgrund der Situation in der Unterkunft. „Jeder dort hat sein Päckchen“, sagt Franziska Eslami. Genau diese Last für einen Moment vergessen zu lassen, hat sich die Künstlerin zur Aufgabe gemacht.

Rund zwei Stunden pro Woche nimmt sie sich Zeit, sitzt mit den „kleinen Künstlern“, wie sie die Kinder nennt, zusammen, leitet sie an. Gemalt und gezeichnet wird ganz nach den Wünschen der Kinder. Sie selbst wählen ihre Motive. Zumeist zeigen die Bilder dann „eine Facette des Themas ,Haus‘“, hat Franziska Eslami festgestellt. Ein Dach über dem Kopf zu haben, gemeinsam mit der Familie in Sicherheit leben zu können – das ist ein Wunsch aller Kinder, egal welchen Alters. Dreijährige gehören ebenso zur Gruppe im „Durchgangszimmer“, wie die Älteren, die schon zur Schule gehen. Die Kleinen, so hat es Franziska Eslami festgestellt, malen „unglaublich abstrakt“. Da entstehe beinahe „moderne Kunst“. Die Größeren entwickelten mehr und mehr einen „figürlichen“ Stil. Häufig bringen sie Dinge aufs Papier, die gerade jahreszeitlich aktuell sind, etwa einen Christbaum. Oder sie bilden Eindrücke aus dem Alltag ab. „Auch traumatisierte Kinder malen die Sonne, Blumen und einen blauen Himmel.“

Ihrem Projekt hat die Künstlerin den Namen „young art rosenheim“ gegeben. Es beinhaltet nicht nur das gemeinsame Malen. Franziska Eslami besucht mit der Gruppe immer wieder Ausstellungen, bei denen sie die Kinder museumspädagogisch betreut.

„Vorbildliches
Engagement“

„young art Rosenheim“ läuft seit März 2017 und hat jetzt den Sonderpreis des Integrationspreises 2019 der Regierung von Oberbayern bekommen, der mit 1000 Euro dotiert ist. Der bayerische Innen- und Integrationsminister Joachim Herrmann würdigte „young art rosenheim“ wie auch die anderen ausgezeichneten Initiativen mit dem Hinweis, sie stünden „stellvertretend für ein vorbildliches gesellschaftliches Engagement“. Sie zeigten „eindrucksvoll, wie Integration vor Ort klappen kann“. Regierungspräsidentin Maria Els sprach ihre „hohe Anerkennung und ihren Respekt aus“ für das ehrenamtliche Engagement, das Franziska Eslami für ihr Projekt und die Kinder aus der städtischen Unterkunft in Langenpfunzen aufbringe.

Für die Künstlerin ist dieses Engagement keine Frage. Auch mit den Nöten, die die Kinder mit sich tragen, könne sie gut umgehen, sagt sie. Dank ihrer interkulturellen Schulung. Ziel sei es nicht, selbst im Mittelpunkt zu stehen, sondern den Fokus auf die Gegebenheiten und die Sorgen der Kinder zu richten. Es sei schwierig für sie, „mit den Tatsachen, mit der Existenz solcher Bedingungen“ umzugehen, wie sie in Langenpfunzen herrschten.

Kaum finanzielle
Unterstützung

Schwierig ist nach ihrer Aussage zudem die Finanzierung des Projekts. Zuletzt sei es die Bürgerstiftung gewesen, die finanziell „sehr sehr niedrigschwellig“ geholfen habe. Vieles habe sie selbst eingebracht, sagt Franziska Eslami. Hilfe sei außerdem von Freunden gekommen. Papier habe die Papierfabrik in Raubling zur Verfügung gestellt. Auf diese Weise entstehe letztlich auch „Recycling-Art“, findet die Künstlerin – und macht damit aus Not eine Tugend.

Für die Zukunft wünscht sie sich insbesondere, dass aus „young art rosenheim“ ein „Quartiersprojekt“ werden könnte. Ein Projekt, an dem nicht nur die Flüchtlingskinder teilnehmen, sondern zusätzlich Buben und Mädchen aus der Nachbarschaft. Bisher gebe es nur ein Mädchen, das immer wieder einmal am Malen im „Durchgangszimmer“ in der Flüchtlingsunterkunft teilnehme. „Das ist aber die Ausnahme“, sagt Franziska Eslami.

Ausstellung

Unter dem Titel „Begegnung & Bewegung“ sind Arbeiten der Kinder in einer Fotoausstellung zu sehen. Ausgestellt sind sie im Treppenhaus der Regierung von Oberbayern, Maximilianstraße 39, in München, im fünften und sechsten Stockwerk. Die Ausstellung läuft bis 10. Januar 2020. Im Anschluss kommt sie dann nach Rosenheim.

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