Drei Herzen schlagen Jazz

von Redaktion

Pächter-Trio übernimmt Kultspielstätte „Le Pirate“ – Neues und Bewährtes im Programm

Rosenheim – Eine Nebelmaschine war das Erste, was Thomas Jonas gekauft hat, als feststand, dass er Teil des neuen Pächtertrios im „Le Pirate“ sein würde. Die Kultspielstätte für alle Jazz-Fans am Rosenheimer Ludwigsplatz eröffnet im Februar offiziell neu. Die Zeit der Unsicherheit über die Zukunft des legendären Jazzclubs hat dann ein Ende. „Wir tauchen aus dem Nebel auf“, sagt Jonas. Und erklärt damit auch die Anschaffung des Geräts.

Was den 54-jährigen Thomas Jonas antreibt, ist gleichermaßen Motivation für Karin Müller (58) und die Rosenheimer Künstlerin Angelika Steinkopff (58): Alle drei lieben die Musik, vor allem den Jazz. Das „Le Pirate“ kennen sie seit Jahrzehnten, sie fühlen sich dort so wohl wie in ihren eigenen Wohnzimmern, und sie haben Lust, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen.

Freude über ein
echtes Abenteuer

Einen Abschnitt, der noch einmal Wirbel ins eigene Dasein bringt: „Ein Abenteuer“, wie Jonas sagt, der lange in der Gastronomie gearbeitet hat und ursprünglich aus Bad Aibling stammt. Die Rosenheimerin Karin Müller wiederum ist seit 34 Jahren für eine Fluggesellschaft tätig und weiß, dass der Ruhestand bald bevorsteht. Diesen mit Jazz sowie „sinnvoll und mit Spaß“ zu verbringen, ist ihr Antrieb. Die Suche nach einer dafür passenden Aufgabe hatte sie bis nach Hongkong geführt. Ein Jazzclub dort hatte es ihr zunächst angetan. Doch ausgerechnet daheim in Rosenheim fand sie ihre neue Bestimmung. Und mit Jonas und Steinkopff zwei Partner, die das „Le Pirate“ ebenso engagiert durch das Rosenheimer Nachtleben steuern wollen wie sie selbst. Denn der Jazzclub ist nicht nur eine kultige Kneipe, er ist vielmehr Verpflichtung: Es gilt, eine Institution in Rosenheim zu neuem Leben zu erwecken, deren erstklassiger Ruf in der bayerischen und internationalen Jazz-Szene legendär ist.

An diese Tradition wollen die Pächter nun anknüpfen. Ihre Herzen schlagen Jazz. Und so soll das musikalische Programm im „Le Pirate“ in erster Linie Jazz bieten. Die Bühne steht bereit für Musiker aus der Region. Das hat Tradition. Aber auch Neues wollen Jonas, Müller und Steinkopff wagen: Blues und Soul sollen ebenfalls ihren Platz finden. Dazu wollen sie jungen Künstler eine Bühne bieten. Wer mag, kann zudem jeweils am ersten Freitag im Monat spontan vorbeikommen, singen und mitmusizieren. Außerdem wird es eine Kooperation mit Radio Regenbogen geben: Jährlich werden zehn Bands anhand ihrer Bewerbung ausgewählt, die als Anerkennung ein Radio-Feature bekommen sowie einen Auftritt im „Le Pirate“.

Neben der guten Musik wollen die Pächter für gutes Essen in ihrem Wohnzimmer sorgen: Verantwortlich dafür wird Thomas Jonas sein, der unter anderem im „Tantris“ gearbeitet und in den Jahren 1992 bis 2004 den „Oberwirt“ in Berbling geleitet hat. Servieren will er „Tapas auf hohem Niveau“, kalt zubereitet, weil im „Le Pirate“ nicht gekocht werden darf. Fünf, sechs oder sieben Varianten sollen zur Wahl stehen. In den ersten Wochen nach der Eröffnung gibt es sie kostenlos zum Getränk dazu. Später werden sie Teil einer festen Karte sein.

„Jetzt hat es uns gepackt“, stellen Thomas Jonas und Karin Müller unisono fest. Die Vorfreude auf die neue Aufgabe treibt sie an. Die Liebe zur Musik und die Leidenschaft, das „Le Pirate“ dauerhaft wieder mit Leben zu füllen, verbindet das Pächter-Trio. Einer, der sich unbändig über dieses Engagement freut, ist der Rosenheimer Lehrer Wolfgang Lentner (58). Er hatte die Spielstätte im Juli 2018 von Petra Rose übernommen, die sie in den 1970er-Jahren aufgebaut und 45 Jahre lang erfolgreich geführt hatte. Doch Lentner, der bereits angefangen hatte, zu renovieren, wurde krank.

Die Arbeiten für und im „Le Pirate“, die Stelle als Lehrer und die Verpflichtungen als Vater von fünf Kindern wurden irgendwann zu viel. Der Arzt riet ihm dringend, kürzerzutreten. Lentner sagt heute: „Das ist mir alles über den Kopf gewachsen.“ Drei Monate lang musste das „Le Pirate“ die Segel streichen, bis zumindest wieder Konzerte stattfinden konnten.

Förderverein kümmert

sich um die Konzerte

Dass mit Thomas Jonas, Karin Müller und Angelika Steinkopff nun echte Musikliebhaber das Ruder im Jazzclub übernommen haben, begeistert Lentner. Lange hatte er nach Pächtern gesucht, die nicht auf den schnellen Reibach aus sind, sondern das kulturelle Erbe des „Le Pirate“ schätzen und weiterführen würden. Nun hat er sie gefunden, unter 21 Mitbewerbern ausgewählt. Die Tinte unter dem Pächtervertrag ist gerade einmal eine Woche alt.

Was nach einem normalen Vertragsvorgang klingt, weist allerdings eine Besonderheit auf. Denn hinter dem „Le Pirate“ steht jetzt zusätzlich der „Kulturförderverein Le Pirate Rosenheim“, dem rund 50 Mitglieder unter dem Vorsitz von Thomas Frank (42) angehören. Zum Team des Vorstands zählen außerdem Florian Trübsbach, Professor für Jazz-Saxofon an der Musikhochschule in München, sowie Michael Keul, ein renommierter Schlagzeuger, der ebenfalls in München als Dozent lehrt. Der Vereinszweck, erklärt Frank, sei, die Konzerte zu organisieren und sich um alles zu kümmern, was dafür im Hintergrund notwendig ist. 50 Mitglieder zählt der Verein heute, viele sind seit Jahren Stammgäste des „Le Pirate“.

Und so können sich die drei Pächter Thomas Jonas, Karin Müller und Angelika Steinkopff nicht nur auf ihr eigenes Engagement verlassen, sondern auf die Tatkraft der „Le Pirate“-Familie bauen. Die Nebel um die Zukunft der Spielstätte haben sich gelichtet. Nur ab an noch werden Nebelschwaden aufziehen – immer dann, wenn Thomas Jonas seine Nebelmaschine in Gang setzt.

Schlüsselübergabe, Party und Festival

Das neue Pächter-Trio wird den Schlüssel für sein „Le Pirate“ am Silvesterabend bekommen, bei einer Silvesterparty, zu der jedermann willkommen ist. Ab 19 Uhr wird gefeiert, Thomas Jonas bietet Tapas an, die Stunden bis zum Jahreswechsel werden unterbrochen dank einiger Musik-Einlagen aus der „Le Pirate“-Familie. Der Eintritt ist frei, das Ende der Party offen. Wer dabei sein und auch etwas essen möchte, sollte sich anmelden, per Mail an wolfganglentner@web.de.

Im Januar 2020 startet das neue Programm, abgesehen von einer Renovierungspause in der Zeit von 6. bis 18. Januar 2020. Ein Höhepunkt wird dann das Samerberger Jazz-Festival im „Le Pirate“ sein: Am Dienstag, 28. Januar, spielt die „Old Stack O‘Lee Jazz Band“. Zu hören ist Dixieland-Jazz aus der Gründerzeit des Jazzclubs. Am Mittwoch, 29. Januar, sorgt das „Ralph Moore Quartett“ für Straight Ahead Jazz. Und am Donnerstag, 30. Januar, steht die Band „The Festival Octet“ auf der Bühne. Geboten wird „5 mal Blech im Bigband Sound – feat. Florian Trübsam“. Alle Konzerte des Festivals beginnen um 20.30 Uhr, Einlass ist um 19.30 Uhr. Karten gibt es an der Abendkasse, sie kosten zwischen zehn und 20 Euro. Reservierungen per Mail an wolfganglentner@web.de.

Grundsätzlich soll das „Le Pirate“ auch einmal für private Veranstaltungen genutzt werden können. Wer möchte, kann den Verein zudem als förderndes Mitglied unterstützen oder sich einbringen als ehrenamtlicher Helfer bei Konzerten. Ansprechpartner ist der Vereinsvorsitzende Thomas Frank. Er ist ebenfalls per Mail zu erreichen: thomas.frank@web.de.bw

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