Kolbermoor – „Ganz schön mutig“: Das ist die erste Reaktion. Denn „Das kleine Selbsthilfebuch“, das Katharina Knechtel (28) geschrieben hat, ist ein Lebenshilfebuch. Von diesen aber gibt es in den Buchhandlungen ganze Regalmeter und Knechtel ist noch eine junge Frau. Ist sie nicht zu jung für einen solchen Inhalt und der Markt dafür nicht schon gesättigt?
Für die Autorin, die in Kolbermoor aufgewachsen ist, war das alles kein Thema, als sie vor zwei Jahren zu schreiben begann. Erstens dachte sie nicht an ein dickes gedrucktes Buch, sondern eher an ein kleines E-book, das eine Sammlung von Ratschlägen sein sollte. Die ihrerseits alle aus der Praxis erwachsen waren: Knechtel hatte für ihr Studium der Erziehungs- und Bildungswissenschaften gerade ihre Masterarbeit abgeschlossen.
Die Masterarbeit
als Basis fürs Buch
Darin ging es um Techniken für Menschen, die in sozialen Berufen arbeiten, dabei aber immer in Gefahr sind, von den ganzen Problemen, mit denen sie zu tun haben, selbst belastet zu werden. Für den Versuch, sich in einem fordernden Umfeld stabil zu halten und einen gesunden Optimismus zu bewahren, gibt es in der Psychologie viele Ansätze, sagte Knechtel.
„Mein Ziel in der Masterarbeit war es unter anderem, die tauglichen Ansätze herauszustellen.“ Ihr Buch also zunächst als die Quintessenz der Arbeit gedacht, die Tipps ganz praxisnah, leicht verständlich.
Freundlich zu
sich selbst sein
Die Tipps wirken einfach. Wie etwa der Grundratschlag des ersten Kapitels, dass man freundlich nicht nur zu anderen, sondern zu sich selbst sein müsse. Dass die Ratschläge einfach anmuten, könne auch nicht anders sein, findet Katharina Knechtel, denn im Grunde seien die Erfolgsrezepte für ein glücklicheres Leben altbekannt.
„Das Problem daran ist nur, dass so gut wie keiner von uns danach handelt. Im Gegenteil: Wir haben dieses Wissen meist sogar völlig verdrängt.“ Vergleichen kann man das mit einem Heimwerker, der sich vergebens und deshalb zusehends frustriert abmüht, eine Schraubenmutter mit der Beißzange zu lösen, obwohl er in seinem Werkzeugkasten einen dafür passenden Schraubenschlüssel hätte. Er müsste nur einmal nachschauen, tut es aber nicht.
Von daher könnte man Knechtels Buch als den Versuch sehen, sich den Inhalt des eigenen Werkzeugkastens vor Augen zu führen. Die Anforderung an den Leser wäre dabei dann die: Nicht zu sagen „Schraubenschlüssel? Kenn‘ ich!“, um in der Folge mit der Beißzange weiter zu werkeln, sondern es in der Tat einfach einmal mit dem Schraubenschlüssel zu probieren.
Schraubenschlüssel gegen Liebeskummer
Und Schraubenschlüssel gibt es in Knechtels Buch für fast jedes Problem, vom Liebeskummer bis zum Frust über den ungeliebten Arbeitsplatz. „Beim Schreiben hat eines das andere ergeben“, weshalb aus der E-book-Idee schließlich ein Buch mit gut 130 Seiten geworden ist. Knechtel sagt: Das Buch ist nicht schon die große Lösung für alle Lebensprobleme. Es kann nur mögliche Wege zu einem erfüllten Leben aufzeigen, für die der Mensch dann aber selbst aktiv werden muss. Und sie ist auch nicht der Meinung, dass ein solch erfülltes Leben nur von positiven Gefühlen bestimmt wird. Im Gegenteil. Misserfolge haben, traurig darüber zu sein, gehöre zum Leben dazu. Der Knackpunkt liegt für Knechtel darin, dass man diese Stimmungen akzeptiert, sich ihnen aber nicht völlig ausliefert.
Wer es schafft, selbst in einer Phase der Melancholie noch soweit von sich selbst zurückzutreten, dass er sich sagen kann: „Da ist Traurigkeit, die mich jetzt erfüllt, aber sie wird nicht von ewiger Dauer sein“ hat schon viel gewonnen. Denn aus diesem Bewusstsein heraus kann man Kraft finden, für sich aus kleinen Dingen einen Schimmer Freude zu gewinnen, etwa dem Duft eines Duschgels. Sie sind die kleinen Treppenstufen, die, eine an die andere gefügt, helfen, etwas schneller aus dem Tief zu kommen.
Falschen Mustern entkommen
Ist sie selbst eigentlich ein glücklicher Mensch? Nun ja, sagt sie und lacht, ein Mensch halt. Der als solcher auch Frust kennt und, wie sie gesteht, auch nicht davor gefeit ist, die Tipps ihres Buches manchmal zu vergessen. „Aber ich bin immerhin so weit, dass mir das recht schnell auffällt, und ich dann dem falschen Verhaltensmuster entkommen kann.“