Rosenheim – Alfred Regnat ist ein Bildhauer, der stets nach der perfekten Form sucht. So stehen der Kreis und der Würfel seit vielen Jahren im Zentrum seines Schaffens, das der konkreten Kunst zuzurechnen ist.
Als der in Zaißberg bei Vogtareuth lebende Künstler den Auftrag erhielt, für das Gelände der Landesgartenschau (LGS) 2010 in Rosenheim ein bleibendes Werk zu schaffen, beschäftigte er sich gerade intensiv mit der Form des Würfels, seinen unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten und Aussagen. Was für den Laien simpel erscheinen mag, ein Würfel ist eben ein Würfel, ein rechteckiger Körper, bei dem alle Kanten gleich lang sind, eröffnet für den Kreativen eine ganze Welt an Möglichkeiten.
Regnat spielte damals gerade Variationen durch, trennte Würfel mit geometrischen Raumschnitten, setzte die Teile unterschiedlich zusammen, kombinierte Würfel aus einem unterschiedlichen Mix aus Materialien, wie Stein und Metall oder Stein und Kunststoff. So entstand ein kleiner Würfel aus dunkel samtigem Gabbro von zwölf Zentimeter Kantenlänge, den ein Spalt aus grünem Plexiglas in der Mitte senkrecht trennt.
Genau diese Lösung wollte Regnat nun im Großen umsetzen. Wieder wählte er Gabbro, ein besonders haltbares Gestein, ein vulkanisches Magma, das nie an die Oberfläche kam, sondern bereits in der Erdkruste abkühlte und dabei kristallisierte. Die darin enthaltenen hell schimmernden kleinen Biotit-Plättchen geben dem dunkelgrauen Stein ein lebendiges Aussehen.
Regnat schuf daraus einen Würfel von fast einem Meter Kantenlänge mit gerundeten Kanten, setzte senkrecht in die Mitte eine dicke Platte aus weißem Glas ein und verklebte die Schichten. Entstanden war eine edle Form, deren Kontraste, dunkler Stein – helles Glas, natürliches Material – vom Menschen geschaffener Werkstoff, Ruhe und Harmonie ausstrahlten und zur Kontemplation anregten. Gerade der senkrechte Schnitt warf Fragen auf: Trennt der helle Glasstreifen oder verbindet er? Gibt es ein Vorne und ein Hinten? Einen Anfang und ein Ende? Der „Kubus“, wie Würfel im Griechischen heißt, kam an die Kinderkajakstrecke im Mangfallpark Süd. Den Bau dieser Sportanlage hatte der Rosenheimer Geschäftsmann Richard Diebald durch eine großzügige Spende finanziert und die Bedingung gestellt, dass Alfred Regnat dort mit einem Kunstwerk vertreten sein müsse. Doch leider ergab sich jetzt eine ganze Reihe von Problemen: Die Steinskulptur wurde durch die LGS-Planer auf der nördlichen Seite der Kajakstrecke platziert, wo sie im Laufe der LGS von den dort gepflanzten Stauden völlig überwuchert wurde. Durch das Anheben des fast drei Tonnen schweren Steines beim Transport und Aufstellen hatten sich erste Sprünge im Glas ergeben, die sich durch Spannungen durch die täglichen Temperaturschwankungen noch verstärkten. Nach der LGS musste Regnat enttäuscht feststellen, dass seine künstlerische Lösung gescheitert war. Was im Kleinen bestens funktionierte, misslang im Großen.
Der „Kubus“ kam zurück ins Atelier, wo der Bildhauer das Glas durch eine helle Granitplatte ersetzte. Damit die verklebten Schichten sich nicht wieder voneinander lösen, drehte Regnat den Würfel um 90 Grad. Nun liegen die Steinschichten waagrecht und damit wesentlich stabiler aufeinander. In dieser gedrehten Form wurde die Skulptur wieder im Mangfallpark Süd aufgestellt, diesmal allerdings an der südlichen Seite der Kajakstrecke und damit gut sichtbar am Fußweg. Hier steht nun der „Kubus“, eine perfekte Form mit anregenden Kontrasten. Doch die Dynamik und die ganz besondere Pfiffigkeit sind verloren.