„Eine Predigt muss mitreißen“

von Redaktion

Erst in der Kirche, dann im Bierzelt: Interview mit Kabarettist Peter Kirmair

Rosenheim – Am kommenden Freitag eröffnet Kabarettist Peter Kirmair zum 24. Mal die Starkbiersaison in der Inntalhalle. Zuvor gab es von ihm im Rahmen der Fastenaktion „Mein Wort zum Sonntag“ in der Kirche Heilige Familie Kastenau eine Fastenpredigt der besonderen Art: Anstatt der Politik den Spiegel vorzuhalten, gab er tiefe Einblicke in seine Glaubensüberzeugungen. Danach sprach er mit den OVB-Heimatzeitungen darüber, was der Glaube mit seinen Starkbierreden zu tun hat, was er sich für die Fastenzeit vorgenommen hat und was sich seiner Meinung nach ändern muss, um Kirche zukunftsfähig zu machen.

Beim traditionellen Derblecken in der Inntalhalle beschäftigen Sie sich mit den Sünden der anderen. Bei Ihrem Vortrag in der Kastenau ging es nun einmal um Sie. Was ist schwieriger?

Der Auftritt in der Kirche war auf jeden Fall etwas ganz anderes, besonders weil es dabei ja um meinen Glauben ging und der Glaube ist schon etwas sehr Persönliches.

Sie waren viele Jahre Ministrant in St. Nikolaus, Firmhelfer, Mitglied im Pfarrgemeinderat und haben dann auch noch das Theater St. Nikolaus mitbegründet. Bei dieser Vita wird schnell klar, dass der Glaube in Ihrem Leben schon immer eine große Rolle gespielt hat.

Ja, das stimmt. Als Ministrant bin ich jeden Sonntag völlig selbstverständlich um 8.30 Uhr in die Kirche gegangen, egal wie lang und hart die Nächte davor waren. Bei Hüttenabenden haben wir wild mit den Kaplänen über unsere Schwierigkeiten mit dem Glauben diskutiert und die Pfarrer durften wir auch von ihrer menschlichen Seite erleben. Dadurch lernt man viel.

Was zum Beispiel?

Dass Pfarrer Menschen sind, denen der Glaube sicher über viele Probleme hinweghilft.

Trifft das auf Sie auch zu?

Ich bin ein gläubiger Mensch. Allerdings besuche ich Gottesdienste nur noch selten, weil viele Prediger zwar viel reden, aber nichts oder nicht viel sagen, das man mit nach Hause nehmen kann. Aber ich gehe fast täglich in die St. Nikolauskirche, zünde eine Kerze an und bitte für Beistand für mich und meine Familie. Das schenkt mir Zufriedenheit und Zuversicht. Außerdem spreche ich jeden Abend ein Gebet.

Wie definieren Sie für sich selbst das Wort „Glaube“?

Als Boandlkramer im Theater „Der Brandner Kaspar“ gab es da für mich ein Aha-Erlebnis. An einer Stelle sagt der Boandlkramer, dass der Glauben da anfängt, wo das Wissen aufhört. Das passt.

Die Kirche als Institution steht immer mehr in der Kritik. Was sagen Sie dazu?

Nach allem, was passiert ist, ist das kein Wunder. Die Kirche hat ohne Frage viele Probleme und aus Unternehmersicht muss man auch sagen, am Marketing der Kirche fehlt es.

Was müsste sich denn aus Ihrer Sicht ändern?

Eine Predigt muss mitreißen. Aber das schaffen nur die wenigsten Geistlichen. Die meisten sagen immer das Gleiche. Ich bin mehrfacher Firmpate und habe bei allen Firmungen den immer gleichen, eintönigen Ablauf erlebt. Da muss man sich dann nicht wundern, wenn die jungen Leute nicht mehr gerne in die Kirche gehen.

Es bräuchte also mehr Pfarrer wie Rainer Maria Schießler, den seine unkonventionelle Art der Seelsorge berühmt gemacht hat?

Also, übertriebener Aktionismus gefällt mir auch nicht. Ich weiß nicht, ob das dann noch glaubwürdig ist.

Spielten Sie schon einmal mit dem Gedanken, aus der Kirchengemeinschaft auszutreten?

Nein, auch wenn die Kirche aktuell viele Baustellen hat, dieser Gedanke ist mir tatsächlich noch nie gekommen. Mit dem Satz „Mia helfan’s imma“ wurde mein „Wort zum Sonntag“ angekündigt und das meine ich auch so. Mir helfen die da droben und auch dem irdischen Personal bin ich für viele Dinge dankbar.

Am kommenden Freitag gibt es von Ihnen wieder die traditionelle Fastenpredigt in der Inntalhalle. Die hat mit Glauben dann nichts zu tun, oder?

Tatsächlich hat mich letztendlich der Glaube auch zu meiner Aufgabe als Starkbierredner gebracht, denn schließlich wurde die Brauerei durch meine Auftritte beim Theater St. Nikolaus auf mich aufmerksam.

Steht Ihre Rede für das Derblecken schon?

Natürlich, aber kurzfristige Änderungen gibt es immer.

Aber Sie wollen wahrscheinlich nicht verraten, um was es heuer geht?

Nein, aber den Titel kann ich ja schon mal sagen: Highway to hell.

Dafür Stoff zu finden, ist derzeit ja nicht schwer. Coronavirus, die Skandal-Wahl in Thüringen – es ist viel los. Regional ist ebenfalls einiges geboten. Immerhin ist Wahljahr. Aber daraus dann ein unterhaltsames Programm zu machen, bleibt wohl auch nach 24 Jahren noch eine Herausforderung?

Die besten Ideen habe ich in der Badewanne. Mein Kater Wuzzi liegt immer neben mir. Der bleibt auch da, wenn eine Passage mal nicht so gut ist. (schmunzelt)

Ist es denn in 24 Jahren schon mal passiert, dass ein Politiker während Ihrer Rede die Halle verlassen hat?

(lacht) Leider noch nicht. Ich war mal bei einem Starkbieranstich in Österreich zu Gast, da ist zuerst die Frau des Bürgermeisters beleidigt gegangen und nach kurzer Zeit ist er nachgedackelt. Sich diese Blöße zu geben, das war schon lustig anzusehen.

Gab es nach Ihren Auftritten auch nie eine Beschwerde?

Nein. Dabei mussten einige ganz schön einstecken. Aber die sind halt zum Glück keine Mimosen.

Fastenzeit bedeutet Verzicht. Auf was verzichten Sie bis Ostern?

Auf Alkohol kann ich leicht verzichten, das wäre überhaupt keine Herausforderung für mich. Also habe ich mir vorgenommen, bis Ostern keine Schokolade zu essen. Das ist echt hart.

Interview: Karin Wunsam

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