„Es muss etwas passieren“

von Redaktion

Bei Stadtspaziergang: OB März hat offenes Ohr für Corona-Sorgen der Rosenheimer

Rosenheim –Gastronomen und Einzelhändler stehen seit dem Beginn der Corona-Krise vor etlichen Problemen. Viele fürchten um ihre Existenz, fast alle haben Zukunftsängste. Um sich einen besseren Überblick über die Situation in der Rosenheimer Innenstadt zu verschaffen, hat Oberbürgermeister Andreas März (CSU) zu einem Stadtspaziergang eingeladen. Mit dabei: Wolfgang Janhsen und Andreas Bensegger von der Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie die Leiterin des Rosenheimer Stadtmarketings, Judith Gebhart de Ginsberg. Ein Rundgang.

Zehn Minuten pro Aufenthalt, fünf Minuten Wegzeit und fünf Gespräche: Weil Oberbürgermeister Andreas März einen straffen Zeitplan hat, ist der Stadtspaziergang genau durchgetaktet. Von Gemütlichkeit fehlt jede Spur. Aber darum geht es an diesem Tag auch nicht. Andreas März will wissen, wie es den Gastronomen und Einzelhändlern in der Krise geht. Er will wissen, was er tun kann, um den Inhabern und ihren Mitarbeitern durch diese schwere Zeit zu helfen.

Unsicherheit in
der Textilbranche

Organisiert haben den Spaziergang die beiden Vertreter von der Industrie- und Handelskammer, in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister. „Es war uns wichtig, dass wir eine gute Mischung finden“, sagt Andreas Bensegger, der Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses. Ziel sei es gewesen, einen Einblick in verschiedene Bereiche zu bekommen. Der Fokus lag primär auf den Geschäften, die „Besucher in die Innenstadt ziehen.“

Pünktlich um 12.30 Uhr beginnt der Rundgang am Ludwigsplatz. Benjamin Wölk, der Inhaber des „Agrar“ (Obst, Gemüse, Imbiss) wartet bereits vor seinem Laden. Die Tische sind leer, auch im Geschäft ist wenig Betrieb. Trotzdem ist Wölk optimistisch. Auch weil er, wie er sagt, von der Krise profitiert hat. Ein bisschen zumindest. Weil die Menschen in den vergangenen Wochen vermehrt selbst gekocht haben, sei sein Obst- und Gemüseverkauf gut angekommen. Er habe seit dem Beginn der Krise fast 30 Prozent mehr verkauft, sagt er. „Dadurch musste ich keinen meiner 25 Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken.“

Sorgen bereite ihm vor allem der Gastronomie-Bereich. Hier sei es schwer „Fuß zu fassen“. „Die Leute haben Angst. Das Konsumverhalten ist anders“, sagt Wölk. Es kämen deutlich weniger Leute, auch weil die Touristen komplett wegfallen. „Ich bin in den vergangenen Monaten gut durchgekommen. Aber jetzt muss was passieren“, sagt er.

Ähnlich angespannt blickt Paul Adlmaier auf die derzeitige Situation. Der Inhaber des Modegeschäfts Adlmaier am Max-Josefs-Platz hat es in den vergangenen Monaten nicht einfach gehabt. „In der Textilbranche herrscht eine sehr große Unsicherheit“, sagt er. Zahlreiche Lieferanten seien ihm weggebrochen, einige hätten sogar Insolvenz angemeldet. Noch immer wisse er nicht, welche Lieferungen ankommen und welche nicht.

Hinzu komme, dass er viele seiner Waren nicht verkaufen könne. Besonders im Business- sowie im Event- und Anlassbereich sei die Nachfrage stark zurückgegangen. Einen neuen Anzug im Homeoffice brauche es einfach nicht. „Im Moment sind wir noch nicht einmal bei 50 Prozent unseres üblichen Umsatzes“, sagt er. Er glaubt, dass es helfen könnte zu wissen, wann und in welcher Größe Veranstaltungen wieder stattfinden könnten. „Alles, was die Stadt belebt, ist im Moment wichtig“, sagt er. Er spricht von verkaufsoffenen Sonntagen und einer langen Nacht, in der die Geschäfte länger als üblich geöffnet haben dürfen.

Maßnahmen, die auch den Gastronomen zugute kommen könnten, ist Manfred Kirner vom Gasthaus „Zum Stockhammer“ überzeugt. Aufgrund der Hygienevorschriften fehlt ihm im Moment ein Drittel seiner Bestuhlung. Auch deshalb zeigt er sich dankbar, dass er seine Außenflächen, in Absprache mit der Stadt, habe ausweiten können.

Kirner ist es von Anfang an wichtig gewesen, „alle meine 25 Mitarbeiter zu halten“. Er denkt sogar darüber nach, neues Personal einzustellen. Damit dieser Plan in die Tat umgesetzt werden kann, soll es bis zum Ende des Jahres keine Ruhetage mehr geben, sagt er.

Positiv auf die vergangenen Wochen schaut Erich Häckl. Der Optikermeister hat sein Geschäft in der Heilig-Geist-Straße zur Hochzeit der Corona-Krise eröffnet. „Bis jetzt geht es uns sehr gut“, sagt er. Allerdings habe er auch keinen Vergleich, wisse nicht, wie der Laden ohne die Krise angelaufen wäre.

Weiter geht es zur letzten Station: das Café Dinzler am Max-Josefs-Platz. Einige Stühle sind belegt. Die meisten sind frei. Betty und Edgar Haubner haben hier das Sagen. Während sich Betty Haubner um die wenigen Gäste kümmert, bedankt sich ihr Mann bei Oberbürgermeister Andreas März für sein Kommen. Im Gegensatz zu seinen Kollegen wolle er das Gespräch nutzen, um über „langfristige Hilfen zu sprechen“, sagt Edgar Haubner.

Öffentliche Toiletten und mehr Bäume

Auch er freue sich über die Ausweitung der Außenfläche. „Das macht den gesamten Max-Josefs-Platz viel schöner und lebendiger“, sagt er. Er regte an, auch in Zukunft darüber nachzudenken, wie man den Platz attraktiver gestalten könnte. Er sprach sich für eine „bewusste Gestaltung“ aus, regte an, mehr Bäume zu pflanzen. Auch öffentliche Toiletten im Stadtzentrum seien wünschenswert. Wie viel sich von den Anregungen in den kommenden Wochen umsetzen lässt, wird sich zeigen. Auch im Hinblick auf die von der Stadt Rosenheim verhängte Haushaltssperre.

Andreas März zog nach dem Spaziergang ein positives Fazit. „Es tut gut zu wissen, dass viele Rosenheimer Einzelhändler und Gastronomen inzwischen wieder zuversichtlicher in die Zukunft schauen“, sagt er. Er wolle die Betriebe bei der „Wiedereröffnung unterstützen“. Egal ob bei der Vergrößerung der Außengastronomie, dem Verzicht auf Sondernutzungsgebühren und der Aussetzung beziehungsweise der Stundung der Gewerbesteuer. Er ist außerdem begeistert, wie „vorbildlich die Hygienevorschriften und Abstandsregelungen“ umgesetzt werden. Sein Appell: „Besucht unsere Geschäfte und Restaurants, damit das Leben in unsere Stadt zurückkehrt.“

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