Rosenheim – Das Wohn- und Geschäftshaus am Max-Josefs-Platz 19 soll saniert und umgebaut werden. Zwar stimmten die Mitglieder des Stadtentwicklungs- und Baugenehmigungsausschusses mit 7:4 Stimmen für das Vorhaben. Kritik gab es trotzdem. Der Grund: Bei dem Umbau ginge ein Teil des 400 Jahre alten Deckengewölbes verloren.
Richard Wurm denkt nicht ans Aufgeben. Seit elf Jahren gehört ihm das dunkelrote, fünfstöckige Gebäude im Herzen Rosenheims. Seit zehn Jahren kämpft er für eine Genehmigung, es sanieren zu lassen. „Es gab schon damals einen großen Renovierungsbedarf“, sagt Wurm. Er steht vor dem Haus, zeigt auf die kleinen und großen Risse in der Fassade und die abbröckelnde Farbe.
Acht Wohnungen,
fünf sind vermietet
Die ersten beiden Stockwerke hat Wurm an die Beo Boutique vermietet, in den restlichen drei Geschossen befinden sich acht Wohnungen. Fünf sind vermietet, der Rest steht leer. „Die Wohnungen kann man niemandem mehr zumuten“, sagt Wurm. Geht es nach ihm, soll sich das ändern.
Er will das Haus renovieren, es energetisch sanieren lassen. Die Pläne des Architekten sehen vor, dass an der Nordseite weitere Balkone angebracht werden. Die bestehenden Arkaden an der Westseite sollen beseitigt und im dritten und vierten Obergeschoss durch zusätzliche Balkone ersetzt werden.
Außerdem soll im Inneren des Gebäudes ein Fahrstuhl eingebaut werden. Und genau hier liegt, laut dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, das Problem. Denn das Haus steht auf der Denkmalliste der Stadt Rosenheim. Durch den Einbau des Fahrstuhles im Hausinnern ginge ein Teil des mehr als 400 Jahre alten Deckengewölbes im zweiten Stock verloren.
„Diesem Vorhaben ist entschieden entgegenzutreten“, teilte das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege vor zehn Jahren mit. So trage vor allem die spätmittelalterlich/frühneuzeitliche Raumstruktur „wesentlich zum Denkmalwert des Objektes bei.“ Auch der Stadtheimatpfleger Karl Mair stand dem Vorhaben damals kritisch gegenüber. „Es gibt nur noch wenige Häuser in Rosenheim, in denen sich bis in die Obergeschosse Gewölbe als Zeugnisse alter Handwerkskunst erhalten haben“, teilte er in einer Stellungnahme mit. Das Gewölbe zu beseitigen und die „ursprüngliche Raumstruktur aufzugeben“ wäre ein „Verlust für die historische Bausubstanz in der Rosenheimer Altstadt.“
20 Quadratmeter große Abstellkammer
Richard Wurm kennt die Historie seines Hauses. Er liebt das Kreuzgewölbe, die gratgewölbten Flure, die dekorativen Putzkehlen an den Decken und die barocken Türblätter mit den Bockshornbeschlägen. „Natürlich will ich das Haus so erhalten, wie es ist. Aber manche Dinge müssen eben modernisiert werden“, sagt er.
Er meint damit unter anderem den Einbau eines Fahrstuhles. Für ein fünfgeschossiges Gebäude „eine Notwendigkeit“ wie er sagt. Dass dabei ein Teil des alten Deckengewölbes verloren geht, müsse man eben in Kauf nehmen. Zumal sich das Gewölbe im Moment sowieso in einer Abstellkammer befindet und von niemandem gesehen wird.
Besagte Abstellkammer befindet sich im ersten Obergeschoss, ist circa 20 Quadratmeter groß und vollgestellt mit Koffern, Büchern und alten Möbeln. „Das Zimmer muss ich Ihnen bald abnehmen“, scherzt Wurm. Die Mieterin, eine Frau, die seit 38 Jahren in dem Haus wohnt, nimmt es gelassen. „Damit habe ich schon gerechnet“, sagt sie.
Geht es nach Wurm, soll in den hinteren Teil des Raumes der Fahrstuhl gebaut werden. Der vordere Bereich, und damit auch ein Großteil des Gewölbes, bleiben erhalten. „Dadurch kommt das Gewölbe auch viel besser zur Geltung“, sagt Wurm.
Eine Einschätzung, die nicht alle Stadträte teilten. Judith Kley-Stephan (Grüne) sprach sich gegen einen Fahrstuhl im Hausinneren aus. Sie habe an einem Ortstermin teilgenommen, sich einen Überblick verschafft. „Wir haben nicht viele Elemente aus dieser Zeit“, sagte sie. Es sei wichtig, „Respekt vor der Zeit und dem Gebäude“ zu zeigen. „Was zerstört ist, ist zerstört“, sagte sie und schlug vor, den Aufzug außen anzubringen. Der Fraktionsvorsitzende der CSU, Herbert Borrmann, sprach von einer „besonderen Situation“ und einem „tragbaren Kompromiss“. Er stimmte für einen Aufzug im Hausinneren, auch um an der Außenwirkung des Hauses festzuhalten.
Ein Aufzug
im Innenhof?
Auch Stadträtin Dr. Beate Burkl (Freie Wähler/UP) stimmte dem Vorschlag zu, einen Fahrstuhl ins Hausinnere zu bauen. Auch weil, wie sie sagt, „eine Hälfte des Gewölbes weiterhin erhalten bleibt“. Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Abuzar Erdogan, sagte, ein „Aufzug im Hof“ sei die „beste Alternative“. Eine Meinung, die auch Stadtrat Franz Lukas (Grüne) teilte. Er schlug vor, über einen freistehenden Fahrstuhl in einer Glasröhre nachzudenken. „Ein Fahrstuhl im Innenhof würde die komplette Struktur zerstören“, argumentierte Wurm. Er wolle diesen Platz weiterhin für Parkplätze reservieren.
Oberbürgermeister Andreas März (CSU), stimmte dem Antrag zu. „Das Gewölbe ist unscheinbar und für die Besucher nicht von Bedeutung“, sagte er. Eine Aussage, die Richard Wurm bestärken dürfte. Aufgeben wird er also auch weiterhin nicht.