Rosenheim – Anton Hollaus (58) arbeitet seit 33 Jahren in der Telefon- und Computertechnik. Er richtet Anrufbeantworter ein, leitet Telefone um und installiert Satelliten. So auch an dem Nachmittag vor drei Monaten, als Ministerpräsident Markus Söder eine Ausgangsbeschränkung verhängt hatte.
Verwarnung trotz
Ausnahmesituation
„Eigentlich wollte ich das Haus an dem Tag gar nicht mehr verlassen“, sagt Hollaus. Er entschied sich aber dagegen, auch weil er, wie er sagt, noch einiges zu erledigen hatte. Unter anderem in der Salinstraße in Rosenheim. Dort brauchte ein medizinischer Betrieb eine Telefonumleitung sowie einen Anrufbeantworter. Er parkte vor dem Gebäude, klemmte sein selbst gebasteltes Serviceschild hinter die Windschutzscheibe und machte sich an die Arbeit. Als Hollaus eine Stunde später zum Auto zurückkehrte, fand er die Verwarnung der Verkehrsüberwachung vor – weil er die Parkzeit überschritten hatte. Für den 58-Jährigen unverständlich. „Wir waren mitten in einer absoluten Ausnahmesituation“, sagt er und fügt hinzu: „Ich wollte helfen und wurde von der Behörde bestraft.“
Er habe die Mitarbeiter der städtischen Verkehrsbehörde darauf hingewiesen, dass es sich um eine Ausnahmesituation handle, er nur seine Arbeit mache. Doch auf Verständnis sei er nicht gestoßen, sagt er. Die 30 Euro Verwarngeld zahlen müsse er trotzdem, hieß es nur.
Doch das will Hollaus nicht – aus Prinzip, wie er sagt. Er reichte Widerspruch bei der Stadt ein, weigerte sich, die Verwarnung zu bezahlen. Die Stadt Rosenheim leitete daraufhin ein Bußgeldverfahren ein, lagerte es an den „Zweckverband Kommunales Dienstleistungszentrum Oberland“ in Bad Tölz aus. Auch hier will Hollaus Widerspruch einlegen, will, wenn nötig, vor das Rosenheimer Amtsgericht ziehen. „Es ist einfach eine Frechheit. Den Mitarbeitern der städtischen Behörde scheint das Fingerspitzengefühl zu fehlen“, sagt Hollaus.
Privat mache er bereits „einen Riesenbogen um die Innenstadt“, beruflich müsse er dort aber nach wie vor Termine wahrnehmen.
Weil er, wie er sagt, eine schwere Werkzeugtasche mit sich herumtragen muss, kann er nicht „ewig spazierengehen“, ist auf einen Parkplatz in der Nähe seines Arbeitsplatzes angewiesen.
Ein weiteres Problem: Hollaus weiß nie, wie lange seine Tätigkeiten dauern. „Manchmal sind es fünf Minuten, manchmal drei Stunden“, sagt er. Er könne seine Tätigkeiten nicht mittendrin unterbrechen, um seine Parkzeit zu verlängern. Auch weil er sich konzentrieren müsse, und dabei „Zeit und sein Auto vergisst“.
Wie die Stadt Rosenheim auf Anfrage mitteilt, hätte Hollaus die Möglichkeit, einen Handwerkerparkausweis zu beantragen. Damit könnte er nicht nur im eingeschränkten Halteverbot parken, sondern auch auf öffentlichen Straßen – an denen Parkscheinautomaten stehen – ohne Gebühr parken. Kosten: rund 200 Euro im Jahr.
„Das lohnt sich für Leute, die jeden Tag in die Innenstadt müssen, aber nicht für mich“, sagt Hollaus. Er sei auch in Bad Tölz und Bad Reichenhall unterwegs, könne nicht in jeder Stadt einen Handwerkerparkausweis beantragen.
Überwachung auf
Minimum reduziert
Er hofft, dass die Stadt nachgibt, einsieht, dass es sich um eine Ausnahmesituation gehandelt hat. Die Stadt jedoch vertritt eine andere Meinung. „Die Straßenverkehrsordnung wurde wegen der Corona-Krise nicht außer Kraft gesetzt“, heißt es in einer Stellungnahme. Zwar habe die Stadt reagiert und in der Phase des Lockdowns die Überwachung von Parkverstößen auf ein absolut notwendiges Minimum beschränkt – Anton Hollaus Verwarnung allerdings fiel nicht in diesen Zeitraum.