Baustelle

Zu Fuß wär‘s schneller gegangen

von Redaktion

Stau in der Innenstadt: Jeder Autofahrer kennt es, jeder macht es regelmäßig durch. Wie schlimm ist es wirklich? OVB-Volontärin Alexandra Schöne hat sich im Schneckentempo durch die mittäglichen Autoschlangen in der Rosenheimer Innenstadt gequält. Ein Stau-Tagebuch.

Thomas Neugebauer

BRK-Bereichsleiter

Rettungsdienst

Rosenheim – Die Kinder wollen aus der Kita abgeholt werden, Einkäufe stehen in der Mittagspause an und die Zeit rennt einmal mehr davon: In Rosenheim ist man als Autofahrer zur Mittagszeit in der Innenstadt nie alleine unterwegs. Wie lange dauert also eine Fahrt von der Innstraße bis zur Loretowiese zur Stau-Hochzeit? Besonders im Moment, da die Ellmaierstraße wegen einer Baustelle gesperrt ist. Ein Selbstversuch.

Abgebogen – und
stehen geblieben

11.30 Uhr: Ich biege aus der Schönfeldstraße in die Innstraße ein und muss prompt bei der Konditorei Süßmuth an der Ecke stehen bleiben. Super, denke ich, das geht ja schon einmal gut los. Die Autos stehen schon bis nach vorne zur Kurve. Ein kleiner Trost ist immerhin, dass auf der Gegenfahrbahn die Autofahrer ebenfalls warten müssen.

11.32 Uhr: Mittlerweile bin ich fünf Meter weiter gekommen. Rechts und links fahren Autofahrer kreuz und quer aus den Seitenstraßen heraus und versuchen, sich in dem Chaos aus Fahrzeugen und Baustelle in den Verkehr einzureihen.

11.34 Uhr: Nach vier Minuten habe ich immerhin schon 140 Meter überwunden und mich bis zur Sparkasse in der Innstraße gequält. Hier bleibe ich wieder stehen und warte.

11.35 Uhr: Endlich! Ich kann anstatt des ständigen „Stop-and-Go“ sogar ein paar Meter richtig fahren.

11.36 Uhr: An der Ecke Sedanstraße dreht der erste Autofahrer schon wieder um und ergreift die Flucht in die entgegengesetzte Richtung. Ein zweiter nimmt schlauerweise kurzerhand die Abkürzung durch die Sedanstraße. Auf der gegenüberliegenden Fahrbahn läuft der Verkehr im Gegensatz zu meiner recht flüssig.

11.37 Uhr: Ein Fahrradfahrer überholt mich und schlängelt sich mühelos durch den Verkehr. Dass die meisten Autos in der Straße die Radspur blockieren, scheint ihn nicht zu stören. Sehnsüchtig schaue ich ihm hinterher, während ich das Auto in Bewegung setze und eine Fahrzeuglänge weiterrolle.

Es geht zügig
auf den Kreisel zu

11.39 Uhr: Nach einer Minute Stillstand geht es jetzt recht zügig auf den Kreisel zu. Viele Autofahrer können hineinfahren. Ich bin nicht dabei.

11.41 Uhr: Ich habe den Kreisverkehr hinter mir gelassen! Vor dem Zebrastreifen am Ludwigsplatz geht es mit dem Stau jedoch gleich weiter. Am Grünen Markt tummeln sich die Leute währenddessen am Würstlstand. Der Duft besagter Fleischprodukte zieht durch das geöffnete Fenster in mein Auto. In der Zeit, die ich hier schon auf meinem Weg zur Loretowiese verbracht habe, hätte ich auch ein paar Wiener mit Sauerkraut verdrücken können. Oder auch zwei.

11.42 Uhr: Ich passiere das Mittertor. Bis zur Eisdiele „Da Noi“ geht alles sogar ein wenig zügiger.

11.44 Uhr: Die Ampel an der Ecke Am Salzstadel lässt in ihrer Grünphase gefühlt nur zwei Autos durch. Um 11.45 Uhr habe ich aber freie Fahrt fast bis ganz nach vorne. Natürlich ist die Ampel dann rot.

11.46 Uhr: Ich rausche über die erste Ampel. Anschließend auch gleich über die zweite, aus Angst, diese könnte auch wieder auf Rot springen. So zügig und so viele Meter am Stück bin ich seit Beginn dieses Experiments nicht mehr gefahren.

11.47 Uhr: Loretowiese, ich komme! Halleluja, denke ich, als ich auf den großen Platz einbiege.

11.48 Uhr: Jetzt beginnt die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, also dem Parkplatz auf der Loretowiese. Bisher sieht es eher schlecht aus.

Parkplatzsuche
aufgegeben

11.53 Uhr: Nach fünf Minuten gebe ich die Suche auf, da ich keine Lust mehr habe. Außerdem denken sich die Leute draußen vor der Miedl-Filiale in der Mitte der Loretowiese bestimmt schon, ob ich einen Drehwurm habe oder es mir einfach Spaß macht, zehnmal im Kreis herum zu kurven.

Fazit: Für eine Strecke von 1,0 Kilometer habe ich mittags um halb 12 geschlagene 17 Minuten gebraucht. Jetzt habe ich Hunger. Vielleicht hole ich mir eine Wurst am Würstlstand.

Arbeiten gehen bis November

Zurzeit ist die Ellmaierstraße zwischen der Schönfeld- und Kaiserstraße gesperrt. Bis Ende Juli soll der Abschnitt zwischen Schönfeld- und Pettenkoferstraße inklusive der Anschlüsse „In der Schmucken“ und „Binderweg“ fertiggestellt und für den Verkehr freigegeben werden. Bei den Bauarbeiten wird unter anderem die Wasserleitung inklusive der Hausanschlüsse erneuert und das Kommunikationsnetz erweitert. Abschnittsweise werden die Gashauptleitungen umverlegt und Isolierungsschäden saniert. Ende Juli beginnt eine neue Bauphase mit abschließenden Rohrleitungs- und Straßenbauarbeiten in der Ellmaierstraße zwischen Landwehr- und Kaiserstraße. Die Bauarbeiten haben im April begonnen und werden bis November andauern.

„Ein Parkverbot wäre sicherlich von Vorteil“

Rosenheim Für Pendler ist das tägliche Stau-Chaos rund um den Ludwigsplatz lästig. Für Menschen, die auf dringende medizinische Hilfe durch einen Rettungswagen warten, kann die Blechlawine aber auch lebensgefährlich werden. Die OVB-Heimatzeitungen haben bei Thomas Neugebauer, Bereichsleiter Rettungsdienst beim BRK-Kreisverband Rosenheim, nachgefragt.

Was bedeutet die Sperrung der Ellmaierstraße für die Krankenwagen, die jetzt über den Ludwigsplatz fahren müssen und eventuell in einen Stau geraten? Ist das oft der Fall?

Wir versuchen, dieses Teilstück zu vermeiden. Aber wenn die Sanitäter vom Schloßberg herunter fahren, wählen sie die Strecke über den Ludwigsplatz. In der Kaiserstraße staut es sich oft. Mehrmals täglich stehen dort auch unsere Wagen. Das Problem: Durch die Parkplätze auf der rechten Seite können die Autofahrer bei dichtem Verkehr keine Rettungsgasse bilden. Da schalten wir das Martinshorn aus und warten einfach, bis es weitergeht. Ein Parkverbot wäre hier sicherlich von Vorteil für den Rettungsdienst.

Wird man als Sanitäter nervös, wenn dichter Verkehr oder Stau herrscht und kaum etwas vorangeht?

Nein, überhaupt nicht. Unsere Leute sind sehr erfahren und werden auch bei Blaulichtfahrten nicht nervös. Manchmal sind es andere Verkehrsteilnehmer, die nervös werden.

Hat es schon einmal eine Situation gegeben, in der der Stau im Bereich der Kaiserstraße so schlimm war, dass der Krankenwagen nicht durchgekommen ist und einen anderen Weg nehmen musste?

Beim BRK Rosenheim wurde durch die Engstelle in der Kaiserstraße noch kein Einsatz abgebrochen. Interview: Alexandra Schöne