Rosenheim – Laue Sommerabende, ein kühles Getränk. Ein Hund auf dem Rost gehört wohl für kaum jemanden zu einem Grillabend dazu. Die Jugendorganisation „PETA ZWEI“ der Tierschutzvereinigung PETA macht aber genau das mitten in Rosenheim.
Mit einer Hundeattrappe auf einem Grill wollen die Aktivisten ab 15 Uhr in der Münchener Straße 25 gegen den Konsum von Tierfleisch protestieren. Warum ausgerechnet ein Hund? „Viele Menschen haben Sympathien für Haustiere und essen dennoch Fleisch. Wir wollen Menschen zum Nachdenken bringen“, sagt Jana Gall (18), die die Aktion organisiert.
Sie selbst ist seit knapp zwei Jahren Veganerin. Der Anstoß war für die 18-Jährige der Film „Earthlings“. Gall lehnt jeglichen Konsum von Tieren ab und wählt den Begriff „Gewalt“ für den Umgang mit Nutztieren.
Schockmoment ist
beabsichtigt
Aus ihrer Sicht ist es schlicht eine willkürliche Wahl, welche Tiere man isst und welche nicht. Josef Steingraber, Landwirt aus Aising und Geschäftsführer des Bauernverbandes in Rosenheim, sieht das anders. Für ihn hinkt der Vergleich: „Ich würde keinen Hund essen. Einfach deshalb, weil er Fleischfresser ist.“ Dieses Fleisch berge ganz andere Gefahren als das Fleisch von Pflanzenfressern. So wie die Tiere aus der konventionellen Nutztierhaltung, die Steingraber auch selbst praktiziert.
Das Bild, mit dem PETA aufmerksam machen möchte, ist ganz bewusst drastisch gewählt. Ein gewisser Schockmoment ist Kalkül, bestätigt auch Jana Gall. Sie hat für PETA schon einige Aktionen begleitet. Dass auch Kinder den Hund auf dem Grill sehen werden, ist eingeplant und durchaus erwünscht.
Josef Steingraber ist selbst Vater von drei Kindern. „Meine Kinder wären geschockt, wenn sie so etwas sehen, auch wenn sie bei uns am Hof natürlich mitkriegen, woher das Fleisch kommt“, sagt der 35-Jährige. Er würde mit seinen Kindern über die Thematik reden und ihnen die Wahl überlassen, sich eine Meinung zu bilden.
Ein Weg, den auch Dr. Christian Lill begrüßt. Er ist Facharzt für Kinderpsychiatrie in Bad Aibling. „Wichtig ist, dass die Eltern ihren Kindern erklären, dass das kein echtes Tier ist.“
Für Kinder sei es hilfreich, so ein Erlebnis einordnen zu können, besonders wenn sie sich anfangs erschrecken. Die Gefahr einer Traumatisierung sieht der Kinderpsychiater nicht, aber als kindgerecht würde er die Aktion auch nicht einschätzen. Es hinge immer vom Einzelfall ab, was so ein Erlebnis auslöst: „Kinder können sehr unterschiedlich reagieren.“
Kadaver im
Supermarkt?
Jana Galls Aussage, dass Kinder ohnehin fast täglich mit „Leichenteilen und Kadavern“ beim Fleischkonsum konfrontiert seien, stimmt er nicht zu. Das sei aber eine ideologische Frage, sagt Lill.
„Die Diskussion, wie wir mit Lebewesen und Fleischkonsum umgehen, die sollten wir auf jeden Fall führen“, sagt Landwirt Josef Steingraber. Man müsse aber auch die Fakten sehen: „Im Alpenvorland ist zu 80 Prozent Grünland vorhanden.“ Weltweit seien es sogar zwei Drittel, und dort sei oft kein erfolgversprechender Ackerbau möglich. „Wie soll Ernährung da funktionieren?“ Josef Steingraber erinnert das Vorgehen von PETA an eine Sekte. Er vermisst eine sachliche Diskussion.
Ideologie hin oder her, genehmigt ist die Aktion von der Stadt. Nach Auskunft von Sprecher Christian Schwalm sind noch keine Gegendemonstrationen geplant.