Rosenheim – Bei 21 Vorstrafen wollte auch der Richter kein Auge mehr zudrücken: Weil ein stark alkoholisierter 47-Jähriger am 31. Oktober 2019 Passanten und einen Polizist angegriffen hatte, muss er nun zwölf Monate ins Gefängnis. Dabei bestand der Dieb zuvor darauf, von der Polizei festgenommen zu werden.
Nicht ungewöhnlich war der Vorwurf, den die Staatsanwältin beim Amtsgericht Rosenheim gegen den angeklagten Rosenheimer erhob: Widerstand gegen Polizeibeamte nach einem Diebstahl in einem Lebensmittelmarkt im Rosenheimer Zentrum.
Dieb wollte
ins Gefängnis
Der Betrunkene wollte eine Flasche Schnaps entwenden. Doch der Marktleiter erwischte ihn. Weil die Flasche sich unbezahlt im Rucksack des „Kunden“ befand, war auch der Tatbestand unbestreitbar. Die Polizei wurde gerufen, der Diebstahl aufgenommen und Anzeige erstattet.
Doch der Dieb wollte von den Beamten festgenommen werden. Die Beamten verweigerten seinen Wunsch mit dem Hinweis, dass das nicht nötig sei. Seiner Bitte verwehrt, ging er mit erhobenen Fäusten auf völlig unbeteiligte Passanten auf der Prinzregentenstraße los. Der Streifenpolizist musste nun eingreifen. Der Dieb versetzte dem Polizisten einen Faustschlag in die Magengrube. Als der Ordnungshüter ihn fixieren wollte, versuchte er, ihn zu würgen. Dabei hatte er nicht viel Erfolg. Nun wurde der Täter tatsächlich gefesselt und in eine Zelle der Polizeiinspektion gebracht.
Vor Gericht machte er geltend, dass er sich an keine Einzelheiten dieses Abends erinnere. Er sei damals völlig betrunken gewesen. 80-prozentiger Rum und Kräuterlikör hätten ihn völlig geschafft. Tatsächlich bestätigte ihm die Sachverständige Dr. Eleonore Schöpfer einen Blutalkoholgehalt von über drei Promille. Weil der Angeklagte aber offensichtlich als Alkoholiker solche Trunkenheit gewöhnt sei, hatte sie Probleme, ihm den Paragraf 21 Strafgesetzbuch zu billigen: Dieser würde ihm wegen verminderter Schuldfähigkeit ein geringeres Strafmaß zugestehen. Viel zu zielgerichtet habe er in der Situation agiert. Auch stellte sie den angeblichen Gedächtnisverlust des Angeklagten in Frage.
Eine Anklage wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft eingestellt. Die Vernachlässigung von mehreren Geckos in einem Terrarium war ihm auch schwer nachzuweisen.
Die Staatsanwältin erklärte, dass zwar der Diebstahl nur einen geringen Wert aufwies. Auch sei die Körperverletzung bei dem Angriff auf den Polizeibeamten relativ gering gewesen. Jedoch habe der Angeklagte diese Vergehen unter offener Bewährung aus einem vorhergehenden Verfahren wegen genau der gleichen Straftat begangen. So beantragte sie eine Haftstrafe von zwölf Monaten auf Bewährung. Sie hatte – weil die letzte Straftat bereits vier Jahre zurück lag – die Hoffnung, dass der Rosenheimer sich die Strafe zur Belehrung dienen lassen würde. Der Verteidiger erklärte: Sein Mandant erinnere sich zwar nicht an den Tag, bestreite die Taten aber auch nicht. Dazu habe er nicht nur zu viel Alkohol, sondern noch höchst wirksame Medikamente intus gehabt. Der Verteidiger plädierte auf acht Monate Haft auf Bewährung.
Angeklagter hatte
21 Vorstrafen
Das sah der Vorsitzende Richter Dirk Dombrowski völlig anders. Der Angeklagte war nicht zum ersten Mal vor Gericht: 21 Vorstrafen zählt sein Sündenregister. Der Rosenheimer hatte seine neuerlichen Straftaten in offener Bewährung begangen. „Egal wie betrunken sie waren. Sie mussten aus Erfahrung wissen, dass sie in diesem Zustand Gefahr laufen, Straftaten begehen.“ Er billigte ihm zwar gerade noch die eingeschränkte Schuldfähigkeit. „Keinesfalls aber bekommen sie bei mir nochmals Bewährung.“ Der Rosenheimer wollte damals in die Zelle, diese Möglichkeit hat ihm Richter Dombrowski nun ausreichend geboten.