Aus dem Untergrund

von Redaktion

„Sommer in Rosenheim“: Tänzer „High-Knee“ bringt urbane Rhythmen in die Stadt

Rosenheim – Tanzen ist seine Passion, in der Hip-Hop-Szene ist er seit über 20 Jahren zu Hause: Christian Anetsberger (47) aus Rosenheim verbindet Tanz mit Sozialpädagogik. Am heutigen Samstag mischt er als Tänzer „High-Knee“ mit seinen Showeinlagen die Kulturlandschaft in Rosenheim auf.

Jeder Schritt sitzt, die Hände bewegen sich zum Takt. Sein Repertoire reicht von Salsa bis hin zu Capoeira, einer afrikanischen Kampfkunst. Auf seinem Kopf meist ein Hut oder eine Kappe. Mit seinen Youtube-Videos gibt Anetsberger einen Vorgeschmack auf das, was der Profi auf der Bühne abliefert.

Vom Fußballplatz
auf die Tanzfläche

Dabei besuchte er mit 25 Jahren das erste Mal ein Tanztraining – ungewöhnlich in seiner Branche. „Beim Tanzen war ich ein absoluter Spätzünder“, sagt Anetsberger und lacht. Aufgewachsen ist der Diplom-Pädagoge in einem Dorf bei Vilshofen in Niederbayern. Damals hatte er vor allem eines im Kopf: Fußball. Aber Moment – Fußball und Tanzen, wie passt das zusammen? „Wenn man die Choreografien von brasilianischen Fußballern nach einem Torschuss sieht, ist das eine klare Sache: Die Kombination funktioniert“, erklärt der Tänzer. „Meine Fußballkollegen haben sofort gemerkt: Tanzen ist ja gar nicht so uncool.“ Fußball war bald passé, von da an konzentrierte er sich voll und ganz auf die Bühne. Die Leidenschaft entfachte allerdings schon früher: „’89 habe ich mein erstes Hip-Hop-Tape gehört. Im Club haben wir zu MC Hammer, Vanilla Ice und natürlich Michael Jackson getanzt.“ Der ehemalige Musiksender MTV lief rauf und runter, Untergrundmusik war angesagt. Die akrobatischen Elemente im Breakdance brachte sich Anetsberger, der seit 2014 in Rosenheim lebt, selbst bei. Mit seinem Tanzpartner „B-Boy Stoned“ filmte und analysierte er die Fortschritte.

Nach drei Jahren Training dann die ersten eigenen Stunden als Tanzlehrer, die großen Auftritte ließen nicht lange auf sich warten. Ein Künstlername musste her. „Mein Papa heißt Heinrich. In meinem Heimatdorf war ich also immer der ‚Bua vom Heini‘.“ So kam eins zum anderen. Der „Bua vom Heini“ wurde zum High-Knee selbst.

Drei Jahre war er Teil des Traumfabrik-Ensembles durch ganz Bayern, organisierte Wettbewerbe und tanzte sich weiter ins Ausland: In Ecuador spielte er eigene Shows und trainierte angehende Tänzer. Doch „High-Knee“ wollte noch mehr.

Hip-Hop-Szene
Raum geben

Denn hauptberuflich kümmert sich Anetsberger als Sozialpädagoge um Flüchtlinge, arbeitet mit Jugendlichen. Ihnen helfe die Ausdrucksmöglichkeit über den Tanz. Doch urbane Musik ist in der Tanzpädagogik bisher noch ungewöhnlich, klassische Tanzformen wie Ballett bilden eine große Konkurrenz. „Ich wünsche mir, dass urbaner Tanz als Kunstform auch von Institutionen mehr Beachtung und Anerkennung findet“, erklärt der Tänzer.

Im vergangenen Jahr lernte Kulturreferent Wolfgang Hauck Christian Anetsberger kennen. Hauck ist überzeugt: „Urban Dance Style ist bisher etwas ungewöhnliches in der Kulturlandschaft.“ Die Hip-Hop-Szene in der Stadt sei bisher noch klein. Bei „Sommer in Rosenheim“ gehe es um die Vielfalt. „Wir möchten diesen Künstlern nun mehr Raum geben.“ Einen Anfang macht Christian Anetsberger alias „High Knee“ am Samstag von 11 bis 15 Uhr in der Innenstadt.

Integratives Tanzprojekt „Hip Hop Kitchen“

Tanzen für die Integration: Christian Anetsberger alias „High-Knee“ möchte im Rahmen des Projektes „Hip Hop Kitchen“ Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund ansprechen. Über urbanen Tanz sollen sie in lockerer Atmosphäre positive Selbstwirksamkeitserfahrungen machen, so Anetsberger. „Auf diese Weise wird sowohl die nonverbale als auch die verbale Kommunikationsfähigkeit der Teilnehmenden gefördert.“So möchten die Veranstalter Berührungspunkte schaffen und die gegenseitige Empathie der Teilnehmenden fördern. Der Fokus liegt auf Menschen mit Migrationshintergrund und sozialer Benachteiligung. Jeder, egal welcher Herkunft, kann mitmachen. „Der Hauptaugenmerk liegt darauf, Menschen beim Zugang zum kulturell-künstlerischen Bereich zu unterstützen.“ Noch läuft das Antragsverfahren des Integrations-Projekts beim Kulturförderprogramm „Kultur macht stark!“ Der geplante Beginn ist im Februar 2021.

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