Rosenheim – Ohne Maske kein Unterricht: Zum Schulbeginn am 8. September müssen Bayerns Kinder mindestens neun Tage lang mit Maske in die Schule kommen. Diese befristete Maskenpflicht gilt allerdings nur für weiterführende Schulen, die Grundschulen bleiben außen vor. Das teilte Ministerpräsident Markus Söder mit. Zuvor hatte der Gemeinsame Elternbeirat (GEB) der Grund- und Mittelschulen der Stadt Rosenheim ihn in einem Brandbrief aufgefordert, keine Maskenpflicht einzuführen.
Psychische Belastung für Eltern und Kinder
Das Ergebnis sei „sehr enttäuschend“, erklärte Bettina Toptchiyski, Vorsitzende des Elternbeirats, auf Nachfrage unserer Zeitung. „Es hieß, die einzigen Möglichkeiten für Schulen seien Masken und Lüften, das stimmt nicht.“ In ihrem gemeinsamen Brandbrief hatten die Eltern gefordert, „zurück zum normalen Leben“ zu kehren. Sie sprachen sich darin offen gegen eine Maskenpflicht aus, schlugen stattdessen alternative Lösungen vor. Luftreinigungsgeräte in allen Klassenzimmern und durchsichtige Plexiglasscheiben als Abtrennung auf den Schülertischen, so der Elternbeirat, könnten Abhilfe schaffen.
Eine Maske, ist der Elternbeirat überzeugt, schütze aus medizinischer Sicht nur unzureichend vor Viren. Gründe gegen die Masken gebe es viele: Sie störten die Beziehung zu anderen Schülern und Lehrern. „Weiter wird durch das Tragen der Maske den Kindern signalisiert, dass Schule eine Gefahrenzone bedeutet“, heißt es in dem Schreiben. Dadurch löse ein Mund-Nasen-Schutz massive Ängste bei den Schülern aus. „Eine Lernatmosphäre, in der jeder das Gefühl hat, nicht ein- und ausatmen zu können, kann nicht im Sinne einer pädagogischen Überzeugung sein.“
Die psychische und finanzielle Belastbarkeit von vielen Eltern stehe an der Grenze des Möglichen. Deshalb sei ein normaler Schulbetrieb zwingend notwendig. Umso ernüchternder sei nun das Ergebnis der Debatten. „Das Kultusministerium hatte ein halbes Jahr Zeit, zu überlegen. Keine Firma könnte so mit ihren Mitarbeitern umgehen.“
Dass die vorübergehende Maskenpflicht nicht so schlimm ist, wie manche Eltern befürchten, weiß Dr. Claus-Christian Carbon, Leiter des Psychologie-Lehrstuhls an der Universität Bamberg. „Ängste können durch eine Vielzahl von Anlässen ausgelöst werden. Auch Masken können hier nicht ausgeschlossen werden“, räumt er an. Allerdings seien hierzu keine substanziellen Befunde bekannt. Masken seien auch im Alltag nicht besonders angenehm, so Carbon. Allerdings würden sie auch nicht als extrem einschränkend empfunden, wenn das Maskentragen situativ verlangt wird. Dennoch leide unter der Maske die Kommunikation, erklärt der Psychologe. Das ließe sich aber durch Gestik kompensieren. Auch das Sprechen über die eigenen Gefühle helfe den Kindern. „Die Einführung der Maskenpflicht erfolgt nur temporär und situativ, somit ist nicht damit zu rechnen, dass Sozial- und die Empathiekompetenzen nachhaltig beeinträchtigt werden.“ Durch das Tragen von Masken könnten die Bürger Positives bewirken: „Wir tragen Masken hauptsächlich, um unsere Mitmenschen, darunter Ältere oder Vorerkrankte, zu schützen.“ Dass jüngere Kinder schlechter mit der Maskenpflicht umgehen können, sei nicht zu erwarten.
Edgar Müller, Leiter des Schulamts Rosenheim zeigt sich zufrieden: „Die Entscheidung ist positiv zu werten.“ Aber: Für jüngere Klassen bedeute eine Maskenpflicht sicherlich eine größere Herausforderung. Die Pflicht ist für ihn das geringere Übel: „Lieber tragen unsere Schüler Masken, als dass wir sie aus dem Regelunterricht herausnehmen müssen.“ Diese Ansicht teilt auch Sigrid Rechenauer, Schulleiterin des Karolinen-Gymnasiums. An ihrer Schule habe man bisher positive Erfahrungen mit dem Tragen von Masken gemacht. Seit der Wiederöffnung im April hat sie sogar schulintern eine Maskenpflicht auf den Gängen und dem Pausenhof eingeführt. „Die Kinder und Eltern haben die Masken vollkommen problemlos angenommen und Verständnis gezeigt.“