Rosenheim – Weil sie Waren im Wert von 38,08 Euro in einem Rosenheimer Supermarkt gestohlen hatte, musste sich jetzt eine 46-jährige Frau in Rosenheim vor Gericht verantworten. Aufgrund zweier Vorstrafen bleibt der Drogenabhängigen eine Haft nicht erspart.
Die 46-jährige Einzelhandelskauffrau hatte alle Chancen, denn die Eltern betrieben in Niederbayern zwei Textilhäuser. Dort hat sie auch ihren Beruf erlernt. Mit 19 Jahren geriet sie jedoch in die falschen Kreise und begann eine „Drogenkarriere“. Angefangen mit Cannabis über Extacy und Kokain landete sie schließlich beim Heroin. Um aus der heimischen Drogenszene loszukommen, wechselte sie nach Oberbayern zur Alpenland-Klinik in eine Therapie. Allerdings wurde sie dort wieder rückfällig, was dazu führte, dass diese abgebrochen wurde und sie nun in einer Wohngemeinschaft der Diakonie unterkam. Weil es einige Zeit dauert und sie alleine nicht in der Lage ist, die notwendigen Anträge und Unterlagen für die sozialen Einrichtungen und Unterstützungen beizubringen, dauerte es bis in den Juni, bis sie die nötigste Hartz-IV-Unterstützung bekommen konnte.
So zahlte sie am 29. Mai 2020 in einem Lebensmittelmarkt im Zentrum Rosenheims nur einen Teil der Waren. Sie hatte Zigarettentabak und Fleisch unter dem Futter in ihrer Einkaufstasche verborgen. Warenwert 38,08 Euro.
An sich eine Angelegenheit für einen Strafbefehl mit Geldstrafe – aber – aus den Jahren 2018 und 2019 hatte sie zwei Vorstrafen wegen Diebstahls aus Niederbayern. Die damaligen Strafen von drei und vier Monaten Gefängnis waren zur Bewährung ausgesetzt worden.
Nicht die besten Voraussetzungen für einen nachsichtigen Richter oder gar einen gnädigen Staatsanwalt. Zwar attestierte der, dass nur ein relativ geringer Schaden entstanden sei. Jedoch sei die Voraussetzung für eine weitere Gewährung von Haftverschonung die Aussicht auf zukünftige Straffreiheit. Und diese sei bei einer Wiederholungstäterin in zweifach offener Bewährung wahrhaftig nicht zu sehen. Er beantragte fünf Monate Haft die nun vollzogen werden müssten.
„Bürgerliche Normalität“
Ihr Verteidiger Rechtsanwalt Raphael Botor verwies darauf dass, seine Mandantin nach 26 Jahren in Drogenabhängigkeit sich nun auf dem schwierigen Weg zurück in eine bürgerliche Normalität befände, nun drogenfrei sei und ein Strafvollzug sie in alte Strukturen zurückstoßen müsse. Er stelle keinen Antrag, hoffe aber auf eine nochmalige Bewährungschance.
Der Vorsitzende Richter am Amtsgericht Rosenheim Wolfgang Fiedler sah dazu jedoch keine Möglichkeit. Die doppelte offene Bewährung mache die Aussicht auf zukünftige Straffreiheit derzeit zu unwahrscheinlich, als dass eine solche nochmals möglich sei. Er verurteilte sie zu vier Monaten Haft ohne Bewährung. Theo Auer