„Schäme mich in Grund und Boden“

von Redaktion

35-Jähriger wegen Diebstahls und Angriffs auf Vollstreckungsbeamte verurteilt

Rosenheim – Das Amtsgericht Rosenheim verurteilte jetzt einen 35-jährigen aus Rosenheim wegen Diebstahl, Widerstand und tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte, vorsätzlicher Körperverletzung sowie fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurde angeordnet.

Filmriss nach
Drogen und Alkohol

„Ich schäme mich in Grund und Boden“, sagte der Angeklagte vor dem Rosenheimer Amtsgericht. Nach sieben oder acht „Benzos“ – Benzodiazepine sind verschreibungspflichtige Medikamente, die als Schlaf- oder Beruhigungsmittel eingesetzt werden – und einer Flaschen Wodka habe er einen Filmriss. Er könne sich seinen Ausraster nicht erklären, sagte der 35-Jährige, der derzeit eine Strafe in der JVA Bernau verbüßt.

Er hatte nur bruchstückhafte Erinnerungen, räumte aber die Tatvorwürfe umfassend ein. Laut Anklage hat der 35-Jährige am 7. März 2019 in einem Rosenheimer Warenhaus versucht, ein Herrenparfüm im Wert von knapp 90 Euro zu entwenden. Aufgrund seiner erheblichen Alkoholisierung stellte er sich dabei anscheinend ein wenig ungeschickt an, sodass der Ladendetektiv auf ihn aufmerksam wurde, noch ehe die Diebstahlsicherung angeschlagen hat. Nachdem der Angeklagte dann noch einen Warentisch abgeräumt hatte, war es dem Detektiv gelungen, ihn bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten.

Die Beamten hatten den Mann dann vorläufig festgenommen und nach Ausweispapieren durchsucht. Dagegen hatte sich der 35-Jährige heftig gewehrt und einen Beamten getreten. Auch auf der Polizeiwache wollte sich der Mann nicht beruhigen. Beim Verbringen in die Haftzelle trat er wiederholt um sich und bog einem Beamten einen Finger um.

In einer weiteren Anklage war der 35-Jährige mit dem Gesetz in Konflikt geraten, weil er am 7. September 2019 mit seinem Fahrzeug auf der Kreisstraße nach Raubling gefahren ist, obwohl er vorher nach eigenen Angaben einige Amphetamine, zwei bis drei Bier und einige Jägermeister konsumiert hatte. Infolge seiner Fahruntüchtigkeit kam er von der Fahrbahn ab, prallte gegen zwei Leitpfosten und zwei Begrenzungssteine und fuhr die Böschung hinunter. Dabei entstand ein Schaden von rund 1350 Euro. Er könne sich erst wieder erinnern, als er sich mit dem Auto überschlagen habe und im Bach gelandet sei. Eine Blutkontrolle ergab 2,18 Promille sowie Spuren von Cannabis und Amphetaminen.

Aus psychiatrischer Sicht war in beiden Anklagepunkten von einer verminderte Steuerungsfähigkeit auszugehen. Der Angeklagte sei emotional instabil und von mehreren Substanzen abhängig. Er habe einen unbezwingbaren Drang, Drogen aller Art zu konsumieren. Seine psychosoziale Leistungsfähigkeit sei von Suchtmitteln beeinträchtigt, betonte die medizinische Gutachterin. Der Angeklagte habe aus seinen bisherigen Strafen nicht gelernt und bereits mehrere Therapieversuche abgebrochen. Die Erfolgsaussichten für eine neuerliche Unterbringung in einer Entziehungsanstalt seien auf den ersten Blick nicht besonders aussichtsreich, aber bei seiner Begutachtung habe der Angeklagte eine große Motivation gezeigt, sein Leben auf die Reihe zu bekommen.

Die Anklagevertretung folgte den Ausführungen und beantragte unter Einbeziehung der offenen Reststrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten und eine Sperrfrist zur Wiedererteilung des Führerscheins von weiteren sechs Monaten. Der Angeklagte habe Schuldeinsicht und Reue gezeigt, aber er sei auch regelmäßig straffällig geworden und mehrfach vorgeahndet.

„Dem gibt es nicht viel entgegenzusetzen“, sagte Verteidiger Harald Baumgärtl. Sein Mandant sei zu verurteilen und das wisse der auch. Aufgrund der schweren Drogenabhängigkeit und der alkoholbedingten Enthemmung sei aufgrund der verminderten Steuerungsfähigkeit eine Strafrahmenverschiebung vorzunehmen und eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten ausreichend. Die Unterbringung in der Entziehungsanstalt sei wichtig, betonte Baumgärtl.

Richterin warnt
den Angeklagten

Richterin Simone Luger machte deutlich, dass der Angeklagte erheblich vorgeahndet sei und es deshalb eine Freiheitsstrafe von erheblicher Dauer brauche. Mit dem Strafmaß blieb sie knapp unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Unterbringung im Maßregelvollzug sei eine letzte Chance. Bei einer langjährigen Abhängigkeit sei es nicht einfach, sein Leben zu ändern, sagte die Richterin in der Urteilsbegründung. Aber Chancen gebe es nicht unendlich. „Wenn sie wieder rückfällig werden, sitzen sie ihre Strafe ab, und das war’s dann“.

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