Rosenheim – Eltern, die während des Lockdowns arbeiteten und ihre Kinder für vereinzelte Tage in die Notbetreuung schicken mussten, bekommen die Gebühren nicht erstattet. Diese Entscheidung ist jetzt in der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses gefallen. Nur die SPD und die Grünen stimmten dafür.
344 Euro für vier
Tage Notbetreuung
Veronika G. fühlt sich von der Stadt im Stich gelassen. Sie ist Mutter einer zweijährigen Tochter, hat im April die Notbetreuung ihrer Kinderkrippe für lediglich vier Tage in Anspruch genommen und musste den vollen April-Beitrag in Höhe von 344 Euro bezahlen. Denn: Nur die Eltern, deren Kinder keinen einzigen Tag des Monats in der Notbetreuung waren, bekommen die Gebühren erlassen. Für die junge Mutter eine Ungerechtigkeit.
Und auch in der Politik gehen die Meinungen über die Entscheidung der Staatsregierung auseinander. So forderte beispielsweise die Stadtratsfraktion der SPD Oberbürgermeister Andreas März (CSU) auf, den Familien, die in der Corona-Zeit nur vereinzelte Tage die Notbetreuung in Anspruch genommen haben, die anfallenden Kita-Gebühren zu erlassen. Ähnlich schätzen die Grünen und die ÖDP die Situation ein. Sie beantragten, dass die Eltern, die während des Corona-Lockdowns die angebotene Notbetreuung in den städtischen Kindertagesstätten nur anteilig in Anspruch genommen haben, auch nur für diese Tage bezahlen – und nicht, wie es im Moment der Fall ist, den vollen Beitrag. „Die Eltern waren während dieser Zeit die Stütze unserer Gesellschaft. Es kann nicht sein, dass sie jetzt im Regen stehen gelassen werden“, sagte Stadträtin Sonja Gintenreiter (Grüne). „Wir müssen diese Ungerechtigkeit beseitigen. Die Stadt hat hier die Möglichkeit, als gutes Beispiel voranzugehen“, fügte der Fraktionsvorsitzende der SPD, Abuzar Erdogan hinzu.
Ganz anderer Meinung war allerdings die Stadtverwaltung. Sie schlug vor, „aufgrund der schwierigen finanziellen Situation“ die Anträge abzulehnen. So seien die Gebühren in den vier städtischen Kindertageseinrichtungen in einer Satzung geregelt. Aufgrund dieser wurden die Gebühren komplett eingefordert, auch wenn nur tageweise betreut wurde, teilt die Stadt mit. Die Gebühren für die Notbetreuung in den städtischen Einrichtungen betragen für die Monate April, Mai und Juni insgesamt 35681 Euro.
Doch die Mehrheit der Rosenheimer Kinder wird in Tagesstätten von Freien Trägern, wie der Arbeiterwohlfahrt, der Nachbarschaftshilfe oder der Diakonie, betreut. Bei den Freien Trägern ist die Situation eine andere. Hier gebe es aufgrund der unterschiedlichen Gebührenstrukturen kein einheitliches Verfahren, welche Beiträge verlangt wurden. Das Sachgebiet Kinderbetreuung hat die Sache durchgerechnet. Wenn alle Rosenheimer Eltern für die Monate April, Mai und Juni komplett beitragsfrei gestellt werden, müssen 328000 Euro an die Träger zurückgezahlt werden. Eine Rückabwicklung wäre, so Oberbürgermeister März, mit einem „immensen Verwaltungsaufwand“ verbunden. Zudem müsse befürchtet werden, dass dann die Freien Träger ebenfalls ihren zusätzlichen Verwaltungsaufwand gegenüber der Stadt geltend machen würden. Hinzu komme, dass aufgrund der aktuellen Lage nicht absehbar sei, wie sich das Infektionsgeschehen weiterentwickeln wird. Schließungen der Einrichtungen seien auch weiterhin nicht auszuschließen und könnten auch in Zukunft zu Anträgen von Freien Trägern beziehungsweise Eltern auf städtische Zuschüsse führen.
300 Euro Corona-Kindergeld
März erinnerte an das Corona-Kindergeld von 300 Euro für jedes Kind. Er sagte außerdem, dass Eltern mit geringem Einkommen die Möglichkeit haben, die Kita-Gebühren vom Amt für Kinder, Jugendliche und Familien ganz oder teilweise übernehmen zulassen. Auch deshalb lehne er einen Gebührenerlass ab. Mit 6:4 schloss sich die Mehrheit des Gremiums seinen Ansichten an.