Das Heroin kommt mit der Post

von Redaktion

38-Jähriger wegen Drogenbesitzes zu einer Bewährungsstrafe verurteilt

Rosenheim – Dass das „Darknet“, in dem jeder vermeintlich unbemerkt Dinge online erwerben kann, längst kein Schutz vor der Entdeckung einer Straftat ist, musste ein gelernter Konditor im Juni 2020 feststellen. Der Mann aus dem Altlandkreis Wasserburg musste sich vor dem Amtsgericht Rosenheim wegen Drogenbesitzes verantworten und kam mit einer Bewährungsstrafe davon.

Ein Paketbote händigte dem 38-Jährigen das online bestellte Päckchen mit 40 Gramm Heroin und fünf Gramm reinstem Kokain aus. Allerdings wies sich der vermeintliche Paketbote umgehend als Kriminalbeamter aus, der den Angeklagten wegen Drogenbesitz festnahm und gemeinsam mit seinen Kollegen die Wohnung nach weiteren Drogen durchsuchte. Der Inhalt der Lieferung war vor dem Einsatz entfernt und gegen neutrales Material ausgetauscht worden.

Angeklagter
voll geständig

In der Verhandlung vor Gericht war der 38-Jährige zwar umfänglich geständig, behauptete aber, die Drogen zum Eigenkonsum erworben zu haben. Die Beamten des Rauschgift-Referates bei der Inspektion Rosenheim bestätigten, dass tatsächlich keinerlei Hinweise auf einen Drogenhandel festgestellt worden waren.

Der Angeklagte berichtete, dass er bereits als Kind zuckersüchtig gewesen sei. Naheliegend war deshalb auch sein erster Berufswunsch: Konditor. Wegen des überschaubaren Einkommens hatte der Angeklagte aber auch nach anderen Einnahmequellen gesucht. Immer wieder nahm er zudem weitere Ausbildungen auf, wegen der inzwischen entwickelten Abhängigkeit von Kokain und Heroin brach er sämtliche Versuche immer wieder ab.

Neben der Substitution mit Methadon habe er aber immer wieder auf harte Drogen zurückgegriffen, schilderte der Angeklagte.

Verwunderung rief die Tatsache hervor, dass der Angeklagte noch keinerlei Vorstrafen zu verzeichnen hatte. Der forensisch psychiatrische Gutachter Dr. Josef Eberl zeigte sich zudem erstaunt, dass während der Substitution keinerlei Kontrolle durchgeführt wurde, ob der Angeklagte daneben noch andere Drogen konsumierte. Tatsächlich aber sei bei dem Probanden ein echter Therapiewille zu erkennen. Immerhin habe er eine Therapie von sich aus schon beantragt. Eine Entzugstherapie von Dauer sei mit dem Angeklagten auch noch nie durchgeführt worden. Aus der Sicht des Gutachters sei dies dringend anzuraten. Ob eine Therapie zwingend in einem geschlossenen Maßregelvollzug zu absolvieren sei, mochte er nicht festschreiben.

In ihrem Schlussvortrag bestätigte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, dass dem Angeklagten kein Handeltreiben mit den Drogen nachzuweisen sei. Deshalb bleibe es beim verbotenen Besitz. Weil es aber nicht das Verdienst des Angeklagten gewesen sei, dass die Drogen ihn in zwei Fällen früherer Bestellungen gar nicht erreicht hatten, wollte sie ihm nicht den strafmildernden Umstand eines Versuches zubilligen. Da es sich um eine erhebliche Menge harter Drogen gehandelt habe, beantragte sie ihn zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft zu verurteilen. Dazu solle ihm das Gericht noch eine Therapie im geschlossenen Vollzug auferlegen.

Der Verteidiger, Rechtsanwalt Harald Baron von Koskull, verwies darauf, dass es sich um einen noch niemals vorbestraften Ersttäter handele, dessen erklärtes Ziel es sei, vor allem von den verhängnisvollen Drogen wegzukommen. Es könne hier durchaus bei einer Bewährungsstrafe bleiben, bei der man seinem Mandanten mit strengen Therapieauflagen helfen solle.

Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Christian Merkel folgte dem Antrag des Verteidigers. Eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren setzte es zur Bewährung aus. Allerdings unter der Bedingung, dass der Angeklagte zu einer Langzeittherapie antritt, seine Drogenfreiheit mit Tests nachweist und der Überwachung durch einen Bewährungshelfer unterstellt ist. Bei einem Rückfall in die Drogenabhängigkeit würde er also sofort die Haft antreten müssen. „Das sollte Motivation genug sein“, so Merkel.

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