Rosenheim/Himmelstadt – Rosemarie Schotte (80) ist eine resolute Frau. Eine, die es mag, den Überblick zu behalten, und die das auch schafft. Trotz einer durchschnittlichern Anzahl an 65000 Briefen, die sie jährlich in der Zeit vom 1. Dezember bis zum 23. Dezember beantwortet. Denn die 80-Jährige leitet die Weihnachtspostfiliale im unterfränkischen Himmelstadt, 23 Kilometer von Würzburg entfernt.
Zehntausende
Briefe jedes Jahr
Die Weihnachtspostfiliale gibt es seit 1986. Seit 1994 hält Rosemarie Schotte die Fäden in der Hand. Gemeinsam mit ihren Mitarbeitern kümmert sie sich auf 42 Quadratmetern in der Weihnachtspostfiliale um die Zehntausenden Briefe und Wunschzettel, die jedes Jahr eintreffen. Mal seien es wie heuer 65000, mal 80000 Stück. Diese werden zunächst gesichtet und sortiert. Da kann es schon einmal vorkommen, dass Rosemarie Schotte von neun Uhr morgens bis halb elf Uhr abends in der Filiale sitzt. Das hat unter anderem mit dem Anspruch zu tun, den sie an sich und ihre Mitarbeiter stellt: Jeder einzelne Brief wird gelesen und beantwortet. Zumindest diejenigen, die einen Absender aufweisen. „Das ist bei Hunderten leider nicht der Fall“, bedauert Rosemarie Schotte.
Sind Name und Adresse dabei, erhält der Schreiber einen vorgefertigten Standardbrief. Nach einer Einleitung folgt eine weihnachtliche Geschichte, die Rosemarie Schotte selbst auswählt – jedes Jahr sei es eine andere. Und das sei auch nötig, sagt die 80-Jährige. „Es gibt Kinder, die schreiben jedes Jahr und heben die Briefe auf. Sie merken es, wenn eine Geschichte zweimal vorkommt.“
Ganz oben auf den Brief wird mit Hand der Name des Schreibers eingetragen. Darauf legt Rosemarie Schotte Wert. Malt jemand besonders viel oder werden Fragen gestellt, gibt es ein paar zusätzliche Sätze.
Heuer hat sie sechs Mitarbeiter. In Jahren ohne Corona seien es zwischen 35 und 40 Helfer. „Wir arbeiten hier alle ehrenamtlich“, sagt sie. Ans Aufhören denke sie nicht, zumindest nicht aktuell. Sie mache das gerne und mit Herz, sagt sie. Die etlichen Dankesbriefe, die sie und ihre Mitarbeiter bekommen, seien der Lohn für die Arbeit.
Bis es Zeit zum Aufhören ist, übernimmt sie weiterhin das Beantworten der „Problembriefe“. Sie geben tiefe Einblicke in das, was Kinder bewegt. Da sei die Rede von Tod und Krankheiten, von Chemotherapie oder auch von Schwierigkeiten in der Schule. „Manchmal gibt es Briefe von Kindern, die sich nicht geliebt fühlen“, sagt Rosemarie Schotte. Das gehe ihr nach alle den Jahren immer noch nahe. Und auch die Sprachen, in denen die vielen Briefe beantwortet werden, sind gleich geblieben. Das sind unter anderem Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Sogar an Schreiber aus Russland und Kroatien habe man schon Antworten in der jeweiligen Sprache verschickt, berichtet Rosemarie Schotte. Doch auch Briefe aus dem Ausland kämen ab und zu in deutscher Sprache an. Vor allem Kinder aus Taiwan, Kasachstan und Belarus seien eifrig dabei.
Box bei Rosenheimer
Bürgerhaus E-Werk
Die fertigen Antwortbriefe kommen zu der 80-Jährigen nach Hause. Dort werden sie vorerst gelagert. „Das Haus ist immer bis oben hin voll“, sagt sie. Bis zum 23. Dezember sollen alle Briefe verschickt sein. Dann bekommen auch die Kinder aus Rosenheim eine Antwort. Hier hatte die gemeinnützige Organisation Startklar Soziale Arbeit Oberbayern am Bürgerhaus E-Werk in einer Box fertig adressierte Briefumschläge bereitgestellt. Laut Startklar-Mitarbeiterin Sandra Kaiser ein voller Erfolg: „Die Kinder waren im ersten Moment überrascht, fanden die Idee dann aber total toll und haben sich gefreut.“ Genau diese Freude ist für Rosemarie und ihre Helfer Antrieb, jedes Jahr wieder Zehntausende Briefe zu beantworten.