Digitalisierung im Alter

von Redaktion

Interview Inge Ilgenfritz (78) über Computer und das Projekt „Wohnen für Hilfe“

Rosenheim – Die Corona-Krise hat viele Menschen in die Isolation gedrängt. Besonders Senioren sind dazu angehalten, jeden Kontakt zu vermeiden. Das Internet hilft, doch es gibt weiterhin viele ältere Menschen, die sich nur schwer in der digitalen Welt zurechtfinden. Ein Gespräch mit Inge Ilgenfritz (78), Vorsitzende vom Verein „Pro Senioren Rosenheim“ über Digitalisierung, die Zukunft und warum die Pandemie auch die Pläne des Projekts „Wohnen für Hilfe“ durchkreuzt hat.

Frau Ilgenfritz, sind Sie digital unterwegs?

Ich habe meinen ersten Computerkurs 1986 gemacht und arbeite seitdem am Computer.

Wie sieht es in Ihrem Bekanntenkreis aus?

Ich kenne Leute, die mit fast 90 Jahren am Computer arbeiten. Aber natürlich gibt es auch 75-Jährige, die „computerphobisch“ sind.

Glauben Sie, dass Senioren bei der Digitalisierung abgehängt sind?

Das liegt an den Senioren, ob sie sich haben abhängen lassen. Ich kenne eine Dame, sie ist inzwischen 85 Jahre, die hat mit 70 angefangen, am Computer zu arbeiten. Unter anderem liegt es an den finanziellen Möglichkeiten, die Senioren haben. Senioren, die mit Hartz IV leben, werden sich schwertun mit der Digitalisierung. Oder Senioren, die körperliche Einschränkungen haben, zum Beispiel starke Fingerarthrose. Aber das gilt dann für Junge genauso.

Apropos Jüngere. Können die in irgendeiner Weise unterstützend wirken?

Es gibt immer wieder Schulprojekte, bei denen junge Leute den Älteren Computerwissen beibringen. Die Caritas fährt beispielsweise zurzeit ein Projekt, bei dem es um Digitalisierung geht.

Das Miteinander von Jung und Alt ist auch die Idee hinter dem Projekt „Wohnen für Hilfe“ (siehe Kasten). Wie ist da der Stand?

Durch die Corona-Krise müssen wir wieder ganz von vorne anfangen. Wir planen eine Veranstaltung, in der wir das Projekt vorstellen. Sie soll im Themenmonat des Dekanats Rosenheim „Altersgrenzenlos“ im Juni 2021 in Verbindung mit dem Projekt „Dein Haus 4.0“ der Technischen Hochschule Rosenheim stattfinden. Hier geht es um Digitalisierung von Wohnungen und Häusern, um Senioren zu ermöglichen, möglichst lange in den eigenen vier Wänden zu leben.

Trotz allem: Glauben Sie, es gibt Dinge, die man aus der Krise mitnehmen kann?

Die Krise hat uns gezeigt, wie wichtig das menschliche Miteinander ist, dass man Freundschaften pflegen muss und dass es Wichtigeres gibt als immer schneller und immer mehr. Interview: Anna Heise

Infos zum Projekt

Ziel des Projektes ist es, dass Senioren Studenten bei sich wohnen lassen. Dafür übernehmen die Studenten kleine Arbeiten in Haus und Garten. Im besten Fall ist „Wohnen für Hilfe“ ein Gewinn für beide Parteien. Die Senioren müssen keine teuren Hilfsdienste anheuern und vereinsamen nicht. Die Studenten wohnen kostenlos oder zumindest für eine günstigere Monatsmiete vergleichsweise komfortabel in familiärer Atmosphäre. Das Projekt gibt es mittlerweile in 25 Städten. In Rosenheim arbeitet der Verein „Pro Senioren“ mit seiner Projektgruppe „Neue Wohnformen“ sowie mit der Technischen Hochschule an der Umsetzung. Stadträtin Christine Degenhart leitet das Projekt gemeinsam mit Paul Rothenfußer, Vorsitzender und Geschäftsführer der Jacob- und-Marie-Rothenfußer-Gedächtnisstiftung. Interessierte können sich an Pro Senioren unter Telefon 08031/3651636 wenden.

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