Rosenheim – Seit vergangener Woche sind auch am Ignaz-Günther-Gymnasium (IGG) die Abiturienten wieder zurück an der Schule, allerdings nur eine Hälfte. Abwechselnd kommen beide Gruppen der Abschlussklassen zurück in den Präsenzunterricht. Für die Lehrkräfte eine neue Herausforderung: Sie müssen gleichzeitig die anwesenden Schüler im Klassenzimmer und diejenigen, die zu Hause sind, unterrichten. Am IGG ist man froh, dass man im vergangenen Jahr – gerade noch rechtzeitig vor Corona – alle Klassenzimmer mit WLAN ausgestattet hat. Auf diese Weise können die Lehrer mit den Schülern zu Hause auch vom Klassenzimmer aus online in Kontakt treten.
Kein echter Ersatz für Präsenzunterricht
Alle anderen Klassen bleiben bis Mitte Februar komplett zu Hause, vielleicht auch länger; Homeschooling also. Sehr anstrengend und kein echter Ersatz für den Präsenzunterricht, darin sind sich Lehrer und Schüler des Gymnasiums einig. Aber: Not macht auch erfinderisch; noch nie sind wohl so viele neue Methoden im Unterricht probiert worden, noch nie haben Lehrkräfte und Schüler so viel mit digitalen Medien gearbeitet wie in den vergangenen Monaten.
Dieter Friedel, Schulleiter des Gymnasiums, konnte dadurch seinen Lehrkräften ein „dickes Lob“ des Elternbeirats für ihr Engagement während des Lockdowns übermitteln. Bei allen Schwierigkeiten, die es natürlich gebe, werde doch sehr geschätzt, wie viel Mühe die Lehrkräfte für ihre Schüler investierten und welche Kreativität sie dabei entfalteten.
Erklärvideo zum Scherbengericht
Im Fach Geschichte beispielsweise sahen Sechstklässler ihre Geschichtslehrerin in einem Erklärvideo, das sie aufgenommen und den Schülern geschickt hatte: Die Pädagogin stand mit einem Blumentopf aus Ton vor ihrer Garage: „Heute erkläre ich euch, wie in der antiken Demokratie das Scherbengericht funktioniert hat!“, sagte sie und zerdepperte dazu erst mal ihren Blumentopf.
Via Google Earth begab sich eine Englischklasse auf eine virtuelle Reise durch die Rocky Mountains und verfasste darüber anschließend einen Reisebericht, auf Englisch, versteht sich.
Das Thema Seismologie war Grundlage für eine digitale Pinnwand. Jeder Schüler der entsprechenden Klasse konnte von zu Hause auf die Pinnwand zugreifen und Bilder, Texte, Audios oder Videos hochladen, genauso aber die Posts der Mitschüler kommentieren. Die Schüler erklärten sich hierdurch gegenseitig, wann es die jüngsten großen Erdbeben gegeben hatte, wie man sie vorhersagen kann und wie man zum Beispiel in Japan mit diesem Phänomen umgeht.
Symmetrie mit
der Bastelschere
Für das Fach Mathematik bekamen die Schüler von ihrer Lehrerin eine Art Bastelanleitung. Es ging um Achsensymmetrie. In der Praxis bedeutete dies: Schneeflocken basteln wie einst im Kindergarten. Bevor die Schüler jedoch die Schere ans Papier setzten, galt es, mit Geodreieck, Lineal und spitzem Bleistift ein entsprechendes Muster aufzuzeichnen. Für Fragen war die Lehrerin jederzeit über Chat oder auf dem Handy erreichbar. Und jeden Donnerstag trifft sich die ganze Klasse mittels Videokonferenz.
In Deutsch sollte eine Klasse Aufsätze über große Entdecker schreiben. Als Anregung sammelten die Schüler während der Onlinestunde erst mal in einer interaktiven Word-Cloud Adjektive und Substantive, mit denen der Seefahrer Magellan zu charakterisieren war. Je öfter ein Wort eingegeben wurde, desto größer erschien es.
Nach draußen ging es im Fach Sport: Dort lag ja bis vor Kurzem noch Schnee. Also: Bälle formen und mit ihnen jonglieren. Die Rückmeldung des Lehrers, der die Ergebnisse dann per Video oder Fotos übermittelt bekam: „Ihr seid spitze!“
Hat der Philosoph recht oder nicht?
Im Lateinunterricht einer achten Klasse arbeiteten die Schüler zu Hause auf ihren Tablets: Auf einer Lernplattform erschien ein Philosoph. Auf Latein zog er über alle Lehrer her: Sie seien dumm und brächten den Kindern nur lästiges, nutzloses Zeug bei.
Die Schüler mussten zunächst versuchen, die lateinische Sprechblase zu verstehen, um an der Abstimmung teilnehmen zu können: Hat der Philosoph recht oder nicht? Die Klasse war sich am Schluss einig: Er hat eben nicht recht! Eine der Gründe seitens der Schüler: „Weil wir so viele unterschiedliche Lernmethoden und viele engagierte Lehrer haben und viele nützliche Sachen unterrichtet bekommen, dass wir jeden Tag ein bisschen schlauer werden.“