Leserforum

Unangenehme Wahrheiten

von Redaktion

Zum Bericht „Mode-Industrie klagt gegen Dauer-Lockdown“, erschienen im Lokalteil:

Natürlich muss man Verständnis für die zum Teil existenzielle Not der Einzelhändler haben. Soweit möglich, sollte der Staat hier helfen. Allerdings sollte das Verständnis nicht dazu führen, dass wir unangenehme Wahrheiten ignorieren. Erstens: Ohne die Maßnahmen wären nicht 70000, sondern wohl ein Vielfaches an Todesopfern zu beklagen gewesen. Zweitens: Es macht keinen Sinn, jede einzelne Maßnahme scheinbar logisch zu zerpflücken. Das übergeordnete Ziel zählt, und das heißt Einschränkungen von Mobilität und Kontakten. Drittens: Die sogenannten Hygiene-Konzepte des Handels verhindern Infektionen nicht, sondern erschweren sie höchstens und haben gegenüber der ersten Welle nachgelassen. Viertens: Da verständlicherweise jede Branche auf die eigene Ungefährlichkeit verweist, muss der Staat entscheiden. Fünftens: Da wir Menschen sind und uns psychologisch an Angstzustände gewöhnen, werden wir zunehmend unempfindlicher gegenüber dem Leid der Kranken und Sterbenden und nehmen dies in Kauf, um Shoppen zu gehen. Sechstens: Wir Deutsche sollten uns nicht einbilden, disziplinierter oder gar solidarischer zu sein als andere Länder. Ohne staatlichen Druck schaut jeder primär auf sich.

Frank Woltmann

Rosenheim

Artikel 8 von 11