moore schilder re
Wer Schilder wie dieses in unseren Moorgebieten ernst nimmt, betreibt ohne Aufwand aktiven Naturschutz.Foto Koch
Rosenheim – Katharina Schlegl-Kofler liebt die Natur mit allem, was darin kreucht, fleucht und fliegt. Gerade deshalb befindet sie sich derzeit in einem Zwiespalt. Einerseits kann sie nur zu gut verstehen, dass man jetzt, bei den ersten richtig wärmenden Sonnenstrahlen nur eines möchte: Raus aus dem Haus und raus aus der Stadt. Noch dazu nach einem Winter im Lockdown, der alles noch enger und trüber machte.
Fast keine
Rückzugsgebiete
Andererseits sieht sie sich als Anwältin der Lebewesen, die durch den „Besucherandrang“ massiv gestört werden. Katharina Schlegl-Kofler engagiert sich nämlich im Landesbund für Vogelschutz und dort vor allem für die sogenannten Boden- oder Wiesenbrüter, hier ist sie eine der ehrenamtlichen Beraterinnen des Landkreises. Zu diesen Bodenbrütern gehören zum Beispiel der Kiebietz, das Braunkehlchen oder der Flussregenpfeifer. Alles stark bedrohte Arten, die sich zur Aufzucht ihrer Jungen zusehends in die Moorgebiete der Region zurückziehen: Das sind die einzigen tauglichen Areale, die ihnen noch bleiben, denn sonstige natürlich feuchte Gebiete, etwa Geländesenken, in denen sich Niederschlagswasser länger hält und in denen dann Futter zu finden ist, gibt es kaum noch.
Das Problem dabei: diese Moorgebiete, wie zum Beispiel die Sterntaler Filze, die Moorflächen um Nicklheim, das Auer Weidmoos oder der Verlauf der Kalten sind auch beliebte stadtnahe Ausflugsziele. Würden sich die Besucher dabei an die markierten Wege halten, wäre alles in Ordnung, denn die sind so angelegt, dass die Vögel nicht gestört werden. In und durch die Moore aber führen immer wieder auch Trampelpfade, die dazu verleiten, ihnen zu folgen. Genau dabei aber entsteht der Konflikt: Vögel, die bei der Suche nach dem optimalen Brutplatz immer wieder aufgescheucht werden, kommen nicht oder verspätet zum Brüten.
Katharina Schlegl-Kofler versucht es deshalb immer wieder mit Aufklärung, durchaus auch mit Erfolg. „Die meisten Wanderer wissen nämlich gar nicht, dass sie Vögel, aber auch andere Tiere massiv stören“ sagt sie, „zumal sie selbst nicht unbedingt welche sehen müssen. Die Tiere aber haben die Menschen längst wahrgenommen und flüchten“. Viele entgegneten auch in aller Unschuld, dass sie hier ja nur einmal kurz durchgingen und würden dabei vergessen, dass sie ja Teil einer Menge sind: Verlässt an einem schönen Tag aber nur ein Dutzend „einmal kurz den Weg“, dann kommt auch das in der Summe einer Invasion gleich.
Diskussionen mit
„Wildwanderern“
Katharina Schlegl-Kofler kann dann auch erläutern, wohin solche Störung führt: Dass sich zum Beispiel Kiebitze in der Region bereits Ackerflächen als Brutplätze ausgesucht haben. Wenn sie dabei Glück hatten, taten sie es auf der Fläche eines verständnisvollen Landwirtes, der bei der Bewirtschaftung die Brutflächen ausspart. Teilweise geht deren Unterstützung sogar soweit, dass sie die Flächen, wenn sie im Fortgang des Jahres ihre gespeicherte Feuchtigkeit verlieren, zusätzlich bewässern. Möglich wird das, wie Schregl-Kofler erklärt, weil die Vögel Mensch und Hund als Feinde abgespeichert haben, Traktoren in ihrem genetischen „Furchtarsenal“ aber nicht enthalten sind. Dennoch: der Aufwand für solche „Aufzuchthilfe“ der bedrohten Art ist groß und eigentlich unnötig, wenn er am Anfang der Ursachenkette durch ein bisschen mehr Rücksicht ersetzt worden wäre.
Genau hier aber ist der eigentliche Problempunkt angesprochen, denn immer wieder stoßen Katharina Schregl-Kofler und ihre ehrenamtlichen Kollegen wie der Naturschutzwächter Gerhard van Eyken oder der Kiebitzbetreuer Franz Mühlbauer rundum auf Ablehnung: „Das sind dann Zeitgenossen, die ihre eigenen Bedürfnisse über alles stellen“ meint Schregl-Kofler. Beispielhaft sei hier die Diskussion mit einem „Wildwanderer“ gewesen, dem sie die Hintergründe erklären wollte, der aber entgegnet habe: Das ist ihre Meinung, ich habe eine andere“. Dabei sagt sie, stünden ja genügend Hinweistafeln herum, die auch auf das Naturschutzgesetz verweisen. Es sei aber offenbar so, dass das Naturschutzgesetz nicht wirklich ernst genommen werde, „ein Parkverbotsschild wird akzeptiert“, meint die Vogelschützerin, „ein Schild, das darauf hinweist, dass der Weg hier nicht verlassen werden darf, dagegen oft ignoriert“.
Rücksicht auf
andere Lebewesen
Die Tatsache, dass die Rosenheimer Stammbeckenmoorlandschaft schon seit Jahrzehnten unter Schutz steht, dass sie im Rahmen von EU-Programmen mühsam wieder in einen ursprungsnahen Zustand zurückgeführt wird, dass sie kürzlich sogar als „Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung“ ausgewiesen wurde, ist im Grunde also nur der Rahmen: Ausgefüllt werden muss dieser von jedem Einzelnen. Viel ist dabei aber gar nicht verlangt, nur ein kleines bisschen Rücksichtnahme und Verständnis für die anderen Lebewesen.