Rosenheim/Kufstein – Hat ein Unternehmensberater (60) aus Kufstein eine Physiotherapeutin aus Rosenheim mit falschen Zinsversprechen um ihre Rücklagen gebracht? Diese Frage sollte vor dem Rosenheimer Amtsgericht geklärt werden. Eine Antwort auf die Frage konnte das Gericht aber noch nicht geben. Weil noch weitere Zeugenaussagen und Informationen seitens verschiedener Banken benötigt werden, wurde das Verfahren zunächst ausgesetzt.
Praxis des
Vaters übernommen
Als 2007 die Physiotherapeutin die Praxis ihres Vaters übernahm, galt es eine Vielzahl an Versicherungen und Anlagen umzuschreiben und neu zu organisieren. Dabei hatte ihr der Angeklagte – so berichtete sie – als Versicherungsmakler geholfen, die Unterlagen zu ordnen und neu zu strukturieren. Regelmäßig stand er ihr zu ihrer Zufriedenheit zur Seite, sodass nach ihren Angaben ein echtes Vertrauensverhältnis entstanden war.
Als sie im Jahre 2012 überlegte, wie sie eine finanzielle Reserve günstig anlegen könnte, schlug ihr der gebürtige Innsbrucker vor, eine informelle Darlehensform zu nutzen, bei der sie mit Zinsen zwischen 3,5 und 7,5 Prozent rechnen könne. Ein Zinssatz, der nach Angaben des Angeklagten mit normalen Anlageformen nicht zu erwirtschaften wären. Es handle sich dabei um Terminanlagen, die er für sie organisieren würde.
So überwies sie ihm bis 2018 in verschiedenen Tranchen etwa 35000 Euro, ohne je eine Quittung, einen Darlehensvertrag oder Ähnliches gesehen, geschweige denn erhalten habe. Erst nachdem sie im Jahre 2018 energisch insistierte, händigte er ihr eine formlose Liste über die erhaltenen Gelder samt angefallener Zinsen aus. Als sie ihm dann schriftlich eine Kündigung der Gelder zukommen ließ, war er plötzlich nicht mehr zu erreichen oder hatte verschiedene dubiose Ausreden parat. Jedenfalls hat sie nach eigenen Angaben bis heute nicht einen Cent von ihren Geldern gesehen.
So warf ihm die Staatsanwaltschaft mehrfachen Betrug in einer Gesamthöhe von 31400 Euro vor. Der Angeklagte, der inzwischen in Kufstein seinen Wohnsitz hat, äußerte sich zu den Vorwürfen nicht. Fest steht, dass zivilrechtlich ein Vollstreckungsbescheid über 10000 Euro ergangen und ein weiteres Mahn- und Vollstreckungsverfahren anhängig ist.
Der ermittelnde Kriminalbeamte aus Kiefersfelden berichtete, dass die geschäftlichen Aktivitäten des Angeklagten aus einem undurchschaubaren Geflecht von Schein- und Briefkastenfirmen bestünden. Auch die österreichische Polizei, die um Amtshilfe gebeten wurde, vermochte weder einen korrekten Firmensitz festzustellen noch eine gewerbliche Anmeldung.
Problematisch wurde die korrekte Benennung der effektiven Schadenshöhe, weil die Betrogene zunächst die Zahlungsaufstellung die ihr der Angeklagte zukommen hatte lassen, als korrekt benannte. Während der Gerichtsverhandlung stellte sich jedoch heraus, dass sie laut ihren Kontoauszügen – entgegen dieser ominösen Aufstellung – teils höhere Summen, teil zu anderen Terminen die Darlehensbeträge überwiesen hatte.
Verteidiger fordert Einstellung
Der Verteidiger, Rechtsanwalt Peter Dürr, erklärte, weil ein konkreter Schaden nicht festzustellen sei, könne man, mit der Auflage den Schaden wieder gut zu machen, das Verfahren gegen seinen Mandanten strafrechtlich ohne Weiteres einstellen. Dagegen verwahrte sich die Staatsanwältin. Auch die vorsitzende Richterin des Schöffengerichtes, Melanie Bartschat, sagte: „Ohne dass ich einem Urteil vorweg greifen möchte“ dass hier ein Freispruch in Frage käme. „Die tatsächlichen Geldflüsse müssen zunächst zweifelsfrei festgestellt werden.“ So erging der Beschluss, dass das Verfahren auszusetzen ist. Bis zur Wiederaufnahme werden belegbare Informationen der verschiedenen Banken und weitere Zeugenaussagen eingeholt.