Rosenheim – In der Rosenheimer Leitzachstraße plant das Ärztenetz Rosenheim (Änro) ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Drei Ärzte sollen in den ehemaligen Räumen der Praxis des Mediziners Dr. Gerd Wichert einziehen, der unerwartet im Herbst vergangenen Jahres verstarb. Zum April will der Zusammenschluss den Betrieb aufnehmen.
Mit Beginn des Jahres hat der Rosenheimer Orthopäde Dr. Gregor Droscha die Geschäftsführung des Änro übernommen. Er beschreibt das neue Ärztezentrum als „revolutionär“. Vor allem deswegen, weil die Übernahme der Praxis von Gerd Wichert verhindere, dass sich private Investoren, dort einkauften, die sich vornehmlich an Gewinnmargen und weniger am medizinischen Ethos orientierten. Droscha spricht in diesem Zusammenhang von „Heuschrecken“, also von Geldgebern, die ohne Rücksicht auf andere Belange maximalen Profit aus ihren Anlagen schlagen wollen. Ein Phänomen, das bei Krankenhäusern gemeinhin bekannt ist, bei einzelnen Praxen jedoch wohl eher Seltensheitswert hat, wie der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbands Rosenheim, Dr.Fritz Ihler, auf Anfrage findet.
Keine „klassische
Gemeinschaftspraxis“
Die Räume beziehen die Allgemeinmediziner Wolgang Hefele, Ulrike Schormair und Margarethe Heibler. Dies jedoch in unterschiedlicher Besetzung, wie die Sprecherin des Änro, Martina Visser, berichtet. Allein die Ärztin und Notfallmedizinerin Heibler fülle als Jüngste des Trios eine ganze Stelle und sei während der ganzen Woche im MVZ anzutreffen. Ihre Kollegen arbeiten in Teilzeit.
Dabei ist ein medizinisches Versorgungszentrum nicht mit einem Ärztehaus zu verwechseln, bei dem mehrere Fachrichtungen unter einem Dach zusammenkommen. Vielmehr handle es sich um eine Form der „Gemeinschaftspraxis“, wie Ihler schildert.
Das MVZ diene als Träger der Praxis, die Ärzte selbst seien im Gegensatz zur „klassischen Gemeinschaftspraxis“ beim Versorgungszentrum angestellt. Der Vorteil dieser Form: Man sei gerade im ambulanten Bereich mit dem Einsatz angestellter Mediziner flexibler als mit niedergelassenen Kollegen.
Vorteile verspricht sich das Rosenheimer Ärztenetz zudem davon, dass sich zwei der drei Doktores im künftigen Versorgungszentrum speziellen Feldern widmeten – jenseits ihrer Fachrichtungen. Während sich Margarethe Heibler mit Notfallmedizin beschäftigt, kümmert sich Ulrike Schormair schon geraume Zeit um die ambulante Versorgung von Palliativpatienten im Landkreis Rosenheim.
Hinzu komme das Ziel des Netzwerks, Wissen seiner Mitglieder zusammenzuführen. Über eine digitale Plattform teilten diese ihre Erkenntnisse mit Kollegen. Auch damit wirbt das Änro derzeit um neue Teilnehmer.
Denn: „Wir brauchen mehr Ärzte, vor allem Hausärzte“, berichtet Martina Visser. Doch auch Mediziner bestimmter Fachrichtungen fehlten noch im Bestand des Netzwerks, darunter Kinderärzte und Gynäkologen. In Verhandlung stehe man bereits mit der Rosenheimer Romed-Klinik.
Für die Mitgliedschaft im Änro müssen die Teilnehmer eine Einlage über 5000Euro leisten, um dessen Dienstleistungen in Anspruch nehmen zu können.
Doch: Das Rosenheimer Ärztenetz habe sich bewährt, findet der Allgemeinmediziner Fritz Ihler, der ebenso an dieses angeschlossen ist. Zum einen ermögliche das Änro seinen Mitgliedern einen einfachen Austausch ihrer Patientendaten. Damit will man Doppeluntersuchungen und schlussendlich Behandlungskosten reduzieren. Das komme auch den Krankenkassen zugute, wie das Ärztenetz für sich wirbt.
Sonderleistungen
für Patienten
Ebenso profitierten die Versicherer von statistischen Erhebungen aus dem Datenpool des Netzwerks. Patienten der Mitgliedsärzte wiederum kämen in den Genuss von Sonderleistungen, darunter einer Medikationsberatung und Tests in Sachen Sport- und Fitnesstauglichkeit. Auch der Spitzenverband „Bund der Krankenkassen“ (GKV) findet die Organisation eines solchen Ärzteverbunds grundlegend gut: „Dies kann sicherlich positive Effekte auf die Versorgung der Versicherten in der Region haben“, sagt die GKV auf Anfrage.