Rosenheim – „Die Pandemie? Die war für uns kein Hindernis, sondern eher ein Ansporn“, sagt Felix Rath (15). Zusammen mit Philip Irmak (14) und Maxi Grill (16) nimmt er am diesjährigen Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten teil, in dem es rund um das Thema Sport und Gesellschaft geht. Die drei Schüler des Sebastian-Finsterwalder-Gymnasiums begaben sich Anfang Oktober 2020 auf Spurensuche und forschten bis zum Einreichschluss am 28. Februar 2021 zu der Frage: „Macht Fahrradfahren Gesellschaft?“
Eine Sportart, mit der
jeder etwas verbindet
Ihre Ergebnisse haben die Schüler als Wegpunkte mit Begleittext auf einem interaktiven Stadtplan festgehalten und dafür eigens eine Website gestaltet. Bemerkenswert ist nicht nur das Produkt, das die Schüler abgeliefert haben. Es ist die souveräne Art, mit der die drei Buben sagen: „Natürlich nutzen wir diese Chance!“, die positiv überrascht. Maxi, Felix und Philip haben gezeigt, dass Schule in der Pandemiezeit funktionieren kann, meint ihre Lehrerin und Mitstreiterin Martina Pöllinger. Sie unterrichtet Deutsch, Geschichte und Sozialkunde am Sebastian-Finsterwalder-Gymnasium.
Der Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten richtet sich an Kinder und Jugendliche – vom Grundschulalter bis 21 Jahren – und ist der größte historische Forschungswettbewerb seiner Art in Deutschland. „Bewegte Zeiten. Sport macht Gesellschaft“ heißt das diesjährige Thema, mit dem sich junge Forscher auseinandersetzen sollen. „Wir wollten uns mit einer Sportart beschäftigen, mit der jeder etwas verbindet“, erzählt Maxi Grill über den anfänglichen Themenfindungsprozess. Ein weiteres Auswahlkriterium sei die Quellenlage gewesen. Und das Rosenheimer Stadtarchiv habe zum Thema „Velociped“ einiges zu bieten. Leiter Christopher Kast zeigt sich beeindruckt. Besonders erwähnenswert findet er den Weitblick, den die Buben mit ihrem Beitrag zum Rosenheimer Fahrradparkhaus bewiesen hätten: „Den Schülern ist es damit gelungen auch aktuelle Debatten, wie das Fahrrad als klimaneutrale Alternative oder dessen Boom im Zuge der Corona-Pandemie, mit einzubeziehen.“
Für Maxi, Felix und Philip heißt es jetzt erst einmal warten. Denn zunächst werden die besten Arbeiten auf Landesebene ausgezeichnet. Die 250 erfolgreichsten Teilnehmer haben dann im Sommer die Chance auch auf Bundesebene zu gewinnen. Der Ausblick auf Preisgelder sei aber nie die Motivationsgrundlage gewesen, erzählt Pöllinger. Das Interesse am Forschen habe von Anfang an im Vordergrund gestanden und sei auch der Motor für die teils mühsame Archivarbeit gewesen. „Ich habe plötzlich ein Bewusstsein dafür bekommen, wo ich lebe“, erzählt Maxi Grill. Durch das Eintauchen in längst vergangene Zeiten habe er ein Verständnis für Dinge entwickelt, die heute selbstverständlich scheinen. Unter anderem beschäftigten die Schüler sich mit Rosa Gillitzer, die 1899 den vermutlich ersten gemischt- geschlechtlichen Radelclub Bayerns gegründet hat – und damit eine Pionierin in Sachen Gleichstellung war.
Im Hotel „Deutscher Kaiser“ im Gillitzerblock seien damals die Vereinstreffen abgehalten worden. Auch die Erkenntnis, dass „Narrative immer wieder kehren“, so formuliert es Pöllinger, hätten die Schüler durch ihre intensiven Studien gewonnen. Zum Beispiel ähnle die heutige Debatte um E-Roller in München der Diskussion, die Anfang des 20. Jahrhunderts zur Verkehrssicherheit von Fahrrädern geführt wurde. Die Rosenheimer hätten damals mit dem noch relativ neuen Fortbewegungsmittel so viele Unfälle gebaut, dass die Stadtverwaltung „Velociped- Fahrkarten“, also einen Fahrradführerschein, eingeführt habe.
Präsentation
per Website
„Alles ist in Bewegung,
alles hat eine bestimmte Vergangenheit und eine
ungewisse Zukunft“, das schreibt der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Botschaft zum diesjährigen Geschichtswettbewerb. Und weil es immer weiter geht, wollen die Jungs nicht stehen bleiben: „Wir wollen uns mit unserer Arbeit nicht auf den Wettbewerb begrenzen“, erklärt Felix Rath. Deshalb haben sie sich für die Präsentation ihres Projekts per Website entschieden. Auf diese Weise können die drei Schüler auch in Zukunft neue Stationen zur Geschichte des Radfahrens auf der Karte ergänzen und mit den Rosenheimern in einen Austausch treten.