Rosenheim – Für Geschäfte in Bayern gelten seit gestern einheitliche Corona-Maßstäbe. Damit entfallen die Sonderregelungen für Bau- und Gartenmärkte, Blumenläden, Schuhgeschäfte und Buchhandlungen. Die Alternative bei einer Inzidenz zwischen 100 und 200: Termin-Shopping-Angebote – aber nur mit negativem Corona-Test. Der Frust darüber ist groß. Aber nicht bei allen.
Die Freude währte nur kurz: Gerade einmal eine Woche ist es her, seit Karl-Georg Reindl sein Schuhgeschäft am Ludwigsplatz in Rosenheim wieder öffnen durfte. Der Grund war, wie berichtet, ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Doch seit Montag sind die Türen wieder geschlossen. Schuhe kaufen darf nur, wer einen tagesaktuellen negativen Corona-Test nachweisen kann und vorher einen Termin vereinbart hat. Das hatte Ministerpräsident Markus Söder in der vergangenen Woche bekannt gegeben.
Kein Extra-Test
für den Socken-Kauf
Es ist eine Entscheidung, für die Karl-Georg Reindl so gar kein Verständnis hat. „Das ist nicht nur ein Schritt zurück, das sind viele massive Schritte zurück“, sagt er. Eben auch, weil es in der vergangenen Woche so gut gelaufen sei. „Die Kunden hatten zum Teil glänzende Augen, weil sie sich so gefreut haben“, sagt der Geschäftsmann. Jeder habe sich an die Regeln gehalten und „aufeinander achtgegeben“. Umso unverständlicher sei es, dass „jetzt wieder alles vorbei ist“.
Denn seine Erwartungen an das Termin-Shopping mit einem negativen Corona-Test sind gering. „Viele werden sich nicht extra testen lassen, um ein paar Socken zu kaufen“, sagt Reindl. So hätten am Montag gerade einmal zwei Kunden um einen Termin im Schuhgeschäft gebeten. Nach dem erfolgreichen Anlauf in der vergangenen Woche eine große Ernüchterung.
Ernüchterung herrscht auch in der Buchhandlung Beer. „Für uns ist das ein totaler Schock und bedeutet Chaos pur“, sagt die langjährige Verkäuferin Tina Schmidt. Wochenlang habe das Konzept funktioniert, dass Buchhandlungen unabhängig vom Inzidenzwert geöffnet haben dürfen. Verständnis für die Neuregelung habe sie nicht. „Bei uns hat sich kein Kunde angesteckt“, ist sich Tina Schmidt sicher. Was sie vor allem ärgere, sei die Tatsache, dass es kein wirkliches Konzept gebe. Sie wisse nicht, ob die Regeln auch für Geimpfte gelten, sei sich unsicher, ob die Kunden zum Bezahlen ins Geschäft kommen dürften oder auch dafür schon einen negativen Corona-Test bräuchten.
Hinzu komme, dass viele Rosenheimer von den neuen Regelungen nichts gewusst hätten. So hätten am Montagmorgen drei Leute vor ihrem Geschäft gestanden, die ein Buch kaufen wollten. Einen negativen Corona-Test hatte niemand dabei. Also hat Schmidt alle wieder nach Hause schicken müssen.
Von einem ähnlichen Start in die Woche berichtet Christian Prentl von der gleichnamigen Gärtnerei. Nur seien es bei ihm nicht drei, sondern gleich 15 Kunden gewesen, von denen nur einer einen negativen Test dabei hatte. „Wenn ich die Leute dann wieder wegschicke, bin ich der Böse und nicht die Regierenden“, sagt er. Die Stimmung seit der Bekanntgabe der neuen Regeln sei katastrophal. Denn für Gärtnereien seien April und Mai die Monate, in denen 40 Prozent des Jahresumsatzes gemacht werden. „Wenn wir da kein Geschäft machen, wird es für uns existenzbedrohend.“
Euphorie bei
den Modehändlern
Etwas euphorischer ist Paul Adlmaier, Vorsitzender des City-Managements. Er freue sich darüber, sein Geschäft nach vier Monaten endlich wieder öffnen zu können. Auch wenn der notwendige Corona-Test im Moment noch viele Kunden abschrecken würde. „Bis jetzt hat es bei mir zwischen 15 und 20 Buchungen gegeben“, sagt Adlmaier. Die Hoffnung bleibt, dass die Anfragen zunehmen. Zumal Adlmaier weiß, wie man das Angebot schmackhaft machen kann. „Sonst hat man nie die Möglichkeit zum Privat-Shopping“, schwärmt er. Man könne beispielsweise auch zu zweit durch die Stadt schlendern und sich von Kopf bis Fuß einkleiden lassen.
Ob sich die Rosenheimer darauf einlassen, wird sich zeigen. Der fade Beigeschmack für Schuhhändler, Buchverkäufer, Gärtnereien und Baumärkte in der Region aber bleibt.