Rosenheim – Der Bayerische Landessportverband vermeldet einen Rückgang von rund 100000 Mitgliedern durch die Corona-Pandemie bei seinen Mitgliedsvereinen. Insbesondere bei den Kindern und Jugendlichen sei dieser Verlust mit fünf beziehungsweise 3,7 Prozent besorgniserregend. Bei den Sportgemeinschaften in Rosenheim fällt dieses Bild gemischt aus.
„Es wirkt sich nicht gravierend aus, aber es wirkt sich aus“, berichtet der Vorsitzende des TSV Rosenheim, Herbert Borrmann. Im vergangenen Jahr habe die Gemeinschaft zwischen sieben und acht Prozent seiner Mitglieder verloren. Das hört sich zunächst verheerend an, doch per Saldo muss der TSV nicht in Panik verfallen, wie auch Borrmann bestätigt. Die Jahre zuvor habe die Zahl der Mitglieder im Schnitt um zehn Prozent zugenommen.
Je höher der Beitrag, desto schwieriger
Dabei gestaltet sich die Situation in den verschiedenen Abteilungen des Vereins unterschiedlich. Generell gesagt: Kündigungen erreichen den TSV eher bei den Sportarten mit höheren Beiträgen. Die wiederum seien dem Aufwand für den Wettkampfbetrieb geschuldet, unter anderem für längere Anfahrten zu den Veranstaltungen. Abhängig seien diese Beiträge auch davon, wie die Sponsorenlage in den einzelnen Disziplinen sei.
Besondere Einbrüche habe der Verein bei seiner Kindersportschule. Hier sieht Borrmann das Phänomen, dass Eltern ihre Kinder viel eher abmelden, da die Leistung gezwungenermaßen ausbleibt. Generell findet er: „Je höher der Beitrag, desto schwieriger wird‘s.“ Mit entsprechend viel Fingerspitzengefühl müsse der Verein handeln, um in diesen Zeiten keine Mitglieder zu vergrämen.
Für den Sportverein Westerndorf ist das Problem an der derzeitigen Situation nicht der Mitgliederschwund an sich, sondern die fehlenden Neueintritte. Klaus Jordan ist Vorsitzender der Gemeinschaft. „Jedes Jahr gibt es einen gewissen Anteil an Mitgliedern, die aufhören. Das holen wir normalerweise im April und Mai wieder auf“, sagt er. Doch während der Corona-Pandemie habe dieser Lückenschluss gerade nicht funktioniert.
Jordan macht sich weniger finanzielle Sorgen um den Verein, dem er vorsteht. Zumal die Trainer derzeit auf ihre Entschädigungen verzichteten, was die Kasse bereits entlaste, wenn schon die Einnahmen aus den Eintrittsgeldern wegfielen.
Vielmehr befürchtet Jordan, dass mit dem Trainingsstopp sportlich gesehen gleich zwei Jahrgänge verloren gehen. Im Sommer will der SV Westerndorf versuchen, „viel auf die Beine zu stellen“. Das bedeutet: Turniere veranstalten, um die Nachwuchsarbeit wieder in Fahrt zu bringen und die Kinder wieder an den Sport zu gewöhnen.
Beim Sportverein Pang wiederum gibt sich die Vorsitzende Alexandra Linordner entspannt. „Bei uns gab es etwa 100 Austritte“, berichtet die Vereinschefin. Doch zwischenzeitlich hätte die Gemeinschaft auch wieder neue Mitglieder aufgenommen.
Kinder sitzen seit November zu Hause
Vor allem: „Wir haben viele treue Mitglieder und ziehen derzeit auch keine Beiträge ein“, sagt Linordner. Die Kosten für den Betrieb hielten sich in Grenzen. Auch hier verzichten die Trainer derzeit auf ihre Aufwandsentschädigung. Größere Bedenken hat sie bei den sportlichen Defiziten, die sich bei den Kindern seit dem Lockdown zu verfestigen drohten: „Unser Hauptproblem ist, dass die Kinder seit November zu Hause sitzen und keine Bewegung haben“, sagt sie. Mit dem Ergebnis, dass die Buben und Mädchen Fortschritte in ihren Disziplinen wieder einbüßten. Manche müssten sportlich wieder ganz von vorne Anfangen. „Das tut uns am meisten leid“, sagt die Vorsitzende.
Die Trainer säßen bereits in den Startlöchern und hofften nun auf Lockerungen Ende April, um den Betrieb wieder aufnehmen zu können. Sie findet zudem: Die Kinder sollten lieber unter Aufsicht spielen, statt wild in der Gegend. Auch die Kontrolle der Erwachsenen mindere das Risiko, dass sie sich gegenseitig mit Corona infizieren.
Am glimpflichsten davongekommen ist in Corona-Zeiten wohl der Tennissport. „Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir keine größeren Austrittswellen hatten“, sagt der Vorsitzende des Tennisclubs 1860 Rosenheim, Dieter Dörfler. Auch ihn ärgert eher, dass die Möglichkeit zu üben derzeit auf Einzeltraining beschränkt ist. Von 140 Kindern, die im Verein aktiv sind, beschränke sich der Betrieb derzeit auf 40 Kinder im Einzelmodus. „Die Schere geht da leider auseinander“, bedauert der Vereinschef. Hier liegt auch eine soziale Komponente: Einzeltraining muss man sich leisten können. Doch der Hoffnungsstreifen am Horizont: Tennis wird wohl eine der ersten Sportarten sein, die wieder möglich sind. Glaubt zumindest Dieter Dörfler.