Irgendwie immer auf der Flucht

von Redaktion

Warum ein Rosenheimer Ehepaar mit seinem Wohnmobil nirgendwo legal campen darf

Rosenheim – Brigitte und Gerd Teschner sind viel unterwegs – in ihrem Wohnmobil. Für das rollende Zuhause haben sie ihre Zweitwohnung in Österreich aufgegeben. Gemeldet sind die beiden noch mit ihrer Wohnung in Rosenheim. Die nutzt inzwischen jedoch ihr Sohn, der nach einer Scheidung keine bezahlbare Bleibe für sich finden konnte. Und da Brigitte und Gerd Teschner ohnehin die meiste Zeit auf Achse sind, haben die beiden auch kein Problem damit, ihre Wohnung Sohn und Enkeln zu überlassen.

Wie in einer
festen Wohnung

Schon eher als Problem empfindet das Ehepaar: Für seine Besuche in Rosenheim gibt es derzeit keine Möglichkeit, im öffentlichen Raum in ihrem Mobil zu übernachten – ohne fürchten zu müssen, gegen die geltende Ausgangssperre zu verstoßen. Auch wenn das Paar das anders sieht: „Wir wohnen in einem Wohnmobil wie in einer festen Wohnung“, findet Gerd Teschner.

Doch auch überall, wo sie in Rosenheim – sei es Stadt oder Landkreis – ihr Wohnmobil abstellen, müssen sie nächstens damit rechnen, dass ein Polizeibeamter an die Tür klopft und schlimmstenfalls ein Bußgeldverfahren einleitet. Schon im vergangenen Jahr waren sie bei der Stadt Bad Aibling daran gescheitert, ihren Camper auf einem der dortigen Stellplätze parken zu dürfen (wir berichteten).

Bayerns Infektionsschutzmaßnahmenverordnung lässt den Ordnungshütern hier wenig Spielraum: Steigt die Inzidenz den Wert von 100, ist der Aufenthalt außerhalb einer Wohnung untersagt. Ein Campingmobil fällt nicht unter den Begriff Wohnung, erläutert ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd – außer, das Gefährt steht auf einem Campingplatz. So zumindest laute die Verfahrensanweisung aus München, wie die Polizei die Regel auszulegen hat. Und die Campingplätze haben nun mal geschlossen. Nun ist es nicht so, dass sich die Teschners nicht darum bemüht hätten, in Erfahrung zu bringen, unter welchen Bedingungen sie auf öffentlichem Grund in ihrem Mobil nächtigen können, ohne gegen Recht und Gesetz zu verstoßen.

Gerd Teschner berichtet, er habe sich sowohl an die Stadt Rosenheim, den Landkreis und das Gesundheitsamt direkt gewandt. Denn: Für einen Aufenthalt bei der Mutter Brigitte Teschners in Gelsenkirchen habe die Stadt dem Paar eine legale Stand- und Übernachtungsmöglichkeit gewährt: von Mitte Oktober bis Mitte April. Die Genehmigung hätten die Teschners erhalten, weil die 96-jährige Mutter gestürzt war und Brigitte Teschner als gelernte Krankenschwester sie bei der Genesung unterstützte. Auf Visite in Rosenheim jedoch fand das Paar niemanden, bei dem sie mit ihrem Anliegen durchdringen konnten. Die Behörden in Stadt und Landkreis fühlten sich schlichtweg nicht zuständig, wie beide schildern.

Das Rosenheimer Landratsamt bestätigt auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen nur die Rechtsauffassung der Polizei: „Derzeit sind lediglich touristische Beherbergungen nicht erlaubt“, sagt Kreissprecher Michael Fischer.

Sollte es sich bei dem Campingbus tatsächlich um eine „Wohnung“ handeln und das Mobil auf einem Campingplatz abgestellt sein, brauche es keine Sondergenehmigung. Damit schildert Fischer nicht mehr, als das, was das Ehepaar ohnehin schon weiß. Doch auch hier wendet Gerd Teschner ein: Sie seien eben nicht als Touristen in Rosenheim unterwegs.

Ob und unter welchen Bedingungen eine Ausnahmegenehmigung wie in Gelsenkirchen möglich wäre, darauf liefert der Kreissprecher keine Antwort. Ebenso wenig darauf, ob dem Gesundheitsamt für Stadt- und Landkreis Rosenheim dieser Vorgang überhaupt bekannt war. Er verweist allein auf die Möglichkeit, den Camper auf privatem Grund abzustellen. Doch die Teschners besitzen in Rosenheim eine Eigentumswohnung ohne ausreichend Stellfläche für ihr Wohnmobil.

Stadt stellt
Lösung in Aussicht

Gerd Teschner hat inzwischen das Gefühl, die Behörden täten seine Situation als Einzelfall ab. Dabei gebe es bis zu 50000Personen, die sich für ein Wohnmobil als Eigenheim entschieden hätten. Diese Zahl kann der Präsident der Reisemobil-Union, Winfried Krag, nicht bestätigen. Aber zumindest in einem Punkt stimmt er mit Teschner überein: „Es ist leider so, dass ein Wohnmobil nicht als Zweitwohnung gewertet wird.“ Zumindest die Stadt Rosenheim stellt auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen eine Lösung in Aussicht, wie der stellvertretende Sprecher der Stadt, Christian Schwalm, mitteilt. Das einzige Problem: einen geeigneten Stellplatz zu finden, auf den das Mobil passt.

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