Stadtrat fordert Distanzierung

von Redaktion

Kommunalparlament kritisiert die Unternehmerinitiative „Wir stehen zusammen“

Rosenheim – Die Initiative „Wir stehen zusammen“, ein Zusammenschluss mittelständischer Unternehmer, steht in der Kritik. Das Bündnis setzt sich kritisch mit der Corona-Politik von Bund und Ländern auseinander. In der jüngsten Sitzung des Rosenheimer Stadtrates hat sich das Gremium klar von der Initiative distanziert.

Grüne sprechen Thema an

Lange hat Peter Rutz geschwiegen. Jetzt hat der Fraktionsvorsitzende der Grünen genug, weshalb er das Thema im öffentlichen Teil der Stadtratssitzung ansprach. Grund für seinen Unmut ist die Initiative „Wir stehen zusammen“. Während der Sitzung kritisierte er die Art und Weise, mit der die Initiatoren den Problemen entgegentreten. „Die Legitimation des staatlichen Handelns wird infrage gestellt“, sagte er. Sein Appell sei es deshalb, dass sich nicht nur die Stadträte, sondern auch die Firmen, die sich der Initiative angeschlossen haben, distanzieren. Der Initiative haben sich inzwischen 1527 Unternehmen aus dem Raum Rosenheim und Miesbach, die für 16361 Arbeitsplätze stehen, angeschlossen (Stand 29. April). Zu den Initiatoren zählen unter anderem, wie berichtet, die Dinzler Kaffeerösterei, die Eder-Gruppe aus Tuntenhausen und Dettendorfer Maschinenbau (Söchtenau).

In der Stadtratssitzung ging es nun unter anderem um Äußerungen, die bei den Unternehmer-Treffen, die bereits stattgefunden haben, gemacht worden sein sollen. „Es kann nicht sein, dass die Demokratie infrage gestellt wird“, sagte Herbert Borrmann, Fraktionsvorsitzender der CSU während der Sitzung. Eine ähnliche Meinung teilte SPD-Chef Abuzar Erdogan. Er verstehe die Sorgen und Nöte der Bürger. Aber wenn besagte Unternehmer „die Bevölkerung zu Nutztieren degradieren“, müsse man das missbilligen.

Robert Multrus, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler/UP, sagte, er wisse, dass die Gastronomie und der Einzelhandel „besonders gebeutelt“ sind. Kritik an den Maßnahmen zu üben, stehe jedem frei, „aber es geht nicht mehr nur um Meinungsäußerung“. Multrus regte an, auf die Leute zuzugehen und das Gespräch zu suchen. „Jeder kennt eine Handvoll dieser Unternehmer“, ergänzte Rutz. Er selbst habe bereits Gespräche mit Unterzeichnern gesucht und seine Stadtratskollegen aufgefordert, das Gleiche zu tun.

Auch Oberbürgermeister Andreas März (CSU) machte noch einmal deutlich, dass er keinerlei Verständnis dafür habe, wenn „Äußerungen zum Reichsbürgertum“ gemacht werden oder „Menschen zum Widerstand aufrufen“. Er wisse, dass viele Unternehmer „mit dem Rücken zur Wand stehen“ und „existenzielle Ängste“ haben, könne deshalb nachvollziehen, dass man seine Meinung kundtun wolle. Trotzdem könne es nicht sein, dass „ein ganzes System infrage gestellt wird.“

Die Unterzeichner wehren sich indessen gegen die Vorwürfe. „Mit jeder Form von Extremismus wollen wir nichts zu tun haben“, sagt Mitinitiator Florian Unterleitner von der Dinzler Kaffeerösterei. Die Unternehmen würden die Region prägen und nicht – wie ihnen vorgeworfen wurde – die Verfassung gefährden. Es könnte jedoch sein, dass durch die ein oder andere Formulierung der Eindruck entstanden sein könnte, dass zum Widerstand aufgerufen worden sei. „Das liegt daran, dass ein Punkt erreicht ist, an dem viele Existenzen massiv bedroht sind“, sagt er. Sein Ziel sei es nach wie vor, auf die Probleme des Mittelstandes aufmerksam zu machen.

Den Finger in
die Wunde legen

Ähnlich äußert sich Markus Dettendorfer vom Dettendorfer Maschinenbau, Mitinitiator von „Wir stehen zusammen“. „Wir rufen nicht zum Widerstand auf, sondern wollen auf die zerstörerische Lockdown-Politik hinweisen“, sagt er. Es sei wichtig, „den Finger in die Wunde zu legen.“ Wer nichts sage, könne auch nicht auf sich aufmerksam machen.

Aus diesem Grund soll am Freitag auch eine Kundgebung im Mangfallpark Süd stattfinden. Von 16 bis 18.30 Uhr wollen sich die Unternehmer für Freiheit und Selbstbestimmung aussprechen sowie für den Schutz von Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Angemeldet sind laut Stadtverwaltung rund 900 Teilnehmer.

Einer, der sich mittlerweile von der Initiative distanziert hat, ist der Vorsitzende des Rosenheimer Gewerbeverbandes, Anton Heindl. Zwar unterstütze er nach wie vor den Mittelstand, gibt aber an, sich nie mit der Gruppierung solidarisiert zu haben.

Artikel 1 von 11