Rosenheim – Der Verein Freie Turnerschaft Rosenheim steht wegen der Corona-Pandemie am Rande der Insolvenz. Ein Biergarten neben dem Vereinsheim soll ihn retten, doch es fehlt an Geld.
Eigentlich steht die Freie Turnerschaft Rosenheim, wegen der Gründung im Jahr 1909 einer der ältesten Vereine Rosenheims, bestens da. Nach dem großen Hochwasser von 2013, das das alte Vereinsheim auf der Mangfallinsel unter Wasser gesetzt hatte, wurde ein neues Haus gebaut. Seit 2019 ist es fertig: groß, geräumig, im Erdgeschoss ein Gastronomiebetrieb mit einem Wirt, der einen hervorragenden Ruf hat.
Und vor allem ist da die Lage: Direkt in der Stadt – vom Bahnhof aus braucht man zu Fuß nur ein paar Minuten, um das Gelände zu erreichen – und dennoch dem Gefühl nach mitten in der Natur und weit weg von Trubel und Hektik.
Finanzierung
über Nacht gekippt
Womit niemand gerechnet hatte: die Corona-Pandemie. Das Haus war kaum auf, da musste die Gastronomie wieder zusperren. Die gut geplante Finanzierung war damit über Nacht gekippt. Bei normalem Betrieb wären die aufgenommenen Kredite laut Vorständin Alexandra Bergmann problemlos aus den Pachteinnahmen zu bedienen gewesen. Ohne Betrieb aber auch keine Pacht, statt Kreditrückzahlung das Vorsprechen bei der Bank mit Bitte um Stundung.
Im ersten Corona-Jahr gab es noch Hoffnung. Die sommerliche Erleichterung der Corona-Auflagen schlug sich sofort positiv nieder: Das Haus war voll. Doch dann kam die zweite Welle, die seither nicht wirklich abgeebbt ist und mit ihr die existenziellen Probleme.
Die Stundung der Kredite läuft Ende Juli aus, eine Bitte um Verlängerung ist kaum verhandelbar. Die Mitgliedsbeiträge zu erhöhen, wäre nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Und in Zeiten, in denen das Vereinsleben zwangsweise gegen null gefahren werden muss, müsse man schon dankbar sein, wenn die Mitglieder dem Verein überhaupt die Stange halten. Und die Stadt, obschon dem Verein durchaus gewogen und aufgeschlossen für seine Nöte, ist ein unsicherer Rettungsanker.
Dem Verein ist klar: Die Finanzen sind auch dort in Corona-Zeiten angespannt und der Ruf nach Unterstützung und Hilfe kommt von vielen Seiten. In welche Richtung Vereinsvorsitzende Alexandra Bergmann auch schaut, sie sieht sich von Wänden umstellt. Die Insolvenz ab August wird zu einer realen Bedrohung. Die einzige Hoffnung, die jetzt noch bleibt, wären Sponsoren und Spenden, ergänzt wohl doch durch eine Bitte bei der Stadt um einen zinslosen Kredit. Das Geld würde auch nicht in einem Fass ohne Boden verschwinden, sondern zukunftssicher verwendet: In den Aufbau eines Biergartens, der schnell wieder in Betrieb genommen und damit Einnahmen ermöglichen würde. Immerhin ist es die Außengastronomie, die als Erstes wieder geöffnet wird. Und was für den Biergarten fehlt, ist eigentlich nur noch ein gekiester Untergrund. Alles andere, Natur, Bäume, selbst die technische Infrastruktur, ist bereits da. Aber schon dieser Untergrund kostet 30000 Euro, die der Verein derzeit nicht hat.
Festival-Stimmung
bei Fußball-WM
Für Alexandra Bergmann wird dieser Biergarten in gewissem Sinn zu dem einen Punkt, an dem sich alles entscheidet. Gelingt der Garten, lässt sich auch das Engagement der Vereinsmitglieder erhalten. Und das ist an sich groß. Sie erinnert sich an das Jahr 2014. Da wurde das Gelände anlässlich der Fußballweltmeisterschaft in ein Areal der Festival-Stimmung verwandelt. „Das war Rosenheim auf den Punkt gebracht: lebendig, sprudelnd, fröhlich“, sagt sie. Und noch sei diese Energie und das Gefühl „Wir packen das“ da. „Wenn aber gar keine Hoffnung mehr bleibt, ist die Gefahr groß, dass der Verein innerlich abstirbt. Noch bevor die Insolvenz das endgültige Aus setzt.“
Für die Vereinsmitglieder eine düstere, traurige Aussicht. Denn es geht nicht nur um den Verein allein. Er ist als Träger des Hauses der Garant dafür, dass es seiner Rolle als Mittelpunkt weit über den eigenen Verein hinaus gerecht wird. Schließlich ist es auch die Heimat des Trachtenvereins Rosenheim und der Heimatbühne. Von der Tatsache ganz zu schweigen, dass hier zwischen Wander- und Fahrradwegen ein städtisches Naherholungsgebiet einen Gastronomiebetrieb hat, der die Sache erst richtig rund macht. „Es wäre durch den Erhalt dieses Hauses so viel für die Rosenheimer und für andere Vereine gewonnen“, sagt Alexandra Bergmann.