Rosenheim – Auch wenn die Parteien bereits zusehends in den Wahlkampfmodus schalten, bis zur Bundestagswahl am Sonntag, 26. September, sind es noch gute vier Monate. Doch Rosenheim macht sich jetzt schon auf die Suche nach Wahlhelfern. Ein Gespräch mit dem Wahlleiter der Stadt, Franz Höhensteiger.
Wie schlecht stand es in Rosenheim um die Zahl der Wahlhelfer in den vergangenen Jahren?
Wir haben einen Pool an Wahlhelfern, die sich bereits registriert haben. Dennoch wünschen wir uns immer neue Kräfte, die uns bei der Umsetzung der Wahl helfen.
Warum beginnt die Stadt Rosenheim dann schon gut vier Monate vor der Bundestagswahl mit der Suche nach Wahlhelfern?
Wir beginnen sogar schon ein halbes Jahr vorher damit, nach Wahlhelfern zu suchen. Je näher der Wahltermin rückt, desto eher geht es auch mit der Ausstellung der Wahlbriefe los. Spätestens dann sind wir froh, wenn wir die Besetzung der Wahlhelfer schnellstmöglich realisieren können, damit das nach hinten raus nicht zu knapp wird. Denn insgesamt benötigen wir rund 500 Wahlhelfer.
Gibt es generell einen Mangel an Wahlhelfern oder steht für die Stadt tatsächlich der Wechsel der Kräfte im Vordergrund?
Wir benötigen noch circa 30 bis 40 Personen. Dann sind wir für die Bundestagswahl optimal gerüstet.
Sehen Sie einen Grund, warum sich nicht mehr Bürger aus eigenem Antrieb bei Ihnen als Wahlhelfer melden?
Es ist natürlich ein Sonntag, der „geopfert“ wird. Ich denke, dass viele diesen Tag lieber anders verbringen, als im Wahllokal zu sitzen und dort Dienst zu machen. Ich finde aber, dass es für unsere Demokratie sehr wichtig ist, diesen meist nur halben Tag zu investieren. Das hilft, damit diese hohen Güter, unsere Wahlen und unsere Demokratie, Bestand haben. Im Übrigen: Wer sich als Wahlhelfer engagiert, hat auch etwas davon. Das verbessert die Chancen bei der Impfpriorisierung.
Welche Aufgaben kommen auf Wahlhelfer zu?
Beim Dienst in einem Wahllokal trifft sich die erste Schicht aus drei Personen um 7.30 Uhr. Die Helfer richten den Wahlraum so her, dass um 8 Uhr die Wähler dort ihre Stimme abgeben können. Um 13 Uhr ist Schichtwechsel, dann kommt die zweite Gruppe aus drei Personen. Sie führt die Wahlgeschäfte bis 18 Uhr fort. Dann treffen sich wieder alle sechs und zählen die Stimmzettel aus, um das Ergebnis für den jeweiligen Wahlbezirk zu ermitteln.
Wie kompliziert gestaltet sich diese Auszählung ?
Es gibt eine Wahlniederschrift, in der dokumentiert ist, wie der Auszählungsprozess abzulaufen hat. Bei der Bundestagswahl wählt man mit der Erststimme den Direktkandidaten im Wahlkreis, während die Zweitstimme für die eigentliche Sitzverteilung im Bundestag relevant ist. Zunächst werden die Zweitstimmen ausgezählt. Danach werden die Ergebnisse für die Erststimme ermittelt.
Mit wie viel Zeit muss ein Wahlhelfer für die Auszählung rechnen?
In den normalen Wahllokalen sollte zwischen 20 und 21 Uhr alles ausgezählt sein.
Also alle Lokale jenseits der Briefwahlbezirke.
Richtig. Hier läuft die Auszählung ein wenig anders. Bei den Briefwahllokalen treffen sich die Wahlhelfer bereits um 15.30 Uhr und müssen bis 18 Uhr die Wahlbriefe öffnen. Dabei wird kontrolliert, ob der Wahlschein beiliegt und der Stimmzettelumschlag, der dem Wahlbrief beiliegt, verschlossen ist. Der Stimmzettelumschlag wird dann in eine Urne geworfen, um das Wahlgeheimnis zu wahren. Um 18 Uhr wird nochmals der städtische Briefkasten geleert und schließlich auch die Wahlurne geöffnet. Meist sind es aber nur noch wenige Wahlbriefe, die noch nachkommen.
Welche Voraussetzungen muss ich als Wahlhelfer mitbringen?
Logisches Denken ist gefragt. Wenn man gerne rechnet, ist das eine gute Eigenschaft. Auch, um die Plausibilität bei der Auszählung zu gewährleisten. Wichtig ist auch eine gewisse Organisationsfähigkeit, sodass man einen guten Plan für den Auszählungsprozess hinbekommt. Das ist die wesentliche Aufgabe des Wahlvorstands. Er ist verantwortlich für das Geschehen im Wahllokal und teilt den Wahlhelfern ihre Aufgaben zu.
Muss man auch formale Kriterien erfüllen, um sich als Wahlhelfer bewerben zu können? Beispielsweise einen Erstwohnsitz in Rosenheim?
Wenn wir Wahlhelfer verpflichten müssten, wären wir auf die Wahlberechtigten in der Stadt Rosenheim beschränkt. Auf freiwilliger Basis können selbstverständlich auch Personen aus dem Landkreis oder anderen Regionen im Einsatz sein.
Wie steht es um die Vorbereitung der Wahlhelfer?
Die Helfer werden vor ihrem Einsatz entsprechend geschult. In diesem Jahr gehen wir hierfür einen neuen Weg. Wir drehen ein Schulungsvideo, das sich die Wahlhelfer ansehen können. Bis dato war es üblich, dass rund 300 Helfer zu einer größeren Informationsveranstaltung zusammenkamen. Doch durch Corona wird dies wohl bis kurz vor der Wahl nicht möglich sein.
War es denn schon mal so knapp um Wahlhelfer bestellt, dass Rosenheim Bürger verpflichten musste?
Nein. Wir wollen Anreize schaffen, um bestmöglich Wahlhelfer zu finden. Leute, die das auch gerne machen und wissen, sie werden von der Stadt Rosenheim gut betreut. Wir versuchen auch, bestmöglich die Wünsche der Wahlhelfer zu erfüllen, wenn sie beispielsweise für bestimmte Wahlbezirke eingeteilt werden möchten. Zudem gibt es als Anreiz ein Gewinnspiel: Die Stadt verlost unter allen Wahlhelfern Geschenkgutscheine von Rosenheimer Unternehmen. Einmal im Wert von 500 Euro und fünfmal im Wert von 100 Euro. Zudem gibt es noch das sogenannte Erfrischungsgeld, eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 30 beziehungsweise 40 Euro, je nach Aufgabe der Wahlhelfer.
Was würden Sie einem Interessierten sagen, um ihm das Amt des Wahlhelfers schmackhaft zu machen?
Ich würde ihm antworten, dass es eine tolle Sache ist, in einem Team für die Demokratie mithelfen zu können. Es ist ein hohes Gut, dass wir bei uns freie und geheime Wahlen abhalten können. Der Wahltag an sich macht in einer Gruppe von Wahlhelfern durchaus Spaß. Insofern kann ich nur jedem raten, das einmal auszuprobieren.
Interview: Jens Kirschner