Rosenheim – Zahlreiche Zuschauer versammelten sich jetzt bei strahlender Mittagssonne in der Heilig-Geist-Straße in Rosenheim, um dabei zu sein, als die beiden neuen Glocken mit einem Mobilkran in den Turm der Heilig-Geist-Kirche gehoben wurden. Mit Erfolg. Denn die Arbeiter bewiesen bei dieser Schwerstarbeit jede Menge Feingefühl.
Nun hieß es Abschied nehmen für die Stifterfamilien Bachmann und Wenz, die ihre Glocken auf dem langen Weg von der Idee über den Entwurf bis zum Guss Ende April in der Glockengießerei Perner in Passau begleitet hatten.
Die Weihe
als Höhepunkt
Höhepunkt war die Glockenweihe am Pfingstmontag durch Weihbischof Wolfgang Bischof in St. Nikolaus (wir berichteten). Coronabedingt hatte man in die deutlich größere Kirche ausweichen müssen. Nun wurden die beiden Glocken aus der Pfarrkirche geholt, wo sie eine ganze Woche von Kirchenbesuchern betrachtet werden konnten, und zur Heilig-Geist-Kirche transportiert.
Am Vormittag schon hatten Patrick Murauer und Jürgen Demuth von der Glockengießerei Perner den historischen Holzglockenstuhl oben in der Glockenstube des Turms für die Aufnahme der Glocken vorbereitet. Die mittlerweile verrosteten alten Lagerplatten, die vor fast 80 Jahren zum letzten Mal Glocken aufliegen hatten, bevor diese 1942 im Zweiten Weltkrieg abgeliefert werden mussten, wurden ausgebaut und durch neue Lagerplatten ersetzt. Die beiden Österreicher sind erfahrene Handwerker und routiniert in allen Arbeiten rund um die Renovierung und Wartung von Glockenstühlen und das Montieren von Glocken, neben dem Guss ein weiterer Zweig der Passauer Firma Perner.
Erleichterung machte sich bei allen Beteiligten breit, als auch die größere Glocke mit ihren 80 Zentimetern Durchmesser durch die Schallöffnung passte. „Das war Millimeterarbeit, da war ja rechts und links nur noch ein Zentimeter Luft“, stellte Architekt Sven Grossmann mit fachmännischem Auge fest. „Wir hatten der Glockengießerei Perner die Breite der Schallöffnung genau angegeben. Breiter durfte die Glocke nicht werden. Ob es tatsächlich passt, sahen wir erst jetzt. Puh, bin ich froh. Wir hätten sonst ein Stück aus der Laibung herausbrechen müssen. Ich will gar nicht daran denken.“
Über das Gesicht von Architekt Sven Grossmann, der mit seinem Architekturbüro Krug Grossmann Architekten und tatkräftig unterstützt von seiner Mitarbeiterin Silvia Gaab die jahrelangen Renovierungsarbeiten der Heilig-Geist-Kirche plante und durchführte, zieht ein schelmisches Grinsen. „Ich kenne alle meine Baumaße und offensichtlich die Firma Perner die Maße ihrer Glocken. Passt.“
„Da die Glockenstube hier sehr eng ist, kommt modernste Technik zum Einsatz“, erklärt Patrick Murauer. „Ein Induktionsmotor, angetrieben durch einen kräftigen Magneten, bewegt das Holzjoch, an dem die Glocken hängen.“ Wenn der Elektriker dann noch alles verkabelt und angeschlossen hat, kann das Geläut auf einem Display in der Sakristei programmiert werden. „Die Klöppel hängen wir als letztes ein, damit wir uns nicht immer wieder den Kopf daran anschlagen.“
Pünktlich zum morgigen Fronleichnamstag werden nach fast 80 Jahren wieder Glocken von der Rosenheimer Heilig-Geist-Kirche klingen.