Rosenheim – Am Bahnhof wie auch am Kultur- und Kongress-Zentrum ist die Technik schon im Einsatz, bei der die Stadtwerke Rosenheim überflüssige Wärme aus ihrem Müllheizkraftwerk nutzen, um das genaue Gegenteil herzustellen: Kälte. Dabei setzen die Stadtwerke auf ein Verfahren, das nur wenig Strom braucht, um diesen Effekt zu erreichen. Zumindest nicht so viel wie herkömmliche Anlagen. Mit sogenannten Absorptionskältemaschinen produziert der Versorger Kaltwasser, das er über ein Rohrnetz in der Stadt verteilt. Und dieses Netz soll langfristig weiter wachsen.
Verdampftes Wasser
reduziert Temperatur
So lautet zumindest der Plan der Stadtwerke für die kommenden Jahre. Derzeit laufen Arbeiten für einen neuen Punkt in der Stadt, an dem diese Kälte produziert wird. Am Lokschuppen, genauer gesagt am dortigen Parkhaus installieren die Stadtwerke eine weitere Absorptionsanlage. Im zweiten Quartal kommenden Jahres soll sie in Betrieb gehen. In dieser wird Wasser verdampft und damit die Umgebungstemperatur heruntergefahren, um wiederum Wasser zu kühlen. Dieses fließt über ein isoliertes Rohr zu den Endabnehmern. Hat es dort seine Kälte abgegeben, fließt es zurück zur Kälteanlage, der Kreislauf ist komplett.
Wie er diese Kälte der Stadtwerke nutzt, muss der Endabnehmer selbst entscheiden und vor allem umsetzen: Denn die Stadtwerke lieferten nur die Leistung, sprich die Kälte, wie deren Geschäftsführer Dr. Götz Brühl schildert. Was er aus der Kälte macht und wie, ist nicht mehr die Baustelle des Versorgers.
Dennoch: Die Hoffnungen in diese Technologie scheinen groß. Vor allem, weil sie klimaneutral sei, wie Brühl erklärt. Denn auch wenn der Müll nicht verbrannt werde, sondern stattdessen auf einer Deponie verrotte, entstehe das schädliche Treibhausgas. Und für ihn besonders charmant: „Wir erzeugen Kälte durch Wärme, die ansonsten weggekühlt werden müsste.“ Gerade im Sommer falle der Überschuss thermischer Energie aus dem Müllheizkraftwerk besonders stark aus, weil die Nachfrage etwa für Fernwärme fehle. Auf der anderen Seite gebe es auch in Rosenheim Kälteabnehmer, die gerade während dieses Zeitraums einen größeren Bedarf an Kühlung hätten.
Dass Brühl ein, wie er sagt, Faible für die Absorptionstechnik hat, muss vor allem daran liegen, dass sein Betrieb mit dieser Methode keine Wärmeenergie sinnlos verpuffen lassen muss.
Denn das Verfahren ist im Vergleich zu Kälteerzeugung über Kompression weniger effizient. Hier wird das Kühlmittel über einen Kompressor verdichtet und anschließend verdampft, um der Umgebung Wärme zu entziehen. Dieser Verdichter muss jedoch mit Strom betrieben werden. Die Anlagen der Stadtwerke brauchen elektrische Energie wiederum nur zu einem geringen Teil, um die ein oder andere Pumpe laufen lassen zu können.
Von der neuen Anlage am Lokschuppen soll auch das Rosenheimer Rathaus mit seinen Nebengebäuden profitieren. Das bedeute jedoch nicht, dass alle Büros der Verwaltung klimatisiert würden, wie Finanzdezernent Heinz Bösl berichtet: Es gehe vornehmlich um die Rathaussäle, aber auch um die EDV-Anlagen. Für die übrigen Räume sei schlichtweg die Technik nicht vorhanden, um die Kälte auch dorthin verteilen zu können.
Nichts für
Bestandsbauten
Das gleiche Problem dürfte für viele Bestandsbauten gelten. Und eine Nachrüstung sei aufwendig, wie Stadtwerkechef Brühl erläutert. Entsprechend zielt sein Unternehmen beim Vertrieb der Kältetechnik vor allem auf neue Bauprojekte, bei denen die notwendigen Rohre bereits bei der Errichtung der Gebäude mit verlegt werden. Doch am Ende sei Kälte eben auch ein Luxusgut, wie der promovierte Diplom-Ingenieur findet. Sprich: Wer sich den Anschluss leisten will und bereit ist, das Geld für die Nachrüstung seines Bestandsbaus auszugeben, werde auch bedient.