Rosenheim – Gemeinsam wohnen, gemeinsam leben, untereinander helfen: Das Katholische Jugendsozialwerk München (KJSW) will an der Rosenheimer Schillerstraße ein Haus für inklusives Wohnen bauen. Zusammen leben sollen dort Studenten mit Menschen, die unter seelischen Beeinträchtigungen leiden. Als Basis für die Finanzierung diente unter anderem eine Spende aus einer der jüngsten Weihnachtsaktionen „OVB Leser zeigen Herz“. Denn etwa 400000 Euro kostet der Bau des Wohnheims. Dabei fungiert die KJSW als Trägerin, Eigentümerin ist die Paula-Schamberger-Stiftung mit Sitz in Samerberg.
Platz für
neun Bewohner
Neun Bewohnern soll die neue Einrichtung Platz bieten: vier Studenten und fünf Bewohnern mit seelischer Beeinträchtigung. „Ziel ist ein respektvoller Umgang miteinander auf Augenhöhe“, sagt Astrid Fiebiger, Leiterin der Fachabteilung für ambulante Dienste beim KJSW in Rosenheim. Seelische Beeinträchtigung, das umfasst ein weites Feld. Kurz gesagt, geht es Fiebiger und ihren Kollegen vor allem darum, den Menschen zu helfen, ihren Alltag zu meistern: zu lernen, für sich selbst zu sorgen, Hobbys zu entwickeln. Auch dies soll in der neuen Wohnform, wenngleich in anderer Art und Weise, geschehen.
„Die Studentinnen und Studenten haben die Möglichkeit, während des Zusammenlebens große soziale Kompetenz zu entwickeln“, sagt Fiebiger im Blick auf die Lebenserfahrung, die sie hier sammeln könnten. Und letztendlich komme bei dieser Wohnform noch eine andere Sache zur Geltung: das soziale Engagement, was sich in den Lebensläufen der Studenten auch nicht schlecht mache.
Und welche Bewohner sollen ins Haus? Zum Richtfest im Herbst ist zunächst ein Infoabend geplant, bei dem sich die Menschen mit Einschränkungen über das Wohnangebot informieren können. Ein Erhebungsbogen hilft, den Förderbedarf der künftigen Bewohner zu bestimmen. „Anschließend wird dieser ausgewertet, um zu ermitteln, welche Bewohnerinnen und Bewohner mit Beeinträchtigung gut zusammenpassen“, sagt Fiebiger. Erst, wenn diese Bewohner feststehen, geht es an die Auswahl der Studenten. „Ich wünsche mir eine gemischte WG aus Männern und Frauen“, sagt Astrid Fiebiger über ihre Vorstellungen, wer dort zusammenlebt. Fiebiger strebt an, dass an der Schillerstraße keine reine Zweck-WG zusammenkommt: gemeinsam kochen, gemeinsame Ausflüge – all dies soll die Bewohner zusammenbringen, aber jeder sei selbstredend frei darin, welche der Angebote er nutze.
Vorbilder
aus München
„Selbstverständlich ist niemand an die WG gefesselt. Wenn die Bewohnerinnen und Bewohner feststellen, dass diese Wohnform doch nicht die geeignete ist, kann man, wie woanders auch, ausziehen. Zur Gestaltung eines harmonischen Zusammenlebens trägt jede Bewohnerin und jeder Bewohner selbst bei.“ Welche Studenten in die Wohngemeinschaft einziehen dürfen, entscheiden die Bewohner selbst. Zur Seite stehen ihnen zwei Sozialpädagogen. Sie selbst wohnen nicht in der WG und sind nur während ihrer Dienstzeiten vor Ort.
Vorbilder für das Projekt fand die KJSW in München, wo es schon mehrere solcher Wohngemeinschaften gebe. Darunter das Projekt „Gemeinsam leben lernen“. „Mit diesen standen wir mehrfach in Kontakt und tauschen uns heute noch aus“, berichtet Astrid Fiebiger. Mit dem neuen Angebot geht die KJSW einen Schritt über ihr bisheriges Angebot hinaus. Mit ihrem ambulanten betreutem Wohnen kümmert sich das Jugendsozialwerk schon heute um den Alltag junger Menschen mit seelischen Störungen. Auch hier gibt es Wohngemeinschaften, allerdings treffen dort Menschen mit und ohne seelische Beeinträchtigungen nicht aufeinander.