Rosenheim – „Jeder hat das Recht, seine Wege frei zu wählen, Barrieren dürfen kein Grund sein, dass Menschen mit Handicap, Eltern mit Kinderwagen oder Seniorinnen und Senioren ausgeschlossen werden“, findet Dr. Marc Herzog. Der Rosenheimer Rechtsanwalt ist Pressebeauftragter des ACE-Kreisvorstandes Chiemseer Land.
Kreisverbände vor
Ort entscheiden
Der Kreisverband beteiligt sich an der diesjährigen Initiative des ACE „Barrierefrei besser ankommen!“ – ein bundesweiter Test von Parkhäusern auf Hindernisse für Menschen, die auf den Rollstuhl oder andere Hilfsmittel angewiesen sind. Welche Parkhäuser der ACE unter die Lupe nimmt, das entscheiden die Kreisverbände des Vereins vor Ort, wie die ACE-Regionalbeauftragte für Südbayern, Ursula Hildebrand, schildert.
Und warum gerade Rosenheim? Es sei die Parkhausdichte gewesen, welche die Mitglieder des Kreisverbands Chiemseer Land dazu bewogen habe, einige Parkhäuser der Stadt auf Barrierefreiheit zu prüfen.
„Aus unserer Sicht müssen Barrieren über kurz oder lang verschwinden. Da, wo dies nicht möglich ist, muss es als Alternative zusätzliche barrierefreie Wege geben“, findet der Kreisvorsitzende des ACE Chiemseer Land, Alexander Oberst.
Der Kreisvorstand hatte sich die Rosenheimer Parkhäuser P1, P4 und P7 für seinen Test ausgesucht. Beim P7 schlugen am Ende neun von 16 möglichen Punkten zu Buche – knapp vorbei an einer Zwei-Sterne-Urkunde, dafür wären zehn Punkte nötig gewesen. Aber: „Als Verbesserungsmöglichkeit schlagen wir vor, dass der Betreiber Bodenmarkierungen anbringt. Wir alle kennen das Symbol mit dem Rollstuhlfahrer. Sollte das bis in den Herbst hinein angebracht worden sein, so können wir den fehlenden Punkt noch vergeben“, sind sich Oberst und Herzog einig.
Erste
Nachbesserungen
An dieser Stelle habe die Veranstaltungs- und Kongressgesellschaft (VKR), die in Rosenheim für die Parkhäuser verantwortlich zeichnet, schon nachgebessert, wie deren Geschäftsführer, Peter Lutz, auf Anfrage antwortet: „Die Bodenmarkierungen im P1, P4 und P7 wurden bereits angebracht, sodass sich die Punktezahl für das P1 und P7 erhöht hat. Neben dem P4 erhält nun auch das P7 eine Zwei-Sterne-Urkunde, wie uns vom ACE Auto Club Europa am 30. August bereits bestätigt wurde.“ Denn: Beim Parkhaus P1 im Zentrum Rosenheims fehlten deswegen zwei Punkte für eine Urkunde. Positiv fanden die Tester hingegen, dass es in P1 Tastschalter an den Türen gibt, die es Menschen im Rollstuhl oder auch Eltern mit Kinderwagen erleichtern, den Zugang zum Parkhaus zu öffnen. Oberst und Herzog plädieren dafür, dass auch die anderen Rosenheimer Parkhäuser, die bisher noch keine Tastschalter haben, der Reihe nach aufgerüstet werden, um so noch mehr Barrierefreiheit herzustellen.
Positiv heraus sticht das Parkhaus P4. Die Anlage erreichte elf Punkte beim ACE-Test und erhält deswegen eine Zwei-Sterne-Urkunde. Hier gebe es gleich an der Einfahrt einen Hinweis, wo sich die Behindertenparkplätze befinden.
Problem in allen
Parkhäusern
Eine Feststellung ziehe sich durch viele Parkhäuser – und das bayernweit: Barrierefreie Kassenautomaten seien Mangelware. Den Parkschein zum Bezahlen hineinzustecken funktioniere gerade noch. Das Bezahlen mit Münzgeld aber sei schwierig bis unmöglich, je nach der Schwere der Einschränkung. Auch die Bildschirme und die dazugehörigen Tasten seien oft viel zu hoch für Menschen im Rollstuhl. „Hier muss dringend etwas getan werden“, sagt ACE-Kreisvorsitzender Alexander Oberst. „Andere Städte machen es uns vor, dort gibt es Kassenautomaten, die zum Beispiel nicht auf einem Sockel stehen“, ergänzt Marc Herzog.
Hierzu zählen laut ACE-Regionalbeauftragter Ursula Hildebrand die Parkhäuser in Ingolstadt, wo neben einem regulären auch zwei Kassenautomaten stehen, die barrierefrei zu bedienen sind. Die Behindertenbeauftragte des Landkreises Rosenheim, Christiane Grotz, bestätigt diese Ansicht. Genauso gebe es andere Hindernisse, die Menschen im Rollstuhl das Leben in Parkhäusern schwermachten. Darunter selbstschließende schwere Brandschutztüren, die sich nicht automatisch öffnen lassen. Aber, wie gesagt: Es handelt sich nicht um ein reines Rosenheimer Phänomen.
Ob es bei den Parkhäusern der Stadt weitere Veränderungen in Richtung Barrierefreiheit geben wird, hängt nicht nur von der Betreibergesellschaft ab. Für Veränderungen an der bestehenden Infrastruktur der Anlagen stehe die VKR mit den Eigentümern in Abstimmung. „Wobei generell bei Investitionen immer eine Priorisierung in Abhängigkeit der Finanzierbarkeit vorzunehmen ist“, wie Geschäftsführer Schulz erklärt. Kurzfristig seien die geforderten barrierefreien und damit niedrigeren Kassenautomaten genauso wenig zu verwirklichen wie Automatiktüren.