Rosenheim – Ein älterer Mann und ein blond gelockter Knabe präsentieren auf einem Altarbild rechts vorne in der Fürstätter Rosenkranzkirche ihre Werkzeuge, eine große Zugsäge und ein Winkelmaß. Der grauhaarige und bärtige Mann weist sich damit als Darstellung des heiligen Josef aus, der Zimmermann gewesen sein soll, begleitet von seinem Ziehsohn Jesus. Gerade in Legenden wird anschaulich geschildert, wie der Jesusknabe seinem Nährvater eifrig in der Werkstatt hilft. Ein Motiv, das vielfach von Künstlern aufgegriffen wurde.
Verweis auf die
Dreifaltigkeit
Um die biblische Stimmung zu unterstreichen, tragen beide antikisierende Kleidung, der heilige Josef zudem Sandalen, der Bub ist barfuß. Josef zeichnet ein goldfarbener, runder Heiligenschein aus. Jesus dagegen sticht durch seinen Kreuznimbus – einen Heiligenschein in Kreuzform – hervor, den naturgemäß nur er tragen darf. Stilisierte Lilien, Symbole der Reinheit, bilden die Kreuzarme und verweisen mit ihren drei Blättern auf die Dreifaltigkeit. Der Silberhintergrund greift das Lilienmotiv auf und wiederholt es teppichartig in einem Rautenmuster. Vier geschnitzte, geflügelte Engelsköpfchen bilden den unteren Abschluss. Die Signatur „1937 H S M“ zwischen den Füßen des heiligen Josef verweist auf den Künstler Heinrich Salomoun in München und das Entstehungsjahr.
Salomoun war der Bildhauer mit den vielen Namen. Geboren wurde er 1893 in München als Heinrich Ludwig Schalomonek. Der Vorname seines Vaters, des katholischen Maurers Wenzel Schalomonek, verweist auf Böhmen als Herkunftsland. Ab 1901 führte die Familie offiziell den Namen Salomoun. Ein Jahr nach der Heirat ließen Heinrich und seine Frau Louise Karolina, geborene Merz, 1942 den Familiennamen von Salomoun auf Sallmann ändern. Als Heinrich Sallmann starb der Bildhauer 1974 in München, wie Auskünfte des Stadtarchivs München belegen. Um Recherchen nach Leben und Werk aber noch komplizierter zu machen, sind auch die Namensvarianten Salomon, Salamoun und Salamon im Umlauf.
Architekt der Fürstätter Rosenkranzkirche war Richard Steidle (geboren 1881 in Illertissen, verstorben 1958 in München), der öfter mit Salomoun zusammenarbeitete. Darunter in der zwei Jahre später erbauten Kirche „Heilige Familie“ in der Kastenau oder bei Sankt Franziskus in München-Giesing (1926) und Sankt Michael in Schwabhausen im Landkreis Dachau (1934).
Plakative Darstellung
des heiligen Josef
In Fürstätt war es 1936 endlich zum Bau der neuen, großzügigen Saalkirche mit dem Patrozinium des Rosenkranzes gekommen. Der Bau, finanziert von der Erzdiözese, ging schnell voran. Die Einrichtung dagegen kam zögerlich und stückweise, denn dies musste die Pfarrei bezahlen. Als Michael Kardinal von Faulhaber am 4. Juli 1937 die Rosenkranzkirche weihte, waren nur wenige Ausstattungsstücke vorhanden. Wann das Altarbild des Josefsaltars kam, steht nicht genau fest. 1971 jedenfalls wurde es anlässlich einer Umgestaltung der Altartische dieses Seitenaltars entfernt.
Heinrich Salomoun gelang in diesem Altarbild eine durchaus plakative Darstellung des heiligen Josef mit dem Jesusknaben. Die Gold- und Silbertöne zeichnen das Kunstwerk aus und fügen sich mit den Grau-, Grün- und Brauntönen der Figuren zu einer geschlossenen Farbpalette. Auf Details verzichtete der Künstler zugunsten einer flächenbetonten und reduzierten Bildsprache. Hier herrscht nicht die Erzählfreude des 19. Jahrhunderts, sondern die klare Aussage der 1930er-Jahre. Die vier Engelsköpfchen geben dem Ganzen eine humorvolle Note und betonen die reizvolle Verbindung aus Schnitzerei und Malerei.