Stiftung schießt Geld für Verhütung zu

von Redaktion

Stadt bietet Frauen Unterstützung an – Nur die wenigstens kennen das Angebot

Rosenheim – Die SPD und „Die Partei“ wollen ungewollte Schwangerschaften verhindern: Die Stadt soll aus diesem Grund einen Verhütungsmittelfonds einrichten. Ein ähnliches Angebot gibt es allerdings bereits. Nur zu wissen scheint das fast niemand. Das soll sich ändern.

Pille, Spirale oder Hormonstäbchen: Für viele Frauen ist die Entscheidung, ob und wie sie verhüten, auch eine Frage des Geldes. Denn für Frauen, die älter als 22 Jahre sind, übernehmen die Krankenkassen die Kosten für Verhütungsmittel nicht. Sozialschwache Frauen können sich ärztlich verordnete Langzeitverhütungsmittel deshalb häufig nicht leisten. So kostet eine Hormonspirale beispielsweise zwischen 300 und 400 Euro, eine Dreimonatsspritze zwischen 18,38 bis 33,43 Euro.

10000 Euro
jährlich im Haushalt?

Viel Geld für Frauen mit einem geringen Einkommen. Zumal im Hartz-IV-Regelsatz lediglich 17,02 Euro pro Monat zur Gesundheitspflege vorgesehen sind. Darunter fallen nicht nur Zuzahlungen für verschreibungspflichtige Medikamente, sondern eben auch Verhütungsmittel. Zwar gibt es die Möglichkeit, den Regelsatz erhöhen zu lassen, sollte beispielsweise aufgrund einer Pillenunverträglichkeit die Verordnung eines teuren alternativen Verhütungsmittels erforderlich sein, sonst aber sind die Frauen zum Großteil auf sich gestellt.

Um diese Frauen zu unterstützen, haben SPD und „Die Partei“ beantragt, dass die Stadt einen Verhütungsmittelfonds einrichtet und hierfür künftig 10000 Euro jährlich im Haushalt bereitstellen soll. Vorreiter sind Städte wie Krefeld oder Bochum. Dort übernimmt der Fonds die Kosten für ärztlich verordnete Verhütungsmittel.

Was sich wie ein plausibler Vorschlag anhört, hat in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familien und Senioren für viel Diskussionsstoff gesorgt. Unter anderem deshalb, weil die Stadt bereits eine Unterstützung anbietet. Von der bisher aber nur die wenigsten zu wissen scheinen.

„Die Stadt unterstützt Personen, die sich ärztlich verordnete Langzeitverhütungsmittel nicht leisten können, mit einer freiwilligen Kostenübernahme, obwohl sie rechtlich dazu nicht verpflichtet ist“, heißt es aus dem Rathaus. So gibt es seit 2010 unter anderem die Koordinierungsstelle „Frühe Kindheit Koki“, die Schwangere und Eltern mit Kindern bis zum dritten Lebensjahr unterstützt und berät. Seit 2017 können bedürftige Frauen an der Koordinierungsstelle einen Antrag auf die Übernahme eines sicheren Verhütungsmittels stellen. „Jährlich nahmen dieses Angebot bisher etwa zehn Frauen wahr“, teilt die Verwaltung auf Anfrage mit.

Das Geld kommt aus der Reichalmosenstiftung, bei der jedes Jahr 3000 Euro reserviert werden, die laut der Stadt „in aller Regel ausreichen“. Diese Handhabung sei eine flexible und effektive Hilfe. „Ein großer Vorteil aus Sicht der Verwaltung ist, dass sowohl das Jugendamt als auch das Sozialamt gleichermaßen als Anlaufstelle für betroffene Frauen fungieren“, heißt es aus dem Rathaus.

Ein Großteil der Stadträte kritisierte jedoch, dass viele von dem Angebot überhaupt nichts wüssten. „Ich habe mit Frauenärzten und sozialen Hilfestellen telefoniert. Niemand weiß von diesem Angebot“, sagt Ricarda Krüger (Die Partei) nach der Sitzung. „Wir haben mehr Bedarf, als bekannt ist“, ergänzte Stadtrat Robert Metzger (SPD). Es brauche eine geordnete Lösung und die Frauen müssten wissen, wohin sie sich wenden können. Aus diesem Grund schlug er vor, das Angebot bekannter zu machen. Zudem sollte die Zahlung laut Sonja Gintenreither, Fraktionsvorsitzende der Grünen, nicht nur bei einer Pillenunverträglichkeit erfolgen. „Frauen sollen von Anfang an entscheiden dürfen, welches Verhütungsmittel sie wollen.“

Bessere
Öffentlichkeitsarbeit

Ohne Gegenstimme einigte sich das Gremium darauf, dass zwar kein eigener Verhütungsmittelfonds eingerichtet wird, dafür aber die Öffentlichkeitsarbeit deutlich verbessert wird. So soll unter anderem ein vorhandenes Informationsblatt aktualisiert werden. Dieses soll anschließend im Jobcenter sowie den Infostellen im Rathaus ausgelegt werden. Zudem soll das Infoblatt an die Schwangerschaftsberatungsstellen versandt werden.

Wo bekomme ich finanzielle Unterstützung?

Sozialschwache Frauen, die sich ärztlich verordnete Langzeitverhütungen nicht leisten können, können bei der Stadt um finanzielle Unterstützung bitten. Freiwillig übernommen werden unter anderem die Kosten für Spirale, Hormonimplantat oder eine Dreimonatsspritze, nicht jedoch für Antibabypille, Kondome oder Diaphragmen. Benötigt werden ein formloser Antrag sowie Personalausweis oder Pass, der aktuelle Bescheid über Leistungen vom Jobcenter, Sozialhilfe oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die ärztliche Verordnung des Verhütungsmittels und der Zahlungsbeleg im Original beziehungsweise ein Kostenvoranschlag. Mehr Infos gibt es beim Sozialamt unter Telefon 08031/3651461 oder per E-Mail unter sozialamt@rosenheim.de beziehungsweise bei der Koordinierungsstelle „Koko“ unter Telefon 08031/365 1588 oder per E-Mail an koki@rosenheim.de.

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