Rosenheim –Slow Fashion, Biowolle und faire Accessoires: Immer mehr Menschen legen beim Einkaufen Wert auf bewussten Konsum. Um das Thema weiter voranzutreiben, veranstalten sechs bayerische Volkshochschulen – darunter Rosenheim – die „Slow Fashion Week“.
Klamotten einfach wegzuwerfen, kam für Anita Weiß noch nie in Frage. Die Kolbermoorerin arbeitet als Schneiderin, hat schon als Kind ihre Zeit damit verbracht, Pullover und Kleider, die nicht passten, passend zu machen. In ihrem Atelier stapeln sich Stoffe, Leder und Knöpfe. „Ich hebe alles auf“, sagt sie. Seit 45 Jahren nimmt sie Maß, fertigt Schnittmuster an und verarbeitet Textilstoffe zu Bekleidung. Weil es auch als Schneiderin wichtig sei, eine Nische zu finden, hat sie sich auf die Änderungen von Lederhosen, Dirndl und Trachten spezialisiert.
Der nachhaltige
Kleiderschrank
Ihr Können und Wissen gibt sie seit drei Jahren als Dozentin an der Rosenheimer Volkshochschule weiter. In ihren Kursen bringt sie den Teilnehmern bei, wie man einen Reißverschluss annäht oder eine Jeans enger macht. „Mir ist es wichtig, dass die Leute wissen, wie viel Arbeit in einem Kleidungsstück steckt. Wenn man es im Laden kauft, weiß man das oft nicht“, sagt Weiß. Auch Pullover, Jeans oder T-Shirts einfach wegzuwerfen, würde dann deutlich schwerer fallen, wenn man sie selber geschneidert habe. „Man lernt, die Kleidungsstücke ganz anders zu schätzen“, sagt sie. Diese Einstellung, aber auch den Spaß am Nähen und dem Kreativsein, will Anita Weiß weitergeben. Sie nimmt deshalb an der „Slow Fashion Week“ teil und veranstaltet am Samstag, 6. November, die Änderungsschneiderei „Aus Alt mach Neu“.
Es ist nur eine von zahlreichen Veranstaltungen, die von Montag, 1. November, bis Sonntag, 7. November, in Rosenheim stattfinden. „Es gibt sowohl Präsenz- als auch Onlineveranstaltungen“, sagt Bianca Stein-Steffan, Leiterin der Rosenheimer VHS.
Für sie sei sofort klar gewesen, dass ihre Volkshochschule an der Themenwoche teilnimmt. „Wir haben einen Bildungsauftrag und Aufklärung gehört eben auch dazu“, sagt sie. Es sei ihr ein Anliegen, dass die Teilnehmer durch die verschiedenen Angebote einen Eindruck davon bekommen, unter welchen Bedingungen Kleidung entsteht und welche Rohstoffe dabei verarbeitet werden. Zudem soll ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, was jeder Einzelne bereits im Kleiderschrank hat.
Ein Jahr, ein
blaues Kleid
Eine Frau, die dieses Bewusstsein bereits vor vielen Jahren entwickelt hat, ist Meike Winnemuth. Die freie Journalistin, die bei Günther Jauchs „Wer wird Millionär“ 500000 Euro abgeräumt hat, hat ein Jahr lang jeden Tag das gleiche blaue Kleid getragen. „Ich habe mal gelesen, dass man nur zehn Prozent seiner Garderobe tatsächlich trägt. Der Rest hängt einfach nur rum. Ich wollte deshalb testen, ob ich es schaffe, jeden Tag dasselbe anzuziehen“, sagt sie. 365 Tage später lautet ihr Fazit: Ja, kann man. So gut, dass sie seit zwölf Jahren nur noch blaue Sachen im Schrank hat.
In einem Online-Panel spricht sie am Dienstag, 2. November, gemeinsam mit Michaela Gielgen, die in ihrem Geschäft nur nachhaltige Mode verkauft, und mit Modeaktivistin Vreni Jäckle über eine vielfältige und faire Modewelt und was sich auf dem Weg vom „rauschhaften zum nachhaltigen Konsum“ alles ändern muss. „Ich habe den Eindruck, dass sich in der Modeindustrie etwas bewegt. Aber es wird noch eine Weile dauern, bis es zu einer großen Bewegung kommt“, sagt Meike Winnemuth. Die Rosenheimer Volkshochschule trägt ihren Teil dazu bei.