Die christliche Botschaft hat sie einfach „umgehauen“

von Redaktion

Interview Veronika Gosling berichtet über ihren Weg von der Geografin zur Pastoralassistentin bei der Stadtkirche

Kolbermoor/Rosenheim – Von der Geografin zur Pastoralassistentin: Die Rosenheimerin Veronika Gosling ist Diplom-Geografin. Vor sieben Jahren hat sich die 41-Jährige dann für einen ganz anderen Weg entschieden. Sie studierte sechs Jahre Theologie und ist jetzt Pastoralassistentin in der Stadtkirche Kolbermoor. Ein Gespräch über die Aufgaben und Schwierigkeiten in diesem Beruf.

Frau Gosling, wieso haben Sie sich für diesen Beruf entschieden?

Das war kein geradliniger Weg. Ich bin als Jugendliche beim Thema Kirche erst mal ausgeschert. Ich habe mich erst als Erwachsene firmen lassen. Dafür war das eine sehr bewusste Entscheidung. Ich habe jemanden beim Sterben begleitet, geheiratet, selbst Kinder bekommen. Diese Erfahrungen haben mich einfach große Fragen stellen lassen. Was ist das Leben, wo führt es mich hin und was ist wichtig für uns? Da war auch die Frage nach Gott ganz zentral. Die christliche Botschaft und das Evangelium habe ich als ziemlich umhauende Botschaft – im positiven Sinn – erlebt. Dann habe ich die Entscheidung getroffen, dass ich als Seelsorgerin arbeiten möchte.

Haben Sie sofort mit dem Studium begonnen?

Ich habe mich zuerst ehrenamtlich in der Pfarrei engagiert, war im Pfarrgemeinderat und war im Kindergottesdienst-Team. Dann habe ich gemerkt, ich würde das gerne hauptberuflich machen. Nach der Taufe unserer Tochter ist die Entscheidung endgültig gefallen, obwohl ich einen tollen Beruf hatte.

Sie haben also Ihren Job als Geografin an den Nagel gehängt und angefangen zu studieren?

Das hat am Anfang ganz unwahrscheinlich ausgesehen und es gab viele Hindernisse. Ich bin dafür ja aus meinem Beruf und Verdienst ausgestiegen. Ein Studium mit zwei Kindern ist auch eine organisatorische Herausforderung. Aber mein Mann hat mich unterstützt und ich habe ein Stipendium bekommen. Und plötzlich war vieles möglich, was vorher unmöglich schien. Dann habe ich das einfach probiert und angefangen, Altgriechisch zu lernen. Das brauchte ich für das Theologiestudium. Alles in allem hat es sechs Jahre gedauert und jetzt habe ich den Magister in Theologie.

War es die Mühe wert?

Es war anstrengend, aber ich habe es unglaublich gern gemacht. Das waren einfach sechs Jahre des intensiven Lesens und Nachdenkens über Gott, den Glauben und mich selbst. Das hat mich persönlich ein großes Stück weitergebracht und ist natürlich auch eine hervorragende Grundlage für diesen Beruf. Normalerweise hat man das nicht, dass man mitten im Leben noch einmal aussteigen kann und sich so intensiv in eine Ausbildung begeben kann. Bei mir hat vieles zusammengespielt und ich bin unglaublich froh, dass das funktioniert hat.

Doch die Ausbildung ist noch nicht zu Ende oder?

Ich bin jetzt in dem sogenannten „Pastoralkurs Plus“. Das ist die nächste Ausbildungsetappe, die umfasst drei Jahre und ist die praktische Ausbildung für Seelsorger. Wir haben sogenannte „Werkwochen“. Die sind zur Gesprächsführung, der Ausbildung im Schulunterricht und allem, was zum Seelsorger-Sein gehört. Wie gehen Beerdigungen? Wie lernt man Predigen? Nach drei Jahren sendet mich der Bischof als Seelsorgerin im Bistum aus. Dann bin ich Pastoralreferentin – hoffentlich.

Und in der Stadtkirche sind Sie auch?

Genau, das Ganze findet dual statt. Ich bin in der Stadtkirche eingesetzt, arbeite im Seelsorgeteam mit und lerne dort auch. Parallel bin ich immer wieder auf Studientagen, meistens in München. Der Einstieg in die Praxis wird von den Ausbildungsveranstaltungen begleitet, die mir viel Spaß machen. Es läuft jetzt ganz konkret darauf zu, wo ich gerne hinwollte.

Was gefällt Ihnen besonders daran?

Das sind in erster Linie Begegnungen mit Menschen, Rede und Antwort stehen über die Fragen zu Glauben und Kirche. Auch Gottesdienst zu feiern, mit den Menschen in der Pfarrei, und einen Raum für Fragen zu geben, die die Leute haben. Ich mache auch Kindergottesdienste und Pflegedienst. Das ist fordernd, aber toll.

Gibt es auch Dinge, die schwierig sind?

Die Fülle. Es ist ein unglaublich bereicherndes, breites Feld, aber man muss in sehr vielen Bereichen gleichzeitig wach sein. Die Ausbildung ist sehr vielseitig. Diese Vielseitigkeit ist sehr reizvoll, aber auch fordernd. Die Kirche steckt gerade in einer Krise und Umbruchsituation. Das ist kein bequemer Start in den Beruf. Ich sehe aber große Chancen, daran mitzuarbeiten, wie die Kirche in zehn Jahren aussehen wird. Das ist noch offen.

Was braucht man, um Pastoralassistent zu werden?

Empathie ist eine Grundvoraussetzung. Man muss Menschen mögen und sich einfühlen können. Man muss sich auf die Höhen und Tiefen einlassen können, die es im Leben geben kann. Es hilft, wenn man zugänglich und offen wirkt. Man sollte ein geistliches Leben führen und den Draht zu Gott pflegen, Freude am Gottesdienst haben und miteinander zu feiern. Es muss der Wunsch da sein, dem Glauben einen Raum zu geben und sich dafür zu engagieren, dass Glaube und Gott erfahrbar werden.

Was sind Ihre Aufgaben?

Ich werde sicherlich im Bereich Kinder- und Familienpastoral arbeiten. Ich werde Beerdigungen halten, Predigt- und Gottesdienste gestalten, Sakramente wie die Firmung und Erstkommunion vorbereiten. Und zu einem großen Teil geht es auch um den Schulunterricht. Zu dem Beruf gehört, dass man an einer Schule Religion unterrichtet. Ich bin in der Grundschule in Großkarolinenfeld und werde die erste Klasse unterrichten. Dort habe ich einen Anleiter und mache das momentan noch mit ihm gemeinsam. Aber es läuft darauf hinaus, dass ich die Klasse irgendwann übernehme.

Bleiben Sie nach der Ausbildung in Kolbermoor?

Das weiß ich noch nicht, das wird sich noch entscheiden. Ich freue mich jetzt erst mal riesig auf die drei Jahre und auf die Begegnungen, die ich jetzt schon in der Pfarrei erlebe. Ich möchte dafür einstehen, dass das Leben mehr ist, als aufstehen, arbeiten und wieder schlafen gehen. Menschen auf ihrer eigenen spirituellen Suche und bei den Fragen des Lebens begleiten. Danach suchen, wie es heute aussehen kann, wenn wir unsere Verbindung zu Gott in der Kirche pflegen und welche Formen das in Zukunft haben kann.Interview: Paula Trautmann

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