Kolbermoor – Siegfried Sperber (84) ist ein Bayer durch und durch. Er ist nicht nur in Bayern geboren, spricht Bairisch und liebt das bayerische Lebensgefühl, sondern kennt sich auch gut mit der weiß-blauen Geschichte aus. Nun gibt er sein Wissen an andere weiter und klärt weit verbreitete Irrtümer auf.
Acht Seiten Text hat der Kolbermoorer zusammengetragen, die in Vorträgen Sperbers zur bayerischen Sprache einfließen werden (siehe Kasten). In einem Zug könne er seinen Text aber nicht vortragen. „Do herd koa Mensch mehr zua“, sagt Sperber. Damit die Besucher interessiert dabei bleiben und gut unterhalten werden, habe er einen Zither-Spieler organisiert, der ihn begleitet.
Bairisch
ist kein Dialekt
In den Spielpausen gibt es das ein oder andere Wissens-Schmankerl: Sperber zufolge glauben die meisten Leute, dass Bairisch ein Dialekt des Hochdeutschen sei. Das sei jedoch falsch. Als Martin Luther die Bibel im 16. Jahrhundert ins Deutsche übersetzte, gab es nach Angaben von Sperber über 20 Mundarten in Deutschland. Der Geistliche habe deshalb mit einer Sprache gearbeitet, die alle verstehen sollten, und so den entscheidenden Impuls zur Vereinheitlichung der deutschen Schriftsprache gegeben. Das heutige Hochdeutsch entspringe aber auch dem Duden.
Die bairische Sprache gehe hingegen auf den ersten bekannten Herzog des damaligen „Baierns“ zurück: Herzog Garibald. Er habe um das Jahr 550 regiert. Bairisch ist Sperber zufolge also viel älter als Deutsch und somit eine eigene Sprache, kein Dialekt. Im Bairischen gebe es allerdings regionale Unterschiede und Dialekte: Oberbairisch, Niederbairisch, Pfälzisch, Österreichisch, Südtirolerisch oder Zimbrisch in Italien.
Sperber weiß auch, warum Bayern heute mit „y“ geschrieben wird und nicht mehr mit einem „i“ wie zu Garibalds Zeiten: „König Ludwig I. hat das umgestellt, weil er ein Fan der Griechen war.“ Nur die Sprache Bairisch wird noch mit „i“ geschrieben.
Sperbers Vortrag ist aber nicht nur etwas für echte Bayern, sondern auch für „Zuagroaste“ – also Personen, die nicht von hier stammen, aber hier leben. Damit ihn jeder Besucher versteht, wird der Experte die bairischen Passagen ins Hochdeutsche übersetzen und den Text auf eine Leinwand übertragen, wodurch jeder mitlesen kann. Bestimmte Sachen könne Sperber aber einfach besser im Bairischen wiedergeben. „Des geht mir in die Seele“, findet er.
Das Lebensgefühl, das die melodische Sprache verbreite, gefalle ihm. In seinem Vortrag geht es aber nicht nur um die bairische Schrift und Sprache, sondern auch um die Mentalität. Die Bayern seien ein „aufgeschlossener und freundlicher Menschenschlag, hin und wieder aber a bissl stur“, sagt Sperber und lacht. Das Umfeld eines Menschen präge ihn. Es mache einen Unterschied, ob jemand in den Bergen oder am Meer aufwachse.
Sperber hat das jedenfalls beeinflusst, wie er erzählt. Am 24. September 1937 ist er in der Gärtnerei Prentl in Rosenheim auf die Welt gekommen und hat Bayern von klein auf erlebt, mit Festen, Tracht und allem, was dazu gehört. Wenn er seinen Vortrag hält, wird er deshalb natürlich seine Lederhose tragen.
Seitdem er Rentner ist, schreibt Sperber bairische Mundart-Gedichte und hat einige Bücher herausgebracht. Ihm liege viel an der bayerischen Mentalität und am Bairischen. Deshalb wolle er mit seinem Vortrag einen kleinen Beitrag dazu leisten, damit die Sprache beachtet wird und nicht gänzlich verloren geht. Deshalb sei er auch beim Bayernbund und beim Verein für bairische Sprache und Mundarten.
„Gredt und glust“
gibt es nicht mehr
Früher sei er auch in der Gruppe „Gredt und glust“ gewesen. Sieben Frauen und „a boa Mannsbuida“ seien von einem Lokal zum nächsten gezogen und jeder habe seine Geschichten oder Gedichte vorgelesen. Ein Musiker habe sie dabei begleitet. Die Veranstaltungen seien gut angekommen, erinnert sich Sperber.
Mittlerweile habe sich die Gruppe aufgelöst, weil einige Mitglieder zu alt oder bereits verstorben seien. Deshalb freut sich der Kolbermoorer umso mehr, dass er seine Geschichten nun wieder einem Publikum vortragen kann.