Rosenheim – Der Krieg in der Ukraine beschäftigt auch die Rosenheimer Politik. In der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses diskutierten die Stadträte fast eine Stunde über Hilfsangebote, Kapazitäten und warum man sich schon jetzt Gedanken über zusätzliche Kita- und Schulplätze machen sollte. Anlass dafür war ein interfraktioneller Antrag.
Viele privat
untergekommen
Die Prognosen sind deutlich. Nach Einschätzungen von Experten kommen dieses Jahr möglicherweise mehr geflüchtete Menschen nach Deutschland als im Krisenjahr 2015. Das bayerische Innenministerium hat die Stadt Rosenheim deshalb aufgefordert, 230 Unterbringungsplätze zu schaffen, bis die Kriegsflüchtlinge dauerhafte Quartiere gefunden haben. Ob es bei dieser Zahl bleibt oder sie sich – wie Oberbürgermeister Andreas März (CSU) vermutet – vielleicht sogar verdoppeln könnte, ist zumindest im Moment noch nicht absehbar. „Der Stadtverwaltung sind aktuell rund 130 ukrainische Kriegsflüchtlinge in Rosenheim bekannt. Weit überwiegend sind diese Menschen privat untergekommen“, heißt es aus dem Rathaus.
An weiteren Unterbringungsmöglichkeiten arbeitet die Verwaltung derzeit mit Hochdruck. So ist unter anderem die Luitpoldhalle seit Montag gesperrt. Wo sonst der Schul- und Vereinssport zu Hause war, sollen Menschen aus der Ukraine ab Freitag eine vorübergehende Bleibe finden. „In der Luitpoldhalle wird ein professionelles Hallenmanagement mit Sicherheitsdienst, Catering und Reinigungsfirma eingerichtet“, heißt es aus dem Rathaus.
Läuft alles nach Plan, sollen in der Luitpoldhalle bis zu 140 Kriegsflüchtlinge unterkommen. Weitere 35 Menschen könnten in den Gemeinschaftsunterkünften in der Zugspitzstraße und der Simsseestraße einen Schlafplatz finden. Auch in einem ehemaligen Gasthaus-Hotel in der Stadt sei ab Mai Platz für weitere 60 Personen. Hinzu kommen zahlreiche Privatpersonen, die ihre Hilfe angeboten haben. So seien in den vergangenen Tagen 350 Hilfsangebote bei der Stadt eingegangen – darunter Wohnraum, Dolmetschen, medizinische Hilfe oder Sachspenden.
Christian Hlatky von der Rosenheimer Bürgerstiftung sortiert diese Angebote im Moment. Er hat sich bereits 2015 um die Koordination gekümmert und ist der Leiter des Projektes „Paten für Geflüchtete“. „Wir suchen jetzt nach Ehrenamtlichen, die die geflüchteten Menschen in der Luitpoldhalle unterstützen können“, sagt Hlatky. Sei es bei Behördengängen, auf dem Weg zum Impfzentrum oder zum Arzt. Auch Menschen, die sich um mitgebrachte Tiere kümmern könnten, seien gefragt, da die Unterkünfte nicht auf Tiere ausgerichtet sind. „Im Moment gibt es viele offene Fragen, weil wir einfach nicht wissen, wer kommt“, sagt Hlatky. Neben Müttern und Kindern könnten auch Senioren oder Gastarbeiter in Rosenheim aufschlagen. Darauf müssten sich auch die Ehrenamtlichen einstellen.
Doch es ist nicht nur die Unterbringung und Versorgung, die die Rosenheimer Stadträte während der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses umtrieb. Denn für die geflüchteten Kinder braucht es auch Schul- und Kita-Plätze. Zwei Dinge, die in Rosenheim ohnehin schon knapp bemessen sind. „Wir müssen jetzt darüber nachdenken und nicht erst in drei Monaten, wenn die Schulpflicht für Geflüchtete beginnt“, sagte Stadtrat Florian Ludwig (CSU). Zustimmung bekam er von Robert Multrus, Fraktionsvorsitzendem der Freien Wähler/UP: „Wir müssen die Kapazitäten bereitstellen.“ Schuldezernent Michael Keneder sagte, dass man noch auf Anweisungen des Kultusministeriums warte.
Elisabeth Jordan (SPD) erkundigte sich in diesem Zusammenhang nach möglichen Deutschkursen und Integrationsklassen. Bereits 2015 war die Volkshochschule hier die treibende Kraft. Und auch jetzt sei man in der Einrichtung wieder bereit, Deutschkurse anzubieten. „Das Know-how haben wir, wir können sie sowohl hier in der VHS als auch irgendwo vor Ort anbieten, wenn wir beauftragt werden“, sagt Leiterin Bianca Stein-Steffan auf Nachfrage. Lediglich die Finanzierung dieser Kurse müsste geklärt werden.
Gemeinsam
zusammen helfen
„Wir werden nicht von heute auf morgen auf alles eine Antwort haben“, sagte Oberbürgermeister März. Neben der Ukraine-Krise sei Corona nach wie vor ein Thema. All das unter einen Hut zu bringen, sei eine „Riesenherausforderung“. Dennoch zeigte sich März optimistisch, dass Rosenheim auch das meistern werde. „Es ist eine Gemeinschaftsleistung, die zu erbringen ist.“ Dass die Bürger und Politiker dafür bereit sind, zeigen nicht nur die zahlreichen Hilfsangebote, sondern auch der interfraktionelle Antrag der Politiker.