Kolbermoor/Ostermünchen/Rosenheim – Wer flieht, packt ein, was einem viel bedeutet. Das können Kinderfotos, Erbstücke oder auch Haustiere sein. Einige Geflüchtete haben ihre Hunde oder Katzen aus der Ukraine nach Deutschland mitgebracht. Tierheime in der Region helfen, wo sie können.
Im Veranstaltungsraum des Tierheims Rosenheim stapeln sich Futtersäcke, Decken, Hunde- und Katzenboxen. „Wenn es ein kleiner Raum wäre, wäre er rappelvoll“, sagt Andrea Thomas, Vorsitzende des Tierschutzvereins. Vor rund zwei Wochen hätten Stadt und Landkreis Rosenheim um Hilfe gebeten. Denn nicht nur die Ukrainer, auch ihre Tiere müssen versorgt werden.
50 Bürger
haben gespendet
„Es ist uns sehr wichtig, dass wir die Geflüchteten nicht von ihren Haustieren trennen“, versichert Ina Krug, Sprecherin des Rosenheimer Landratsamtes. Bisher seien nur eine Handvoll kleinere Hunde und Katzen mitgereist. Damit diese bei ihren Besitzern bleiben dürfen, haben sich Landratsamt und Tierschutzverein zusammengetan.
Am Anfang hat der Verein selbst Futter und einige Boxen bereitgestellt. Dann haben die Mitarbeiter einen Spendenaufruf in sozialen Medien gestartet und seitdem haben Thomas zufolge mindestens 50 Personen gespendet. „Das ist auch total toll von der Bevölkerung“, sagt die Vorsitzende. Denn die Lieferung von Hunde- und Katzenboxen dauere oft zu lang. Wenn jemand noch einen Käfig zu Hause hat und diesen spendet, haben die Tiere schneller einen Schlafplatz. Besonders große Gitterboxen werden gebraucht, aber auch andere Spenden nimmt das Tierheim gerne. Einige Boxen und Futtersäcke haben Tierheim-Mitarbeiter schon in Turnhallen nach Bad Aibling, Wasserburg und Prien gebracht. „Ich glaube, dass wir die komplette Situation erst innerhalb von drei bis vier Wochen abschätzen können“, sagt Thomas. Niemand wisse aktuell, wie viele Tiere versorgt werden müssen und wie es weitergeht.
Es sei aber wichtig, dass die Ukrainer ihre Tiere zur seelischen Unterstützung behalten dürfen. Sie vermutet, dass es die Geflüchteten zusätzlich belasten würde, wenn sie ihre Hunde oder Katzen zurücklassen müssten.
Das will das Landratsamt nach Angaben von Ina Krug ohnehin vermeiden. Bei der Anmietung von privaten Wohnungen fragen die Mitarbeiter deshalb nach, ob dort auch Geflüchtete mit Haustieren wohnen dürfen. Krug zufolge dürfte es deshalb „keine größeren Schwierigkeiten“ geben.
Bisher wurden noch keine Tiere im Heim abgegeben. Falls doch welche ins Heim müssen, hilft der Tierschutzverein. Vor zwei Wochen habe der Verein seine Kapazitäten an den bayerischen Landesverband des Deutschen Tierschutzbundes gemeldet. Das Tierheim könnte jeweils acht Hunde und Katzen mit nachweisbar gültigem Tollwut-Impfstatus sowie jeweils sechs Hunde und Katzen in die vorübergehende Tollwutquarantäne aufnehmen.
Die Zahlen ändern sich Thomas zufolge jedoch ständig: „Wenn wir mehr Tiere vermitteln, haben wir mehr Platz. Sollten mehr Tiere gefunden oder abgegeben werden, reduzieren sich die Plätze wieder.“ Der Verein wolle dennoch alle Kräfte mobilisieren, um so viele Tiere wie möglich aufnehmen zu können – solange die vom Veterinäramt genehmigte Anzahl nicht überstiegen wird.
„Dass wir mit unserem neuen Tierheim endlich die Möglichkeit haben, auch in einer solchen Ausnahmesituation helfen zu können, macht uns sehr froh“, sagt Thomas. Mit dem Altbau sei das nicht möglich gewesen.
Neues Zuhause
für fünf Hunde
Im Gegensatz zur Einrichtung hat das Tierheim Ostermünchen schon fünf Hunde aufgenommen. „Heime in Rumänien brauchen Kapazitäten für Tiere aus der Ukraine“, sagt Vorsitzender Tilman Rieger. International vernetzte Vereine hätten ihnen die Tiere vermittelt.
Das sei eine rechtliche Grauzone. Normalerweise dürfen Heime in Bayern keine Tiere aus dem Ausland aufnehmen. Wenn sie es doch tun, verlieren sie ihr Fördergeld. Rieger hofft, dass das Tierheim Ostermünchen seine Förderung behalten darf: „Ich hoffe auf Fingerspitzengefühl, es ist schließlich Krieg in der Ukraine.“