Rosenheim – Viele Initiativen setzen sich dafür ein, dass Pfandgut neben den öffentlichen Mülleimern abgestellt wird. Auch SPD und „Die Partei“ möchten Flaschensammlern in Rosenheim das Wühlen in Mülleimern ersparen. In der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses haben sich die Mitglieder jetzt aber gegen Pfandringe ausgesprochen – zum Unverständnis eines Flaschensammlers.
28 Euro in
drei Wochen
Für Richard Waldhäusl (59) ist es ein ganz normaler Job. Jeden Morgen steht er auf, zieht durch die Stadt und sammelt die Pfandflaschen aus den Mülleimern – und das schon seit 16 Jahren. „Ich brauchte damals Geld und habe begonnen, Flaschen zu sammeln“, sagt er. An manchen Tagen würden so mehrere Euros zusammenkommen, an anderen Tagen bleibe es bei Cent-Beträgen. „Wenn es gut läuft, mache ich in drei Wochen rund 28 Euro“, sagt Waldhäusl. An den Blicken aus der Bevölkerung störe er sich schon lange nicht mehr und auch an das Greifen in den Mülleimer hat er sich gewöhnt. „Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass ich mich schneide oder in etwas rein fasse“, sagt er.
Umso mehr würde er es begrüßen, wenn – ähnlich wie in über 100 anderen Städten in Deutschland – Pfandringe an den Mülleimern installiert werden. Dabei handelt es sich um ein Metallgestell, das an Mülleimer oder Laternen montiert wird und in das leere Pfandflaschen gestellt werden können. „Mir ist aufgefallen, dass Menschen aus Bequemlichkeit Pfand in den Müll werfen und andere in die Tonnen greifen müssen, um sich mit dem Pfandsammeln ein Zubrot zu verdienen. Daran habe ich mich gestoßen“, sagt der Kölner Diplomdesigner Paul Ketz, der den Pfandring vor rund zehn Jahren entwickelt hat.
Was sich wie eine gute Idee anhört und das Leben von Pfandsammlern erleichtern soll, ist in der Sitzung des Umweltausschusses nur auf wenig Gegenliebe gestoßen. „Bislang hat die Verwaltung auf Pfandringe an Abfallbehältern aufgrund der in der Praxis oftmals negativen Erfahrungen vieler anderer Kommunen verzichtet“, heißt es aus dem Rathaus. Dabei beruft sich die Verwaltung auf eine 19-seitige Zusammenfassung des Verbands kommunaler Unternehmen, die sich mit dem Pro und Kontra von Pfandflaschenhalterungen auseinandergesetzt und Praxisbeispiele anderer Städte aufgeführt hat.
Da wäre beispielsweise Bamberg, die als eine der ersten deutschen Städte 2014 zwei Pfandringe aufhängen ließ. Während des Testzentrums hat das Umweltamt über 20 Vor-Ort-Kontrollen durchgeführt und den Entsorgungs- und Baubetrieb Bamberg (EBB) regelmäßig um Erfahrungsberichte seiner Straßenreiniger vor Ort gebeten. Pfandflaschen seien selten in den Ringen vorgefunden worden, dafür Wein- und Sektflaschen. In Bielefeld hat sich das Jugendforum starkgemacht und über einen Sponsor 24 Pfandringe für je drei Flaschen verwirklicht. Das Problem: Statt Pfandflaschen sammelten sich dort, ähnlich wie in Bamberg, Müll und Einwegprodukte in der Halterung. Zudem wühlen die Flaschensammler trotzdem noch zusätzlich im Abfall. Eine ähnliche Bilanz ziehen Magdeburg, Karlsruhe und München. „Das Fazit dieser Kommunen ist, dass die Idee der Pfandhalterungen in der Theorie gut klingt, aber in der Praxis meist Probleme verursacht“, teilt die Rosenheimer Stadtverwaltung mit.
Es ist eine Einschätzung, die auch die CSU und die Freien Wähler/UP dazu bewogen hat, gegen den Antrag von SPD und „Die Partei“ zu stimmen. „Ich kann die Intention klar nachvollziehen“, sagte Stadtrat Markus Dick (Freie Wähler/UP). Trotzdem lehnte er den Vorschlag aufgrund des zu geringen Nutzens ab.
Eine gänzlich andere Meinung vertraten Gabriele Leicht (SPD) und ÖDP-Stadtrat Horst Halser. „Es ist unwürdig, wenn Menschen im Müll anderer Leute wühlen müssen“, sagte Leicht. In ihren Augen seien die Pfandringe eine Geste für diejenigen, die auf die 25 Cent angewiesen sind, um sich ihren Lebensunterhalt zu sichern. Sowohl sie als auch Halser schlugen deshalb vor vier Pfandringe in der Innenstadt anzubringen. „Warum sollen wir etwas ausprobieren, was sich in anderen Städten nicht bewährt hat?“, hinterfragte Oberbürgermeister Andreas März (CSU).
Bierkasten
als Alternative?
Stadtrat Peter Weigel (Grüne) regte deshalb an, über Alternativen nachzudenken. So könnte er sich auch einen Bierkasten vorstellen, in den Pfandflaschen gestellt werden können. „Ich glaube, das würde vermüllen“, entgegnete März.
Und so entschieden sich die Stadträte mit 7:4 Stimmen gegen die Einführung von Pfandringen. Für Richard Waldhäusl wird sich also auch in Zukunft nichts verändern. „Geholfen hätte es schon“, sagt er.