Am Flughafen klickten die Handschellen

von Redaktion

Rumäne (24) flüchtet nach Gewalttat in die Türkei – Haftstrafe auf Bewährung

Rosenheim – Weil er als Mittäter an zwei Gewalttaten beteiligt war, musste sich jetzt ein 24-jähriger gebürtiger Rumäne, der in Rosenheim wohnt, vor dem Rosenheimer Amtsgericht verantworten. Nach der zweiten Tat hatte sich der 24-Jährige zunächst in die Türkei abgesetzt, war nach der Rückkehr aber direkt am Flughafen verhaftet worden.

Vorwürfe gegen
den Staatsanwalt

Noch bevor die zwei Anklagen gegen den 24-jährigen Rumänen verlesen werden konnten, erhob der Verteidiger, Rechtsanwalt Alexander Esser, massive Vorwürfe gegen den Staatsanwalt. Dieser hatte seiner Meinung nach in einem Verfahren am Vortag gegen seinen Mandanten unfaire Methoden angewandt, um von diesem eine Zeugenaussage zu erzwingen. Sogar eine Festnahme war angeordnet worden, die jedoch vom Ermittlungsrichter wieder aufgehoben wurde. Deshalb hatte der Anwalt bei der Staatsanwaltschaft eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt und versucht, dessen Funktion in diesem Verfahren wegen „der Gefahr von inkorrektem Verhalten“ abzulehnen.

So musste das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Matthias Knoblauch die Entscheidung der Staatsanwaltschaft abwarten, ob der für diese Anklage vorgesehene Staatsanwalt überhaupt weiterhin die Anklage vertreten kann. Die Staatsanwaltschaft wies das Ansinnen der Verteidigung zurück, sodass das Verfahren fortgeführt werden konnte. Unberührt davon bleibt allerdings die Dienstaufsichtsbeschwerde, über die der Generalstaatsanwalt in München entscheiden muss.

Vorgeworfen wurde dem Angeklagten die Beteiligung an zwei Schlägereien. Am 8. Mai 2021 gab es nach einer Verfolgungsjagd durch die Stadt zwischen den Passagieren eines Pkw und dem von ihnen verfolgten Motorradfahrer in der Rathausstraße eine Schlägerei, bei der diese auf den Kradfahrer losgingen. Dieser, ein aktiver Kampfsportler, konnte sich zwar kräftig zur Wehr setzen, war aber den vier Angreifern letztlich doch unterlegen. Erst als Passanten einschritten, ergriffen die Angreifer die Flucht. Anhand des Kfz-Kennzeichens konnten die Täter – darunter der Angeklagte – aber ermittelt werden.

Schwerer wog allerdings die Anklage wegen eines Vorfalles am 4. Juli 2021 gegen 1.45 Uhr. An der Kaiserstraße, Ecke Ludwigsplatz, hatte der anderweitig verfolgte türkische Täter mit einem anderen Landsmann eine Prügelei begonnen. Der Angeklagte kam hinzu und schlug ebenfalls auf das schon körperlich völlig unterlegene Tatopfer ein. Mit den Worten „Du hast meine Schwester angefasst“ war dieser von dem anderen Mann angegriffen worden. Als die Polizeistreife dazu kam, flüchteten die Täter. Das Opfer erlitt bei der Attacke schwere Kopfverletzungen.

Beide Täter entzogen sich der Strafverfolgung zunächst durch die Flucht in die Türkei. Als der Angeklagte aber am 14. August 2021 von dort per Flugzeug nach Memmingen zurückkehrte, klickten die Handschellen. Schließlich waren die beiden Männer zur Fahndung ausgeschrieben worden.

Vor dem Schöffengericht war der junge Rumäne in der Summe geständig, wenn er auch angab, bei der Auseinandersetzung mit dem Motorradfahrer selber provoziert worden zu sein. Im Falle des verprügelten Türken übergab er diesem noch im Gerichtssaal eine Schmerzensgeld-Anzahlung von 2000 Euro.

Der Staatsanwalt unterstrich in seinem Schlussvortrag die große Brutalität, mit der das Tatopfer im Juli 2021 niedergeschlagen worden war. Auch im Falle der Auseinandersetzung mit dem Motorradfahrer hätten vier Mann auf diesen eingeschlagen. In beiden Fällen handle es sich um eine gefährliche, in einem Fall sogar um schwere Körperverletzung. Er beantragte, gegen den 24-jährigen Angeklagten eine Gefängnisstrafe von drei Jahren und drei Monaten zu verhängen. Bei diesem Strafmaß sei die Aussetzung zur Bewährung ohnehin nicht mehr möglich.

Der Verteidiger hob hervor, dass sein Mandant noch nie wegen eines Körperverletzungsdeliktes aufgefallen, geschweige denn verurteilt worden war. Es habe sich um einmalige Vergehen gehandelt, wobei im Falle des Motorradfahrers aufgrund dessen Mitwirkens durchaus ein Freispruch infrage käme. Eine Haftstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne, sei angemessen.

Haupttäter ist untergetaucht

Das Gericht stellte fest, dass es sich in beiden Fällen um einen Fall von Mittäterschaft handle, der Angeklagte also in beiden Fällen schuldig gesprochen werden müsse. Weil er aber mit derlei Straftaten noch nicht in Erscheinung getreten war, reiche eine Gefängnisstrafe von 20 Monaten aus, die das Gericht letztlich zur Bewährung aussetzte. Darüber hinaus wurde er verpflichtet, allen weiteren Schadensersatzforderungen des verletzten Tatopfers nachzukommen. Der Haupttäter ist nach Angaben des Gerichts derzeit unter falschem Namen in der Türkei untergetaucht.

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