„Das Wirtshaus fällt als Erstes weg“

von Redaktion

Die hohen Lebensmittelpreise stellen die Rosenheimer Gastronomen vor Probleme

Rosenheim – Über die 27 Prozent, die Speiseöle im Durchschnitt gestiegen sind, kann Toni Sket, Wirt im Gasthof „Zum Johann Auer“, nur lachen. „Der Einkaufspreis ist um 100 Prozent gestiegen“, erzählt er. 3,20 Euro zahlt er für zehn Liter statt vorher 1,60 Euro.

Im Supermarkt sind Speiseöle bereits ein rares Gut. Selten kann man mehr als einen Liter kaufen, wer einen ganzen Karton möchte, wird in der Regel an der Kasse gestoppt.

Nur wer braucht schon mehr als einen Liter Öl in einem privaten Haushalt? In der Gastronomie sieht das anders aus. Und immerhin kann zumindest Sket nicht von Rationierungen berichten.

Krieg und
schlechte Ernten

Einer der Gründe für die Preisexplosion ist der Krieg in der Ukraine. Das Land ist der größte europäische Exporteur für Sonnenblumenöl, das meist genutzte Brat- und Speiseöl in Deutschland. Aber der Krieg ist nicht die einzige Ursache für die gestiegenen Preise – wenn natürlich auch die gravierendste. Bereits in den letzten Jahren waren die Ernten eher schlecht, und die Anbaugebiete in Europa werden kleiner. Die Gewinnspanne ist für die Bauern verhältnismäßig gering. Aber das Öl ist eigentlich nicht Skets Problem. Etwa drei Liter am Tag werden im „Zum Johann Auer“ täglich zum Grillen und für Salate verbraucht. Das summiert sich, macht aber den Kohl nicht fett. Den machen die Preise insgesamt.

Fleisch, Eier, Mehl etwa stiegen um etwa 20 Prozent in den letzten Monaten. Kartoffeln um gut 15 Prozent, Tomaten sogar um fast 40. „Frittierfett benutzen wir gar nicht mehr“, erzählt Sket. Auch in der Fritteuse kommt Öl zum Einsatz. Zehn Liter Frittierfett würden etwa 40 Euro kosten, sagt Sket, und lange benutzen könne man es nicht, sonst würden „die Pommes nicht mehr resch.“ Preislich, damit der Wirt nicht auf seinen Kosten sitzen bleibt, müssten die Pommes allein dann gut sechs Euro kosten – das Schnitzel käme noch oben drauf.

Auch die Getränkepreise von Bier, Cola und Co. bleiben nicht vom Krieg verschont. Sket zahlt für die kleine 0,2-Liter-Flasche Cola im Einkauf vor Steuern 92 Cent. Wenn er an einer kleinen Cola noch etwas verdienen will, „dann müsste die 4,50 Euro kosten. Aber wer zahlt das denn für eine kleine Cola?“

Noch krasser ist die Situation beim Bier. Etwa 230 Euro zahlt Sket für den Hektoliter Weißbier, also gut einen Euro pro Flasche. Fünf Euro wären für den Wirt ein guter Preis, aber einer, den er den Gästen kaum vermitteln kann: „Wenn du fünf Euro für ein Weißbier zahlst, dann gehst du lieber zum Discounter.“ Im Augenblick aber, sagt Sket, sei die Stimmung gut. Die Leute haben Lust, nach den vielen coronabedingten Einschränkungen endlich wieder essen zu gehen und zu reisen. Aber Sket weiß auch: „Das Wirtshaus und die Restaurants sind die ersten Sachen, die wegfallen, wenn es eng wird.“ Und Sket ist sich sicher, dass es wieder eng wird. Zum einen werden die Kosten für Lebensmittel und Energie nicht sobald wieder fallen, und zum anderen wird die große Ausgehlust sich vermutlich auch wieder auf ein Normalmaß reduzieren. Und ob das Geld beim Gast dann noch so locker sitzt, ist auch fraglich. Schließlich kämpft der ja auch mit den gestiegenen Preisen.

Braucht es erneut
staatliche Hilfe?

Dabei hat die Gastronomie ja schon schwere Jahre hinter sich. Zwei Jahre mit Lockdowns und Einschränkungen haben die Branche hart getroffen. Sket ist dankbar für die Unterstützung vom Staat: „Ohne die Hilfen würde es uns heute nicht mehr geben“, stellt er klar. Aber nun steht er vor dem nächsten Problem. „Spätestens im Winter wird uns das einholen. Da sehe ich schwarz“, erklärt er. Wichtig wäre für ihn, die Umsatzsteuer wieder zu senken – am besten dauerhaft. Schon während der Corona-Krise senkte die Bundesregierung die Umsatzsteuer bei Restaurantbesuchen von 19 auf 7 Prozent, um die Gastronomen zu entlasten.

Sket ist dennoch hoffnungsvoll – solange jedenfalls die Brauereien nicht den Bierpreis anziehen.

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