Rosenheim – Die Inflation steigt, die Mieten bislang kaum. Doch das könnte sich bald ändern. Vor allem für diejenigen, die einen Indexmietvertrag unterschrieben haben. Sie müssen sich nicht nur auf höhere Nebenkosten einstellen, sondern auch auf Mieterhöhungen.
„Vonovia“ betreibt in Stadt 240 Wohnungen
Es ist eine Nachricht, die für Aufregung gesorgt hat: Vor rund einer Woche hat Vonovia-Vorstandschef Rolf Buch in einem Gespräch mit dem „Handelsblatt“ bekannt gegeben, dass Mieterhöhungen angesichts der hohen Inflationsraten „unausweichlich“ seien. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer, und auch in Rosenheim horchten einige Mieter auf. Denn Deutschlands größter Wohnungskonzern betreibt in der Stadt 240 Wohnungen – unter anderem an der Gießereistraße. Doch von angeblichen Erhöhungen haben die Mieter hier noch nichts gehört. Das bestätigt eine Frau, die seit 41 Jahren in der Straße wohnt.
Steigerung
um 1,3 Prozent
Und auch bei „Vonovia“ scheint man zumindest von der Schlagzeile überrascht zu sein. „Wir kündigen Mieterhöhungen nicht medial an“, sagt Vonovia-Pressesprecher Olaf Frei. In dem Interview sei es um wirtschaftliche Zusammenhänge und die Konsequenzen aus der „allgemeinen Teuerung und steigender Preise für Baumaterialien, Energie und anderer Produkte“ gegangen. „Bei steigenden Preisen für Neubau werden auch die Neubaumieten steigen. Nachgelagert bedeutet das, dass auch diese in die Mietspiegel einfließen“, sagt Frei. „Vonovia“ verlange eine Durchschnittsmiete von sieben Euro. Die Mieten seien in den vergangenen Jahrzehnten um 1,3 Prozent pro Jahr gestiegen, bei einer Inflation von rund 1,4 Prozent.
Doch mittlerweile liegt die Inflation in Deutschland bei 7,9 Prozent. Und neben steigenden Lebensmittelpreisen scheinen auch Mieterhöhungen eine unausweichliche Folge zu sein. „Die Inflation wirkt sich über die Mietspiegel auch auf die Mieten aus“, bestätigt Frei. Er weist aber auch darauf hin, dass Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete rechtlich klar geregelt sind. „Zur Ermittlung der Vergleichsmiete existieren verschiedene Verfahren“, sagt Frei. „Vonovia“ setze dabei grundsätzlich den örtlichen Mietspiegel ein.
Weil es einen Mietspiegel für Rosenheim noch nicht gibt, haben Mitglieder des Haus- und Grundbesitzervereins zu einem hohen Anteil eine Anpassungsvereinbarung im Mietvertrag getroffen. „Dadurch wird für beide Seiten eine Transparenz geschaffen, wie eine Mietanpassung erfolgt“, sagt Geschäftsführerin Monika Frisch. In den vergangenen Jahren seien häufig Staffelmieten vereinbart worden, und im Anschluss eine Indexvereinbarung.
Bei Indexmietverträgen richtet sich die Mieterhöhung nach dem Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes. Heißt: Indexmieten orientieren sich an der jeweiligen Inflationsrate. „Bisher hatten die Mieter bei Vereinbarung einer Indexmiete einen großen Vorteil im Gegensatz zu einer Anpassung über Vergleichsmieten“, sagt Frisch. In Rosenheim sei die Erhöhung mit Vergleichsmieten auf 15 Prozent innerhalb von drei Jahren gedeckelt worden. „Somit konnte man bei einer niedrigen Miete eine höhere Anpassungsquote erzielen. Der Index bot diese Möglichkeit nicht“, sagt Frisch.
Doch mittlerweile ist die Situation aufgrund der Pandemie und des Ukraine-Kriegs eine andere. Das weiß auch Martin Rothammer vom Rosenheimer Mieterverein: „Gerade Mieter, die sogenannte Indexmietverträge haben, sind nach gegenwärtiger Rechtslage möglichen massiven Mietsteigerungen schutzlos ausgeliefert.“
Denn bei einer Inflationsrate von 7,9 Prozent wäre eine Mieterhöhung nicht unerheblich. Bewohnt man beispielsweise eine Zwei-Zimmer-Wohnung, die 800 Euro Miete kostet, dürfte der Vermieter bald knapp 63 Euro mehr verlangen. „Es ist deshalb aus unserer Sicht unabdingbar, dass der Gesetzgeber unverzüglich eine verbindliche Obergrenze für Mieterhöhungen bei Indexverträgen normiert“, sagt Martin Rothammer.
Wie viele Index-Mieter es in Rosenheim tatsächlich gibt, ist schwer zu sagen. „Indexmieten machen nur rund 1,3 Prozent unserer Wohnmietverträge in Deutschland aus“, sagt „Vonovia“-Pressesprecher Olaf Frei. Beim weitaus größeren Teil der Verträge orientiere sich die Miete am Mietspiegel. Ähnlich äußert sich Stefan Ludwig, Geschäftsführer der Städtischen Wohnungsbau- und Sanierungsgesellschaft (GRWS): „Unsere Wohnungsmietverträge beinhalten keine Indexklauseln.“ Fest steht aber auch, dass aufgrund der Mietbremse wieder vermehrt auf eine Indexvereinbarung im Mietvertrag gesetzt wird. Das bestätigt auch Monika Frisch vom Haus- und Grundbesitzerverein.
Vorausschauend planen ist wichtig
Aber auch bei all denjenigen, die keinen Indexmietvertrag haben, wird sich die Inflation im Geldbeutel bemerkbar machen. „Die Mieter werden aufgrund der explodierenden Energiekosten in Kürze mit massiven Nachzahlungen bei den Heizkosten konfrontiert werden“, sagt Martin Rothammer. Und auch Stefan Ludwig appelliert an die Mieter vorausschauend zu planen. „Auf die Betriebskosten ihrer Wohnung leisten unsere Mieter monatliche Vorauszahlungen, die jährlich nach den tatsächlich angefallenen Kosten abgerechnet werden“, sagt er.
Anstieg der Energiepreise
Inflationsbedingt seien diese Kosten – wie etwa die Energiepreise – erheblich gestiegen, sodass sich bei den Nebenkostenabrechnungen für viele Mieter ein Nachzahlungsbetrag ergeben wird. „Das ist aber keine Mieterhöhung“, macht Ludwig deutlich. Diese werde, wie bisher, nur moderat angesetzt. „Eine mit der derzeitigen allgemeinen hohen Inflationsrate begründete Mieterhöhung auf die Kaltmiete wird es nicht geben“, versichert der GRWS-Geschäftsführer.