Rosenheim – Elisabeth-Block-Tage, eine Erinnerungsausstellung oder ein Wandbild an der Mädchenrealschule: Grüne, ÖDP und FDP wollen anlässlich ihres 100. Geburtstags an die im KZ ermordete Elisabeth Block erinnern. Doch die Verwaltung hat andere Pläne.
Touch-Screen-Version des Tagebuchs
Man kann sich nur an Menschen erinnern, mit deren Namen sich ein Gesicht, ein Werk oder eine Geisteshaltung verbindet. Da ist sich Karl-Heinz Brauner sicher. Der Grünen-Stadtrat hat deshalb, gemeinsam mit mehreren Stadtratskollegen, einen Antrag an Oberbürgermeister Andreas März (CSU) gestellt. Ihr Wunsch: Die Stadt soll am 12. Februar 2023 mit verschiedenen Aktionen an das Leben, Lernen und Arbeiten des jüdischen Mädchens erinnern. Mit einer Touch-Screen-Version des Tagebuchs von Elisabeth Block, einer Erinnerungsausstellung, organisiert vom Städtischen Museum, sowie speziellen Tagen, die dem wohl bekanntesten Opfer des Nationalsozialismus aus der Region gewidmet sind.
Doch so richtig überzeugen konnten Grüne, FDP und ÖDP die Stadtverwaltung mit ihren Vorschlägen nicht. „Eine Fixierung alleine auf die Person Elisabeth Block erscheint unangemessen, da auch ihre Eltern Fritz und Mirijam Block, ihr Bruder Arno und ihre Schwester Gertrud ermordet wurden“, teilte Kulturamtsleiter Wolfgang Hauck während der jüngsten Sitzung des Schul-, Kultur- und Sportausschusses mit. Zudem seien – unabhängig von der Familie Block – auch weitere Rosenheimer Mitbürger „Opfer der Ideologie des Nationalsozialismus“ geworden.
Eine Gedächtnisausstellung im Städtischen Museum sei zudem nicht realisierbar, da die Ausstellungsräume bereits verplant seien, und es nicht genügend Objekte zu Elisabeth Block gibt. Außerdem erinnerte Hauck daran, dass der Familie Block und allen weiteren jüdischen Opfern des Holocausts im Städtischen Museum seit 1998 mit einem konzipierten Ausstellungsbereich gedacht wird.
Stattdessen schlug die Verwaltung vor, dass zum 12. Februar 2023 im Rahmen einer Schaufensterausstellung an die gesamte Familie Block und alle anderen Holocaust-Opfer erinnert wird. Auch prüfe der Förderverein „Städtisches Museum“, ob sich eine ergänzende Begleitveranstaltung durchführen lasse.
Realisiert werden könnte, in Kooperation mit der Städtischen Galerie, der Wunsch nach der künstlerischen Gestaltung einer Außenwand. „Die Umsetzung, wie auch eine angemessene künstlerische Darstellung, wird im Rahmen des Transit-Art-Festivals geprüft und soll möglichst zeitnah umgesetzt werden“, teilte die Verwaltung mit.
Auf einer halben DIN-A4-Seite fasste die Verwaltung zudem zusammen, was in Rosenheim bereits alles getan wurde, um an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. So habe sich der Stadtrat erst im März für ein dezentrales personalisiertes und zentrales Gedenken ausgesprochen. Außerdem soll der Vorplatz und die postalische Anschrift der Mädchenrealschule in „Elisabeth-Block-Platz“ geändert werden. Die Stadtbibliothek positioniert sich laut Verwaltung seit Jahren mit einem „hochwertigen analogen und digitalen Bestand“ zu den Themen Holocaust, Antisemitismus und Erinnerungskultur. Die Rosenheimer Volkshochschule fördere durch ihr Kursangebot eine „zeitgeschichtlich und historisch kritische Auseinandersetzung mit Ideologien wie dem Nationalsozialismus“ und im Stadtarchiv stehen die Tagebücher der Elisabeth Block digital zur Verfügung.
AfD stimmt gegen den Vorschlag
Letztendlich sprachen sich die Mitglieder des Schul-, Kultur- und Sportausschusses mit 10:1 Stimmen für den Antrag aus – jedoch mit den von der Verwaltung vorgeschlagenen Modifizierungen. Dennoch regte Stadträtin Sonja Gintenreiter an, das Potenzial, das Elisabeth Block als Identifikationsfigur hat, noch stärker zu nutzen. „Alle Schüler kennen Anne Frank. Wir haben eine Rosenheimer Anne Frank“, sagte sie. „Warum muss es nur ein Gedenken zu einer Person geben? Nicht nur Elisabeth Block wurde deportiert“, widersprach Gabriele Leicht (SPD) und erhielt Zustimmung von Robert Multrus, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler /UP.