Verzweiflung in den Apotheken

von Redaktion

In Rosenheim gehen die Fieber- und Schmerzsäfte für Kinder aus

Rosenheim – Fieber- und Schmerzsäfte werden knapp. Auch in den Rosenheimer Apotheken. Und die Knappheit trifft die Kleinsten. Die Gründe dafür sind unter anderem Produktions- und Verteilungsschwierigkeiten der Hersteller, der gestiegene Bedarf sowie der Rückzug eines großen Herstellers vom Markt, so heißt es auf der Internetseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Lieferengpässe führen teilweise zu „dramatischen“ Szenen, wie eine Rosenheimer Apothekerin berichtet.

Verzweifelte Suche
im Landkreis

„In den Not- und Wochenenddiensten kann es schon mal kritisch werden“, sagt Verena Kreb, Apothekerin in der Alten Apotheke in Rosenheim. Wenn die Vorräte der eigenen Apotheke ausverkauft seien, müsse man die Kunden in eine andere weiterschicken, sagt die Apothekerin. Dies führe dazu, dass die verzweifelten Eltern der vor Schmerzen weinenden Kinder sonntags quer durch den Landkreis alle diensthabenden Apotheken abfahren, um noch einen Saft zu ergattern. „Die Leute kommen teilweise aus München zu uns, da es dort auch schon nichts mehr gibt“, sagt Annette Reindl, Inhaberin der Apotheke im Bahnhof Rosenheim.

Knapp sind vor allem die Wirkstoffe Paracetamol und Ibuprofen. „Bei den Kindersäften sieht es gerade mau aus. Die mit Paracetamol sind auch gar nicht mehr lieferbar, bei den Ibuprofensäften kommen immer mal wieder vereinzelt welche nach“, berichtet Kreb. Die gleichen Wirkstoffe in Tablettenform seien dagegen noch „reichlich auf Lager“, sagt hingegen Reindl. Seit März gebe es diese Lieferschwierigkeiten bereits, so die Apothekerinnen.

Zudem seien die Alternativen zu den Säften begrenzt. „Wir können nur bedingt auf andere Hersteller ausweichen, da es nur noch wenige gibt, die überhaupt Fiebersäfte herstellen“, sagt Kreb. Und von deren Liefermengen sei man abhängig. „Natürlich kann auch auf Zäpfchen zurückgegriffen werden“, sagt Reindl. Allerdings könnten diese demnächst auch knapp werden. Und auch die Dosierung und Einnahme sei nicht mit den Fiebersäften zu vergleichen. „Die Zäpfchen haben unterschiedliche Stärken. Das heißt, dass die Dosierung auf das Alter des Kindes abgestimmt werden muss. Das ist bei Säften nicht nötig und vereinfacht die Einnahme“, sagt Kreb. Außerdem komme es immer wieder vor, dass sich ältere Kinder gegen die Zäpfchen sträuben.

Im Gespräch ist auch, dass die Apotheken die Säfte selbst herstellen. „Wir machen das momentan noch nicht, da die Rohstoffe für die anderen Rezepturbestandteile auch Mangelware sind“, sagt Kreb.

Auch in der Apotheke im Bahnhof gibt es noch keine Eigenproduktion. „Wir bereiten uns zumindest schon mal darauf vor, dass wir damit starten könnten. Aber derzeit macht das noch keinen Sinn“, sagt Reindl. Das liege auch daran, dass selbst Verpackungsmaterialien wie Gefäße oder Verschlüsse kaum zu bekommen seien. Aus der Sicht beider Apothekerinnen sei die Herstellung erst dann sinnvoll, wenn sich die Situation verschlimmere.

Deutlich verschärfen könnte sich die Lage nochmals in Richtung Herbst und Winter, wenn die nächste Erkältungswelle heranrollt. „Wenn da kein Nachschub kommt, könnte es kritisch werden“, sagt Kreb. Für den Herbst habe aber immerhin ein Hersteller von Ibuprofensäften Nachschub angekündigt. Bei Paracetamol könnte es erst Anfang des nächsten Jahres so weit sein.

Sorge vor Herbst
und Winter

Im selben Zeitraum könnten auch Elektrolytlösungen, die beispielsweise Säuglingen oder Kindern bei Durchfall verabreicht werden, wieder lieferbar sein. Auch diese seien momentan vergriffen, so die Apothekerinnen. „Das Problem hierbei ist, dass es dafür gar keine Alternativen bei Kindern gibt“, sagt Reindl. Möglicher Grund für den Mangel: Das Wiederaufleben der Party- Szene nach Corona. Die Lösungen werden von vielen Influencern in den sozialen Medien als Heilmittel gegen einen Kater angepriesen.

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